Rückblende

1963: Lewin löst Galinski an der Spitze des Zentralrats ab

Herbert Lewin 1899–1982 Foto: dpa

Rückblende

1963: Lewin löst Galinski an der Spitze des Zentralrats ab

Unsere Serie über die Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945: Folge 18

von Michael Brenner  19.02.2013 12:47 Uhr

Als Herbert Lewin 1963 zum Vorsitzenden des Zentralrats gewählt wurde, war dies kein Medienereignis. Die Vertreter der Juden in Deutschland standen damals kaum im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Die 60er-Jahre waren eine Zeit, in der die deutsch-jüdische Gemeinschaft stille Politik abseits der veröffentlichten Meinung betrieb.

Wenn überhaupt, kannte man den Generalsekretär des Zentralrats, Hendrik George van Dam, und den Herausgeber der Allgemeinen Wochenzeitung der Juden in Deutschland, Karl Marx. Lewin, Chefarzt der gynäkologischen Abteilung des Offenbacher Krankenhauses und Professor an der Universität Frankfurt, war dagegen eher ein Mann der leisen Töne. Dies mag ihm zur Wahl als oberster Repräsentant der Juden in Deutschland verholfen haben.

zurückhaltung Lewin setzte sich nämlich gegen seinen Vorgänger, den Berliner Gemeindevorsitzenden Heinz Galinski, durch, von dem manche jüdische Repräsentanten wohl eine zu dominante Stellung wie auch eine zu stark mahnende Stimme befürchteten. Dabei wusste Lewin genausogut wie Galinski, was Antisemitismus bedeutete. Wie dieser hatte auch der 1899 in der damals preußischen Provinz Posen geborene Lewin mehrere Konzentrationslager überlebt.

Seine Frau wurde von den Nazis ermordet. 1949 wurde er Zielscheibe eines der ersten antisemitischen Skandale der Nachkriegsgeschichte, als der Offenbacher Oberbürgermeister seine Wahl zum Direktor der Städtischen Frauenklinik widerrief. Deutsche Frauen, so lautete das Argument von Lewins Gegnern, könnten sich nicht ohne Furcht den Rachegefühlen eines KZ-Überlebenden anvertrauen. Erst nach weltweiten Protesten erhielt Lewin ein Jahr später diesen Posten.

Von der Wahl Lewins erhofften sich die Delegierten ein leiseres Auftreten in der Öffentlichkeit, als Galinski dies gepflegt hatte. So versprach Lewin nach dem ersten Jahr im Amt der Ratsversammlung des Zentralrats 1964, Zurückhaltung üben zu wollen: »Aber am meisten ärgert mich die Tatsache, dass dauernd von uns Interviews verlangt werden, und dass wir sie auch tatsächlich geben. Ich habe mehrfach abgelehnt, und ich werde auch weiter ablehnen, über den Daumen gepeilte Interviews herauszubringen; denn jedes Interview, das für eine Zeitung, besonders für eine deutsche, nicht-jüdische Zeitung, gegeben wird, muss bei der Mischung von Unkenntnis, Fantasterei und Mangel an Einfühlungsvermögen der Journalisten zu einer regelrechten Gefahr für uns Juden werden.«

Lewin starb 1982 in Wiesbaden. In Köln und Berlin sind heute Plätze nach ihm benannt.

Berlin

Angriff auf Leiter deutsch-arabischer Schule in Neukölln

Al-Mashhadani gilt als Kritiker islamistischer Netzwerke und setzt sich für einen arabisch-israelischen Austausch ein

 15.11.2025

Debatte

»Hitler hatte eine unentdeckte genetische sexuelle Störung«

Eine neue britische Dokumentation über Adolf Hitler sorgt für Diskussionen: Kann die Analyse seiner DNA Aufschluss über die Persönlichkeit des Massenmörders geben?

 15.11.2025

Deutschland

Auschwitz-Komitee: Geplante Auktion ist schamlos 

Ein Neusser Auktionshaus will einen »Judenstern« und Briefe von KZ-Häftlingen und deren Angehörigen versteigern. Das internationale Auschwitz-Komitee reagiert

 15.11.2025

Debatte

Verbot durch US-Präsident Trump: Wie gefährlich ist die »Antifa-Ost« wirklich?

In einem ungewöhnlichen Schritt stuft die Trump-Regierung vier linksextreme Organisationen als Terrorgruppen ein - in Europa. Betroffen ist auch eine Gruppierung in Deutschland

von Luzia Geier  14.11.2025

Nahostkonflikt

Indonesien will 20.000 Soldaten für Gaza-Truppe bereitstellen

Der US-Plan für die Stabilisierung des Küstenstreifens sieht eine internationale Eingreiftruppe vor. Einige Staaten haben bereits Interesse bekundet

 14.11.2025

Terror

Mutmaßliches Hamas-Mitglied in U-Haft

Der Mann soll Waffen für Anschläge auf jüdische und israelische Ziele transportiert haben

 14.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Gastbeitrag

Kein Ende in Sicht

Der Antisemitismus ist in den vergangenen zwei Jahren eskaliert. Wer jetzt glaubt, dass es eine Rückkehr zum Status vor dem 7. Oktober 2023 gibt, macht es sich zu leicht. Denn auch vor dem »Schwarzen Schabbat« trat der Antisemitismus zunehmend gewaltvoller und offener zutage

von Katrin Göring-Eckardt, Marlene Schönberger, Omid Nouripour  13.11.2025

Israel

Altkanzlerin Merkel besucht Orte der Massaker

Angela Merkel besuchte den Ort des Nova-Festivals und den Kibbuz Nahal Oz

 13.11.2025