Rabbiner Pinchas Goldschmidt

Wir brauchen Sicherheit

Rabbiner Pinchas Goldschmidt Foto: Uwe Steinert

Rabbiner Pinchas Goldschmidt

Wir brauchen Sicherheit

Oft müssen Gemeinden selbst für ihren Schutz aufkommen. Dabei sind die Bedrohungen durch die Digitalisierung gewachsen

von Rabbiner Pinchas Goldschmidt  16.05.2019 10:42 Uhr

Die jüngsten abscheulichen Angriffe auf Betende und Gotteshäuser in Pittsburgh, Christchurch, auf Sri Lanka und zuletzt in San Diego haben es in erschütternder Weise gezeigt: Unsere Gotteshäuser, Rückzugsorte für einen Moment der Stille, des Innehaltens und des Friedens werden zunehmend zu einem bevorzugten Ziel von Terroristen, Fanatikern und religiösen Extremisten.

DÉJÀ-VU Für uns europäische Juden sind diese schrecklichen Bilder ein Déjà-vu-Erlebnis. Tödliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen gibt es hier seit Jahrzehnten, und wir müssen seit Langem mit der höchsten Sicherheitsstufe leben, umgeben von Polizisten, Soldaten und Sicherheitskräften, die für unseren Schutz sorgen. Dafür sind wir dankbar – und gleichzeitig traurig darüber, dass sie sich um unsere physische Sicherheit sorgen müssen.

In Helsinki wird die
Hälfte des Gemeindebudgets
für die Sicherheit ausgegeben.

Die Sicherheit von Gotteshäusern ist nun auf der politischen Agenda, und sie erfordert ein verstärktes Handeln der Politik, kein weiteres Reden, wenn ihr wirklich etwas an der Zukunft von Europas Juden liegt. Oftmals überlassen Regierungen es den jüdischen Gemeinden selbst, für den nötigen Schutz zu sorgen. Das führt zu enormen finanziellen Bürden, die wie in Zürich oder München bereits ein Viertel des Gemeindebudgets für Sicherheitsmaßnahmen, in Helsinki sogar die Hälfte, verschlingen.

SCHUTZ Doch es geht auch um den virtuellen Schutz von Juden, Muslimen, anderen Minderheiten, ja, der gesamten Gesellschaft. Der tägliche Hass, der sich im Internet entlädt, offenbart schonungslos, dass in unseren scheinbar offenen Gesellschaften etwas nicht in Ordnung ist.

Wann werden die Internetkonzerne endlich so in die Pflicht genommen, dass sie nicht mehr eine Plattform für Hass bieten? Die 5700 Mitarbeiter von Facebook, die zwei Milliarden Nutzer überwachen, sind jedenfalls ein schlechter Scherz. Hier erwarte ich genauso ein deutliches Handeln der Politik, um das Europa der Minderheiten und der Vielfalt nicht nur physisch, sondern auch digital angemessen zu schützen.

Der Autor ist Oberrabbiner von Moskau und Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz.

Meinung

Für das Leben entscheiden

Die Fortführung der Kampfhandlungen in Gaza gefährdet das Leben der Geiseln und den moralischen Fortbestand Israels. Es ist Zeit, diesen Krieg zu beenden

von Sabine Brandes  16.09.2025

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Meinung

Lasst uns nicht allein!

Nach dem Canceln von Lahav Shani durch das Flandern-Festival in Gent befürchtet Maria Ossowski, dass Juden Europa jetzt verlassen wollen

von Maria Ossowski  11.09.2025

Meinung

Gent: Boykottiert die Boykotteure!

Dass die Münchner Philharmoniker in Gent nicht auftreten dürfen, weil sie mit Lahav Shani einen israelischen Dirigenten haben, ist eine Schande - und erfordert eine deutliche Antwort deutscher Kulturschaffender

von Michael Thaidigsmann  10.09.2025

Meinung

Wenn Wutausbrüche Diplomatie ersetzen

So verständlich der Frust ist, tut sich Israels Regierung mit ihrer aggressiven Kritik an westlichen Regierungen und ihren Einreiseverboten für europäische Politiker keinen Gefallen

von Michael Thaidigsmann  08.09.2025

Meinung

Bitte mehr Sorgfalt, liebe Kollegen!

Weltweit haben Medien die Geschichte verbreitet: In Gaza sei ein hilfesuchendes Kind von Israelis erschossen worden. Es stimmt nur nicht, wie sich nun herausstellt. Von professionellen Journalisten darf man eigentlich mehr erwarten

von Susanne Stephan  08.09.2025

Essay

Das Gerücht über Israel

Die Geschichte des Antisemitismus ist eine Geschichte der Lüge. Was früher dem Juden als Individuum unterstellt wurde, wird nun Israel als Nation vorgeworfen

von Daniel Neumann  06.09.2025 Aktualisiert

Meinung

Einseitig, fehlerhaft, selbstgerecht

Die »International Association of Genocide Scholars« bezichtigt Israel des Völkermords. Die Hamas spricht sie von jeder Verantwortung für die Lage in Gaza frei. Eine Erwiderung

von Menachem Z. Rosensaft  05.09.2025

Meinung

Vuelta-Radrennen: Israelhasser ohne Sportsgeist

Bei der spanischen Radtour ist der israelische Rennstall Ziel von Störaktionen. Nun forderte der Rennleiter das Team auf, nicht mehr anzutreten. Wenigen Fanatiker gelingt es, Israel vom Sport auszuschließen - wie so oft in der Geschichte

von Martin Krauss  04.09.2025