Ayala Goldmann

»Wer einmal lügt ...«

Ayala Goldmann, Redakteurin Feuilleton Foto: Ayala Goldmann

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»Wer einmal lügt ...«

Warum Gil Ofarim der jüdischen Gemeinschaft mit seiner Story von der Davidstern-Kette schwer geschadet hat

von Ayala Goldmann  28.11.2023 17:19 Uhr

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Das hätte Gil Ofarim uns allen ersparen können. Als Jude sei er in einem Leipziger Hotel von einem Angestellten wegen seiner Davidstern-Kette diskriminiert worden, hatte der Musiker im  Oktober 2021 in einem Video behauptet, das er auf Instagram hochlud.

Zwei Jahre lang blieb Ofarim bei dem Vorwurf, der Hotelmitarbeiter hätte ihn nur einchecken lassen wollen, falls er – Ofarim – seinen angeblich sichtbaren Stern ablege. Er beharrte auf seiner Geschichte, nachdem die Staatsanwaltschaft Leipzig gegen ihn Anklage erhoben hatte, und er rückte auch nicht davon ab, als am 7. November 2023 der Prozess gegen ihn eröffnet wurde – wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung.

Überraschendes Geständnis: »Die Vorwürfe treffen zu«

Nun also, nach mehreren Prozesstagen, sein überraschendes Geständnis: »Die Vorwürfe treffen zu.« Eine Erleichterung für den zu Unrecht beschuldigten Angestellten des Hotels, aber eine riesige Enttäuschung für viele aus der jüdischen Gemeinschaft– auch für den Zentralrat der Juden. Der  jüdische Dachverband hatte sich zunächst mit Ofarim solidarisch gezeigt, obwohl der Musiker seine schwerwiegende Behauptung nicht beweisen konnte.

Infolge des »Antisemitismus-Vorfalls« hatten im Oktober 2021 Hunderte von Menschen vor dem Westin-Hotel in Leipzig protestiert. Auch sie mochten sich nicht vorstellen, dass Gil Ofarim lügt. Fast jeder Jude und jede Jüdin in Deutschland hat Antisemitismus in der einen oder anderen Form schon selbst erlebt. Warum sollte jemand fälschlicherweise behaupten, wegen eines Davidsterns diskriminiert zu werden?

Die Frage nach seinem Motiv kann nur Ofarim selbst beantworten.  Fest steht aber, dass er der jüdischen Community schwer geschadet hat. Wer in Zukunft behaupten will, Juden seien »überempfindlich« oder wollten einen Antisemitismusvorwurf instrumentalisieren, wird mit Wonne auf Gil Ofarim verweisen.

Zu dessen Entschuldigung kann nur eines gesagt werden: Auch der Musiker hätte sich wohl kaum vorstellen können, dass der Davidstern nach dem Hamas-Massaker des 7. Oktober 2023 in Israel zu einem Menetekel des Judenhasses in Deutschland werden würde. Denn Davidsterne – mindestens einer von ihnen vier Mal fünf Meter groß – mit antisemitischen Parolen wurden in den vergangenen Wochen auf Berliner Straßen und an Privathäuser geschmiert. Eine unverhohlene Drohung gegen Jüdinnen und Juden in Deutschland, die nicht erfunden ist, sondern ein echter Skandal.

Betroffenen von Antisemitismus grundsätzlich Glauben zu schenken, ist nötig und wichtig

Der Fall Ofarim enthält aber auch noch eine andere Botschaft. Dass wir Betroffenen von Antisemitismus grundsätzlich Glauben schenken, ist nötig und wichtig. Doch es gibt immer wieder Geschichten – und dazu gehört diejenige von Gil Ofarim – die widersprüchlich wirken können. Von Anfang an konnte der Musiker seine Beschuldigung nur behaupten, nicht aber belegen.

Alle Journalisten – auch die Jüdische Allgemeine - sind verpflichtet, in derartigen Fällen vorsichtig zu sein, und wir vielleicht besonders dann, wenn es sich um »einen von uns« handelt, der vermeintlich angegriffen wurde.  »Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht  – und wenn er auch die Wahrheit spricht«, heißt es in einem Sprichwort. Dies gilt nun leider für Gil Ofarim. Es darf aber nicht dazu führen, dass die Glaubwürdigkeit einer ganzen Gemeinschaft auf dem Spiel stehen könnte.

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