Menachem Z. Rosensaft

Problematisches Urteil für Israel

Menachem Z. Rosensaft Foto: picture alliance / dpa

Menachem Z. Rosensaft

Problematisches Urteil für Israel

Selbst wenn der Vorwurf des Völkermordes nicht haltbar sein dürfte – für eine Verurteilung wegen Aufstachelung zum Völkermord gilt eine geringere Beweislast

von Menachem Z. Rosensaft  01.02.2024 09:20 Uhr

Dass der Internationale Gerichtshof (IGH) in dem von Südafrika angestrengten Verfahren einstweilige Anordnungen gegen Israel verhängen würde, war abzusehen. Die 17 Richter – darunter auch der von Israel nominierte ehemalige Präsident des Obersten Gerichts, Aharon Barak – haben jedoch kein Ende der Militäroperation im Gazastreifen angeordnet, was Israel als Erfolg verbuchen darf. Doch auch Südafrika kann zufrieden sein.

Der für Israel problematischste Teil ist die Anordnung des IGH, »alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen zu ergreifen, um die direkte und öffentliche Aufstachelung zum Völkermord an Mitgliedern der palästinensischen Gruppe im Gazastreifen zu verhindern und zu bestrafen«.

Mehrheit der Richterkollegen

Selbst wenn der Vorwurf des Völkermordes gegen Israel völkerrechtlich nicht haltbar sein und Israel hiervon freigesprochen werden dürfte, sollte man nicht vergessen, dass für eine Verurteilung wegen Aufstachelung zum Völkermord eine geringere Beweislast gilt. Und es ist vielsagend, dass Barak in diesem Punkt mit der großen Mehrheit seiner Richterkollegen stimmte.

Die Anwälte Südafrikas haben in Den Haag die aufrührerischen Äußerungen einiger Minister und Knesset-Abgeordneter, die sogar den Abwurf einer Atombombe auf Gaza ins Spiel gebracht hatten, wirkungsvoll für sich genutzt. Statements, wonach es keine »unbeteiligten Zivilisten« in Gaza gebe, die Bezeichnung der Palästinenser als »Kinder der Finsternis« oder auch Aufrufe, den Gazastreifen dem Erdboden gleichzumachen, sind nicht nur verabscheuungswürdig. Sie untergraben auch die israelische Verteidigungsstrategie in Den Haag.

Dass am Wochenende elf Kabinettsminister und 15 Parlamentarier der Regierungskoalition an einer Konferenz teilnahmen, bei der in Reden, die an »Blut und Boden«-Ideologie erinnern, eine Wiederbesiedelung des Gazastreifens gefordert wurde, hat den Südafrikanern nur weitere Munition gegen Israel geliefert.

Der Autor ist Juraprofessor und ehemaliger Justiziar des World Jewish Congress.

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  05.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Wenn deutsche Linke jüdische Selbstbestimmung ablehnen

In einer Resolution delegitimiert die Linksjugend Israel als koloniales, rassistisches Projekt. Dabei ist der Staat der Juden nicht zuletzt eine Konsequenz aus den Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus

von Frederik Schindler  04.11.2025

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  02.11.2025

Kommentar

Politisches Versagen: Der Israelhasser Benjamin Idriz soll den Thomas-Dehler-Preis erhalten

Wer, wie der Imam, den 7. Oktober für seine Diffamierung des jüdischen Staates und der jüdischen Gemeinschaft instrumentalisiert, ist eines Preises unwürdig

von Saba Farzan  28.10.2025

Meinung

Antisemitismus der Anständigen

Judenhass in der Schweiz ist brandgefährlich, weil er so höflich und diskret daherkommt

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.10.2025

Meinung

Die SP im moralischen Blindflug

Mit zwei widersprüchlichen Resolutionen beweist die Sozialdemokratische Partei der Schweiz einmal mehr ihre ethische Orientierungslosigkeit

von Nicole Dreyfus  27.10.2025

Meinung

Warum die UNRWA seit 77 Jahren den Frieden in Nahost blockiert

Das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser verursacht erhebliche Probleme. Daher gibt es nur einen Weg

von Jusek Adlersztejn  27.10.2025

Meinung

Die Kälte der »Sozialreform«

Für die Haushaltslücken lässt die Bundesregierung wieder einmal die Schwächsten der Gesellschaft büßen. Jüdische Rentnerinnen und Rentner werden besonders hart getroffen

von Günter Jek  26.10.2025

Meinung

Liebe Juden, bleibt bitte zu Hause!

Immer mehr jüdische Veranstaltungen werden abgesagt – angeblich zum Schutz von Jüdinnen und Juden. So wird aus einer Einladung zur Kultur ein stiller Abgesang auf Teilhabe

von Louis Lewitan  23.10.2025