Lidia Averbukh

Pompeo in Israel: Weit entfernt von der EU

Lidia Averbukh Foto: PR

Lidia Averbukh

Pompeo in Israel: Weit entfernt von der EU

Die Ankündigungen des US-Außenministers bei seinem letzten Besuch in Israel zeigen den ideologischen Graben zwischen den USA und der EU auf

von Lidia Averbukh  26.11.2020 11:42 Uhr

Bei seinem letzten Besuch in Israel vergangene Woche führte US-Außenminister Mike Pompeo noch einmal vor, wie weit sich die Israelpolitik der Trump-Administration von den europäischen und deutschen Standpunkten entfernt hat. Er verkündete zwei Botschaften.

Erstens sollen seitens der USA die Produktkennzeichnungen von israelischem Kernland und israelischen Siedlungen im Westjordanland vereinheitlicht werden. Dass der völkerrechtliche Unterschied für ihn nicht gelte, demonstrierte der Außenminister dadurch, dass er als erster hochrangiger amerikanischer Politiker sowohl Ostjerusalem als auch die Golanhöhen und ein Weingut in einer israelischen Siedlung außerhalb der »Grünen Linie« besuchte.

WEINGUT Symbolträchtig ist die Wahl der letzten Station auch deshalb, weil das Weingut Psagot 2019 vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Kennzeichnung seiner Weinflaschen als West-Bank-Produkte geklagt und verloren hatte. Pompeos Ankündigung sowie sein Auftritt, bei dem ein nach ihm benannter Wein verkostet wurde, zeigt den ideologischen Graben zwischen den USA und der EU auf.

Für die EU mag diese Aussage umso ärgerlicher erscheinen, da doch mehrere Mitgliedstaaten, allen voran Deutschland, sich den Kampf gegen BDS auf die Fahnen geschrieben haben.

Die zweite Ankündigung lautete, dass die BDS-Bewegung sowie »Praktiken, die sie begünstigen«, endgültig für antisemitisch erklärt werden sollen. Zu boykottähnlichen Praktiken zählt für ihn auch die »diskriminierende Kenntlichmachung von Firmen, die in den von Israel kontrollierten Gebieten operieren«. Damit wäre auch die europäische Differenzierungspolitik, die im europäischen Verbraucherrecht begründet liegt, als eine solche Praktik anzusehen.

boykotteur Nicht nur bezeichnet Pompeo damit die Richtlinien der EU indirekt als antisemitisch. Für die EU mag diese Aussage umso ärgerlicher erscheinen, da doch mehrere Mitgliedstaaten, allen voran Deutschland, sich den Kampf gegen BDS auf die Fahnen geschrieben haben. Dass man jetzt selbst als Boykotteur dargestellt wird, hat man nicht erwartet.

Nun wird die Halbwertszeit dieser Ankündigungen wahrscheinlich nicht lange über das neue Jahr hinausreichen. Doch lässt sich mutmaßen, dass sich Pompeo, der sich als potenzieller Kandidat für die Präsidentschaft 2024 ins Rennen bringen will, mit dieser Reise der Wählergunst evangelikaler Gruppen in den USA versichern möchte. Schade nur, dass der Nahostkonflikt wieder einmal als Spielwiese für politische Ambitionen herhalten muss.

Die Autorin ist Politikwissenschaftlerin am Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit in Berlin.

Kommentar

Der »Tages-Anzeiger« und das Geraune von der Lobby

Die Zeitung unterstellt, erst eine Intervention des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes habe zur Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese durch die Uni Bern geführt. Dabei war die Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Meinung

Lasst uns nicht allein!

Nach dem Canceln von Lahav Shani durch das Flandern-Festival in Gent befürchtet Maria Ossowski, dass Juden Europa jetzt verlassen wollen

von Maria Ossowski  11.09.2025

Meinung

Gent: Boykottiert die Boykotteure!

Dass die Münchner Philharmoniker in Gent nicht auftreten dürfen, weil sie mit Lahav Shani einen israelischen Dirigenten haben, ist eine Schande - und erfordert eine deutliche Antwort deutscher Kulturschaffender

von Michael Thaidigsmann  10.09.2025

Meinung

Wenn Wutausbrüche Diplomatie ersetzen

So verständlich der Frust ist, tut sich Israels Regierung mit ihrer aggressiven Kritik an westlichen Regierungen und ihren Einreiseverboten für europäische Politiker keinen Gefallen

von Michael Thaidigsmann  08.09.2025

Meinung

Bitte mehr Sorgfalt, liebe Kollegen!

Weltweit haben Medien die Geschichte verbreitet: In Gaza sei ein hilfesuchendes Kind von Israelis erschossen worden. Es stimmt nur nicht, wie sich nun herausstellt. Von professionellen Journalisten darf man eigentlich mehr erwarten

von Susanne Stephan  08.09.2025

Essay

Das Gerücht über Israel

Die Geschichte des Antisemitismus ist eine Geschichte der Lüge. Was früher dem Juden als Individuum unterstellt wurde, wird nun Israel als Nation vorgeworfen

von Daniel Neumann  06.09.2025 Aktualisiert

Meinung

Einseitig, fehlerhaft, selbstgerecht

Die »International Association of Genocide Scholars« bezichtigt Israel des Völkermords. Die Hamas spricht sie von jeder Verantwortung für die Lage in Gaza frei. Eine Erwiderung

von Menachem Z. Rosensaft  05.09.2025

Meinung

Vuelta-Radrennen: Israelhasser ohne Sportsgeist

Bei der spanischen Radtour ist der israelische Rennstall Ziel von Störaktionen. Nun forderte der Rennleiter das Team auf, nicht mehr anzutreten. Wenigen Fanatiker gelingt es, Israel vom Sport auszuschließen - wie so oft in der Geschichte

von Martin Krauss  04.09.2025

Kommentar

Gaza: Das falsche Spiel der Vereinten Nationen

Die UN ist kein neutraler Akteur im Gazakrieg. Ihre Vertreter scheuen sich nicht, irreführende Zahlen in Umlauf zu bringen und die Hamas als legitime politische Kraft zu präsentieren

von Jacques Abramowicz  03.09.2025