Mike Delberg

Olympiapark Berlin: Ort der Vielfalt

Mike Delberg

Olympiapark Berlin: Ort der Vielfalt

Der Einzug des einzigen jüdischen Sportverbands in Deutschland in die Nazi-Bauten des Geländes ist ein Zeichen des Sieges

von Mike Delberg  20.05.2020 11:10 Uhr

»Niemals vergessen«, »Nie wieder« – zwei Ausrufe, die besonders in der Zeit von Holocaust-Gedenktagen mahnend gesprochen werden. Zwei Forderungen, die untrennbar miteinander verbunden sind. Nur wer nicht vergisst, kann die Wiederholung der Verbrechen der Vergangenheit verhindern.

Kürzlich forderte der ehemalige Berliner Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) eine Entnazifizierung des Berliner Olympiageländes. »Die Skulpturen, Wandgemälde, Reliefs müssen weg«, sagte Strieder.

PROPAGANDA Mit Unterstützung des Denkmalschutzes werde hier »die Propaganda der Nazis fortgesetzt, und keiner der Nutzer des Geländes erhebt sich dagegen«. Ein im Grunde ehrenhafter Gedanke.

Das Olympiagelände in Berlin ist ein beliebtes Zentrum für Sport und Kultur. Hunderttausende Menschen strömten vor Corona jedes Jahr dorthin, um das Freibad zu besuchen, Hertha spielen zu sehen oder ein Konzert auf dem Maifeld zu genießen. Und sie liefen alle an ihnen vorbei: an den Reichsadlern, der Führertribüne, den monumentalen Bauten der Nazizeit.

Ohne die Nazi-Bauten würde das Gelände zu einem Ort der Leugnung werden, zu einer Gedenkstätte ohne Erinnerungen.

Doch was wäre, wenn sie weg wären? Wäre das Olympiagelände ein besserer, ein friedlicherer, ein offenerer Ort?

Nein. Es würde zu einem Ort der Leugnung werden. Zu einer Gedenkstätte ohne Erinnerungen. Als bei den Olympischen Spielen 1936 die Welt zu Gast in Deutschland war, hat ebendiese Welt versagt. Alle haben weggeschaut, alle haben mitgemacht, alle haben die Diskriminierung und Ausgrenzung von Juden schweigend akzeptiert. Daher ist das Olympiagelände keine gewöhnliche Sportstätte – es ist auch ein Mahnmal. Eine Erinnerung daran, wie der Sport sich missbrauchen ließ.

MAKKABI Deshalb war es auch ein solch unbeschreibliches Gefühl, als 2015 die Welt erneut zu Gast in Deutschland war – bei den European Maccabi Games. Juden aus ganz Europa, Israel und Amerika standen und spielten an derselben Stelle, wo einst die Nazi-Propaganda ihren unrühmlichen Höhepunkt fand.

Heute, fünf Jahre später, ist Makkabi dort kein Gast mehr. Wir sind hier zu Hause. Der Einzug des einzigen jüdischen Sportverbands in Deutschland in die Nazi-Bauten des Olympiaparks ist ein Zeichen des Sieges.

Gemeinsam mit unseren Nachbarn geben wir diesem einst so schrecklichen Ort eine neue Bedeutung.

Wir sind noch da! Wir sind wieder da! Die Nazis sind hier weg! Gemeinsam mit unseren Nachbarn, Sportverbänden aus der gesamten Bandbreite des Sports, geben wir diesem einst so schrecklichen Ort eine neue Bedeutung.

Er ist ein Ort der Vielfalt, der Offenheit und der Freundschaft geworden. Und die Erinnerung an das Vergangene lässt uns dabei niemals vergessen, dass wir diese Werte verteidigen müssen.

Der Autor ist Vorstand für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Makkabi Deutschland.

Meinung

Die Ukrainer brauchen unsere Hilfe

Die Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten in Deutschland nimmt ab. Aus einer jüdischen Perspektive bleibt es jedoch wichtig, auch weiterhin nicht von ihrer Seite abzuweichen

von Rabbinerin Rebecca Blady  16.11.2025

Meinung

Israel: Keine Demokratie ohne Pressefreiheit

Den Armeesender abschalten? Warum auch jüdische Journalisten in der Diaspora gegen den Plan von Verteidigungsminister Katz protestieren sollten

von Ayala Goldmann  14.11.2025

Meinung

Jason Stanley und der eigentliche Skandal

Ohne mit allen Beteiligten gesprochen zu haben und ohne zu wissen, was wirklich passiert ist, schrieb die deutsche Presse das Ende des jüdisch-liberalen Diskurses herbei. Dabei offenbart sich, wie leichtfüßig Stereotype gefüttert werden

von Daniel Neumann  14.11.2025

Gastbeitrag

Kein Ende in Sicht

Der Antisemitismus ist in den vergangenen zwei Jahren eskaliert. Wer jetzt glaubt, dass es eine Rückkehr zum Status vor dem 7. Oktober 2023 gibt, macht es sich zu leicht. Denn auch vor dem »Schwarzen Schabbat« trat der Antisemitismus zunehmend gewaltvoller und offener zutage

von Katrin Göring-Eckardt, Marlene Schönberger, Omid Nouripour  13.11.2025

Sabine Brandes

Wie Donald Trump Israels Demokratie angreift

Der US-Präsident hat angekündigt, in den Korruptionsprozess gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eingreifen zu wollen. Damit geht der Amerikaner eindeutig zu weit

von Sabine Brandes  12.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Wahlen in Ostdeutschland: Es gibt keine Zeit zu verlieren

In Mecklenburg-Vorpommer und Sachsen-Anhalt wird im September gewählt. Es steht viel auf dem Spiel: Eine AfD-Regierung könnte großen Schaden anrichten. Leidtragende wären nicht zuletzt die jüdischen Gemeinden

von Joshua Schultheis  10.11.2025

Meinung

Wieder ein Blankoscheck für Palästina?

Europa will Gazas Wiederaufbau finanziell fördern. Glaubt man in Brüssel wirklich, Millionen an Hilfsgeldern würden etwas zum Besseren verändern, fragt unser Autor

von Jacques Abramowicz  10.11.2025 Aktualisiert

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025