Leonard Kaminski

Nach der Israel-Wahl: Kritik ja, Hass nein

Leonard Kaminski Foto: Nancy Ebert

Leonard Kaminski

Nach der Israel-Wahl: Kritik ja, Hass nein

Auch an israelischen Rechtsextremen lässt sich nichts schönreden. Sie dürfen aber nie ein Grund für antisemitisch aufgeladenen Israelhass sein

von Leonard Kaminski  10.11.2022 09:00 Uhr

In der israelischen Politik hat sich etwas zum Schlechten verändert: Die drittstärkste Kraft in der Knesset nach der Wahl am 1. November ist ein Parteienbündnis, dessen Anführer Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich rassistische und LGBTQI-hassende Demokratiefeinde sind. In ihrem Idealbild der israelischen Gesellschaft sind freiheitliche Werte nichts wert.

Sie wollen das Westjordanland annektieren, ohne den dort lebenden Millionen Palästinensern gleiche Rechte zu geben. Setzen sie sich durch, wäre das seit seiner Gründung als demokratisch und jüdisch bestehende Israel Geschichte. Ben-Gvirs und Smotrichs wahrscheinliche Ernennung zu Ministern in der neuen Regierung ist ein Armutszeugnis für Israels Politik, das nicht schöngeredet werden kann. Harte Kritik daran ist berechtigt.

vernichtungswünsche Was sich verbietet, ist die vermeintliche »Israelkritik« der Hassenden, die auf der anderen Seite des Zauns sind. Sie stehen schon längst in den Startlöchern, um den Erfolg der israelischen Rechtsextremen zur Bestätigung ihres seit Jahrzehnten gleichen Hasses und ihrer Vernichtungswünsche zu nutzen. Israel habe als jüdischer Staat kein Recht zu existieren. Israel sei und war schon immer strukturell menschenverachtend, rassistisch und grundsätzlich böse.

Ben-Gvirs und Smotrichs wahrscheinliche Ernennung zu Ministern in der neuen Regierung ist ein Armutszeugnis für Israels Politik.

Nichts an diesem Hass ist neu. Genauso wenig neu ist, dass er sich auf diese Art nur gegen den jüdischen Staat richtet. Brasilien wurde vier Jahre lang von einem rechtsextremen Präsidenten regiert – das Ende Brasiliens habe ich niemanden fordern hören. Italiens neue Regierung wird von Faschisten übelster Sorte dominiert – dass Italien als das absolute Böse in der Welt dargestellt wird, habe ich nicht vernommen.

Der Autokrat Orbán hat Ungarn in einem Jahrzehnt von einer Demokratie zu einem Obrigkeitsstaat gemacht – dass die Existenz Ungarns rassistisch sei, ist mir noch nicht zu Ohren gekommen. An israelischen Rechtsextremen lässt sich genauso wenig schönreden wie an Rechtsextremen in anderen Ländern. Sie dürfen aber nie ein Grund für antisemitisch aufgeladenen Israelhass sein. Der hat nie einen wirklichen Grund – außer Hass auf Israel.

Der Autor ist Politikberater in Berlin.

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025