Oleg Shevchenko

Mit Nazis spricht man nicht

Oleg Shevchenko Foto: Christian Lemke

Oleg Shevchenko

Mit Nazis spricht man nicht

Ausgerechnet am Jahrestag der Befreiung der KZs Buchenwald und Mittelbau-Dora soll Björn Höcke die ganz große Bühne für sein brandgefährliches Weltbild bekommen

von Oleg Shevchenko  14.03.2024 09:46 Uhr

Am 11. April, dem Jahrestag der Befreiung der KZs Buchenwald und Mittelbau-Dora, will der Axel-Springer-Verlag einem Faschisten eine Bühne bieten: Björn Höcke. Der Thüringer AfD-Chef bezeichnete das Gedenken an die Schoa als »dämliche Bewältigungspolitik« und forderte eine 180-Grad-Wende bei der Erinnerungspolitik.

Nun soll er beim TV-Sender »Welt« in einem »Duell« gegen Mario Voigt antreten, den CDU-Spitzenkandidaten für die Thüringer Landtagswahl. Auf die scharfe Kritik des Internationalen Auschwitz Komitees erwidert der Verlag – der sich selbst dem Schutz des jüdischen Volkes verschrieben hat –, das Format sei ein »Boxring für die Demokratie«.

Die AfD steht schon längst auf der Bühne der medialen Aufmerksamkeit.

Auch Mario Voigt ist begeistert von der Idee. Schließlich sieht er darin die Chance für sich, die AfD zu entlarven und Wähler zurückzugewinnen. Der Springer-Verlag und Voigt behaupten, dass die Strategie des »Totschweigens« gegenüber der AfD nicht funktioniere. Folglich sei es logisch, jetzt so ein Format ins Leben zu rufen. Dabei steht die AfD schon längst auf der Bühne der medialen Aufmerksamkeit. Sie nutzt sie für ihren Populismus, selbst dann, wenn sie mit Sachargumenten konfrontiert wird. Genauso wie sie die Parlamente missbraucht, um demokratische Abläufe mit ihren Spielchen zu untergraben.

Man könnte meinen, die Thüringer – vor allem aber die thüringische CDU – seien schlauer geworden, seit der FDP-Politiker Thomas Kemmerich für kurze Zeit mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Stattdessen stimmt die Partei gemeinsam mit der AfD-Fraktion für Gesetzesvorhaben und schafft damit eine schwarz-blau-gelbe Mehrheit im Parlament.

Und die blinde Gier nach medialer Aufmerksamkeit bringt Voigt dazu, an so einem Format teilzunehmen, statt sich mit anderen Demokraten auf der Bühne zu streiten. Höcke wird diese Bühne für sich nutzen. Er wird genau mit diesem Datum spielen. Aber nicht nur Voigt und die CDU werden am 11. April verlieren, sondern alle Demokraten. Ausgetragen wird dieses »Duell« auf dem Rücken derer, die die AfD seit Jahren zu bekämpfen versuchen. Auch auf unserem.

Der Autor ist Schatzmeister der SPD Thüringen.

Reaktionen

Massive Kritik an Urteil über Charlotte Knoblochs Ex-Leibwächter

Der Mann bewachte die Präsidentin der IKG München, obwohl er sich privat judenfeindlich und rassistisch äußerte. Für das Verwaltungsgericht nicht genug, um ihn aus dem Polizeidienst zu entlassen

 02.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025

Meinung

Die Erforschung von Antisemitismus braucht Haltung und Strukturen

Damit die universitäre Wissenschaft effektiv zur Bekämpfung von Judenhass beitragen kann, muss sie zum einen schonungslos selbstkritisch sein und zum anderen nachhaltiger finanziert werden

von Lennard Schmidt, Marc Seul, Salome Richter  02.07.2025

Kommentar

Alle haben Frieden verdient

Aber es braucht die richtigen Partner dazu

von Nicole Dreyfus  02.07.2025

Meinung

Kontrollverlust im Westjordanland

Immer wieder ziehen radikale Siedler marodierend durch palästinensische Ortschaften. Nun machen sie nicht einmal mehr vor Soldaten der eigenen Armee Halt

von Ralf Balke  01.07.2025

Meinung

»Ha’aretz«: Stimmungsmache gegen Israel

In den vergangenen Jahren hat die israelische Zeitung mehrfach Falschbehauptungen oder verzerrte Darstellungen in Umlauf gebracht hat - mit weitreichenden Folgen

von Jacques Abramowicz  30.06.2025

Meinung

Wir müssen auch im Krieg Widersprüche aushalten

Man kann die Angriffe auf Irans Atomprogramm richtig finden, ohne Israels Premier Netanjahu als Helden zu feiern oder das Leid der iranischen und palästinensischen Zivilbevölkerung zu übersehen

 27.06.2025

Meinung

Wenn Nächstenliebe zynisch wird

In einer Erklärung überzieht der Weltkirchenrat Israel mit Vorwürfen, erwähnt die Hamas aber mit keinem Wort. Eine Einseitigkeit, die zum Himmel schreit

von Tobias Kühn  26.06.2025

Meinung

Der Richtige zur richtigen Zeit

Die Geschichtsschreibung wird in 20 Jahren womöglich feststellen, dass Israels Premier Netanjahu das jüdische Volk vor einer erneuten Vernichtung gerade noch rechtzeitig bewahrt hat

von Helmut Kuhn  25.06.2025