Meinung

Lieber Kaya Yanar ...

Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

Nun also auch Sie. Sie haben die Seite gewechselt. Das dürfen Sie. Sie setzen sich in einem 20-minütigen Video, oder sagen wir besser in einem Plädoyer, für die palästinensische Bevölkerung ein, decken vermeintliche »Desinformation« auf, weisen auf potenzielle Fake News hin und gehen mit Israel hart ins Gericht. Und dies alles in Ihrer Kultrolle als »Yildirim«.

Sie haben sich die Mühe gemacht, sämtliche Statements der israelischen Armee und Ausschnitte verschiedenster TV-Beiträge zu analysieren und zu kommentieren. Alles legitim. Aber warum in der Rolle einer Kultfigur?

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Satire darf das, höre ich Sie sagen. Gewiss. Wir wollen Sie nicht canceln. Es geht auch gar nicht darum zu urteilen, wie viel Satire adäquat ist oder was ihre Funktion ist. Aber Sie gehen antisemitischen Klischees auf den Leim, und Ihre Fangemeinde nimmt es mit Handkuss auf. Und das ist verstörend. Vor allem von einem Kunstschaffenden, von dem angenommen werden kann, dass er gut informiert ist.

Sie fühlen sich offenbar der Wahrheit verpflichtet. Das haben Sie am Ende des Videos bewiesen, wo Sie als Kaya Yanar einen Waffenstillstand in Gaza fordern. Warum vermischen Sie die Ebenen? Warum dieser Spagat zwischen Comedy und Ernsthaftigkeit? Finden Sie nicht, dass es deplatziert wirkt, einer Kultfigur Sätze in den Mund zu legen, die urteilen, was Israel alles falsch macht, und die pauschal das palästinensische Volk als Opfer darstellt?

Ohrenbetäubend still war es um Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen aus dem Comedy-Business.

In einem gebe ich Ihnen recht: Der Krieg fordert zu viele Tote. Aber wenn Sie nun für Gerechtigkeit einstehen, warum haben Sie – wie die meisten Kunstschaffenden – unmittelbar nach dem 7. Oktober geschwiegen? Wieso haben Sie nicht schon damals den Hut gewechselt und der Hamas ins Gewissen geredet? Kein Mucks war zu vernehmen. Ohrenbetäubend still war es um Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen aus dem Comedy-Business. Das wirkt verletzend – vor allem für die jüdische Bevölkerung in diesem Land, die seit dem 7. Oktober mit der messerscharfen Klinge des Hasses und des Antisemitismus umzugehen hat.

Wenn ich einen Beitrag über Israel schreibe, erhalte ich unzählige antisemitische Kommentare. Das ist meine Realität als Journalistin. Wenn Sie ein Video in dieser Art publizieren, erhalten Sie Beifall. Die Leute sind zu Tränen gerührt, weil sie finden, da ist »endlich jemand, der sich traut, die Wahrheit auszusprechen«. Aber haben Sie auch nur eine Sekunde an die jüdische Bevölkerung gedacht? Was Sie mit Ihren Statements anrichten? Dass alles, was Sie sagen, eine Reichweite hat und auf antisemitischem Nährboden landet? Gerade in einem Land, wo der Antisemitismus wieder aufflammt.

Ja, wir sind enttäuscht von Ihnen. Schon fast jahrzehntelang haben wir mit Ihnen gelacht. Wir haben uns zu Ihrer Fangemeinde gezählt, sind sozusagen mit Ihnen aufgewachsen. Und nun geben Sie uns zu verstehen, dass wir eigentlich gar nicht zu Ihrer Fangemeinde gehören dürfen. Sie haben mit Ihrem Video ein Tabu gebrochen. War es das wert?

Anmerkung der Redaktion: Das Management von Kaya Yanar weist darauf hin, dass sich der Künstler nach den Hamas-Attacken vom 7. Oktober in Stories auf Instagram (die nach 24 Stunden nicht mehr sichtbar sind) zum Thema geäußert hatte.

dreyfus@juedische-allgemeine.de

Archäologie

Vorform der Landwirtschaft: Steinsicheln für die Getreideernte

Funde aus einer Höhle in Zentralasien stellen Annahmen zur Entstehung der Landwirtschaft infrage. Offenbar liegen deren Ursprünge nicht nur in der Region Vorderasien, die auch das heutige Israel umfasst

von Walter Willems  26.08.2025

Digital

Initiative von Heidelberger Hochschule: Neuer Podcast zum Judentum

»Jüdische Studien Heute« als Podcast: Das neue Angebot der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg will alle zwei Wochen Forschungsthemen aufgreifen und Einblicke in die jüdische Lebenswelt bieten

von Norbert Demuth  26.08.2025

Cerro Pachón

Vera Rubin Observatory startet wissenschaftliche Mission  

Die nach einer jüdischen Wissenschaftlerin benannte Sternwarte auf einem Berg in Chile läutet eine neue Ära der Astronomie ein

von Imanuel Marcus  26.08.2025

Zahl der Woche

1902

Fun Facts und Wissenswertes

 26.08.2025

TV-Tipp

»Barbie« als TV-Premiere bei RTL: Komödie um die legendäre Puppe

Im ersten Realfilm der 1959 von Ruth Handler erfundenen Puppe ist Barbieland eine vor Künstlichkeit nur so strotzende Fantasie

von Michael Kienzl  26.08.2025

Nominierungen

Grimme Online Award: Nahost-Konflikt und deutsche Geschichte im Fokus

In den vier Kategorien kann die Jury des Grimme Online Awards aus den 25 Nominierten bis zu acht Preisträger auswählen

 26.08.2025

Berlin

Götz Aly: Kaum Parallelen zwischen 1933 und heute

Wie konnten die Deutschen den Nazis verfallen und beispiellose Verbrechen begehen? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Historiker in seinem neuen Buch. Erkennt er Parallelen zu heute?

von Christoph Driessen  26.08.2025

Oberammergau

»Judenfreund«: Regisseur Stückl beklagt Anfeindungen

Christian Stückl leitet die berühmten Passionsspiele in Oberbayern. Lange wurde er dafür gewürdigt, das Werk von judenfeindlichen Passagen befreit zu haben. Nun dreht sich der Wind

 25.08.2025

Kritik

Ukraine verurteilt Auftritt Woody Allens bei Moskauer Filmwoche

US-Filmregisseur Woody Allen lässt sich per Video beim Moskauer Filmfestival zuschalten. In der von Russland angegriffenen Ukraine sieht man den Auftritt alles andere als gern - und reagiert prompt

 25.08.2025