Kommentar

Kein Wunder in Bern

Nicole Dreyfus Foto: Claudia Reinert

Kommentar

Kein Wunder in Bern

Bei gewaltbereiten Demonstrationen in der Schweizer Bundeshauptstadt hat sich ein Teil der Palästina-Solidarität wenig überraschend selbst entlarvt: Es ging nie darum, das Leid im Gazastreifen zu beenden oder einen angeblichen Genozid zu stoppen

 12.10.2025 18:19 Uhr

Am Samstag kam es in der Schweizer Bundeshauptstadt zu einer Palästina-Demonstration, zu der pro-palästinensische Gruppierungen aufgerufen hatten. Den Aufruf unterstützt haben auch die Freunde der Gaza-Flottille sowie die Jungpartei der Sozialistischen Partei. Obwohl die Behörden in Bern die Organisatoren eindrücklich darum gebeten hatten, Kontakt aufzunehmen, haben sich die Teilnehmer für eine illegale Demonstration entschieden.

Es kam, wie es kommen musste: Gewaltbereite Linksradikale stellten sich vor den Demonstrationszug, zerstörten, was ihnen in den Weg kam, lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei, steckten ein Restaurant in Brand und riefen antisemitische sowie gewaltverherrlichende Parolen. Während sich die Menschen in Israel und hoffentlich auch im Gazastreifen darüber freuen, dass die Gewalt ein Ende nehmen könnte, ziehen gewaltbereite Palästina-Freunde durch Schweizer Städte und hinterlassen eine Schneise der Verwüstung.

Dass gewaltbereite Chaoten jede Situation nutzen, ist bekannt, aber dass Personen aus der Mitte der Gesellschaft, Bürgerinnen und Bürger, teils mit Kleinkindern, diesen Chaoten blind nachlaufen, das ist neu.

Der Berner Sicherheitsdirektor formulierte es bei der Pressekonferenz treffend: Er sagte, er könne Menschen nicht helfen, die angeblich für Frieden auf die Straße gehen, sich dann aber einem »Sauhaufen« aus gewaltbereiten Chaoten anschließen.

Neben der Gewaltbereitschaft sind die bei solchen Demonstrationen skandierten Slogans nicht mehr nur versteckte Gewaltverherrlichung, sondern sie enthalten ebenso konkrete wie schockierende Forderungen. So wurde ganz unverblümt zum Tod israelischer Streitkräfte und zum Tod lokaler Zionisten aufgerufen. Man muss nicht weit denken, um zu verstehen, was damit gemeint ist. Es ist ein direkter Aufruf, Schweizer Jüdinnen und Juden zu töten.

Am vergangenen Samstag hat sich ein Teil der Palästina-Solidarität in der Schweiz endgültig entlarvt. Es ging nie darum, das Leid im Gazastreifen zu beenden oder einen angeblichen Genozid zu stoppen, die Propaganda-Apologeten der Hamas in Europa behauptet hatten, oder gar darum, Menschen zu helfen. Es ging nie um das palästinensische Volk. Es geht auch nicht um Frieden. Denn der wird offenbar von der falschen Seite gestiftet. Es geht lediglich um Gewalt und darum, eine Ausrede zu haben, antisemitische Gefühle ausleben zu können. An Frieden mit Israel ist auf der Kundgebung anscheinend niemand interessiert. Denn Israel soll gar nicht erst existieren, so der Tenor auf der Demonstration.

Erschreckend ist, wie viele angebliche Gutmenschen entweder in Naivität oder in purer Absicht dieses Spiel mitgemacht haben. Wenn es diesen Menschen um Frieden gegangen wäre, dann müssten sie jetzt mit weißen Friedensfahnen auf die Straße gehen und sich freuen. Stattdessen antworten sie auf eine Friedensankündigung mit Gewalt.

Solche Aktivisten und ihre naiven Unterstützer sind eine Gefahr für unsere demokratische Gesellschaft. Wann endlich wachen denn die europäischen Regierungen und Gesellschaften auf und merken, dass sie zum Spielball von gewaltbereiten Antisemiten geworden sind? Bietet man diesen nicht sehr bald Einhalt, ist es zu spät.

Die Hamas und ihre Unterstützer in Europa haben es nicht geschafft, Israel am 7. Oktober 2023 zu zerstören. Israel war stark und hat sich mit aller Kraft dagegen gestellt, auch gegen alle Rufe von ihren Freunden oder angeblichen Freunden. Die Terroristen der Hamas und ihre Freunde haben ihren Wirkungskreis nach Europa verlagert, denn hier ist man oft naiv und es finden sich immer Leute, die sich vor den Karren spannen lassen.

Es ist zu hoffen, dass die Ereignisse vom Samstag in der Schweiz einigen endlich die Augen geöffnet haben. Doch leider ist die Hoffnung klein. Denn fast scheint es so, als wäre die allseitige Gehirnwäsche so weit gediehen, dass sie unumkehrbar ist. Dennoch: Wehret den Anfängen.

dreyfus@juedische-allgemeine.de

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