Joshua Schultheis

Kein Symbol für den Frieden

Seid kreativ, liebe Yudaya-jin! Foto: Charlotte Bolwin

Joshua Schultheis

Kein Symbol für den Frieden

Warum man bestimmte Israel-Ketten besser nicht tragen sollte

von Joshua Schultheis  26.07.2024 15:24 Uhr

Es gibt viele Möglichkeiten, Solidarität mit Israel zu zeigen. Manche gehen mit der blau-weißen Nationalflagge des jüdischen Staates auf Demonstrationen. Andere heften sich die gelbe Schleife ans Revers, die an die Geiseln in Gaza erinnern soll.

Bei einigen fällt die Wahl jedoch auf ein Symbol, das mehr ausdrückt, als bloße Verbundenheit mit dem kleinen Land. Es enthält eine politische Botschaft, die – ob gewollt oder ungewollt – wie eine Absage an eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts wirkt.

Eine Fantasie, die keine Realität werden sollte

In Online-Shops oder israelischen Souvenirläden ist dieses Symbol allgegenwärtig: ein goldener Anhänger, der die Umrisse Israels zeigen soll. In dem filigranen Stück sind sogar die Ränder vom Kinneret sowie dem Toten Meer zu erkennen.

Was dagegen fehlt: Die Grenzen zum Gazastreifen und dem von Israel besetzten Westjordanland. Wie man es dreht und wendet, hier sind weder historische noch die aktuellen Grenzen Israels abgebildet, sondern eine Fantasie – und zwar eine, die keine Realität werden sollte.

Durch die Verwendung einer solchen Karte – ob als Anhänger oder in einer anderen Form – macht man sich angreifbar.

Die Kette fand nun ihren Weg in die deutsche Öffentlichkeit, als sie die Moderatorin Andrea Kiewel am Sonntag im ZDF-»Fernsehgarten« vor einem Millionenpublikum trug. Kiewel lebt in Tel Aviv, ist mit einem Israeli verheiratet. Sie schreibt regelmäßig Texte für die Jüdische Allgemeine, die von ihrer großen Liebe zu Israel und persönlichen Betroffenheit vom 7. Oktober und seinen Folgen zeugen. Radikale Ansichten finden sich in ihren Artikeln nie. Kiewel tritt selbstverständlich nicht für die Annexion des Westjordanlands ein, ist natürlich keine Anhängerin eines »Großisraels«.

Doch von ihrer Kette und deren Symbolik lässt sich eine direkte Linie zu denjenigen rechtsextremen Kräften im Land ziehen, die genau das wollen. Würden sie ihre Pläne umsetzen, wäre jede Chance auf Frieden zwischen Israelis und Palästinensern dahin, der jüdische Staat hörte wahrscheinlich auf, eine Demokratie zu sein.

Solidarität mit Israel lässt sich anders zeigen

Es ist eine Mehrdeutigkeit, die man sich nicht erlauben sollte, wenn man es ernst meint mit der Unterstützung für ein Israel, das liberal und rechtsstaatlich ist. Egal, welche Absicht dahintersteht, durch die Verwendung einer solchen Karte – ob als Anhänger oder in einer anderen Form – macht man sich angreifbar. Ganz besonders in Zeiten, in denen den Freunden Israels mehr Feindseligkeit entgegenschlägt denn je.

Das ZDF hat sich mit Andrea Kiewel geeinigt, dass sie die Kette künftig nicht mehr im Fernsehen tragen wird. Gut so. Darin ein Verbot des öffentlichen Bekenntnisses zum jüdischen Staat zu sehen, ist Unsinn. Wie gesagt, es gibt viele Wege seiner Solidarität mit Israel Ausdruck zu verleihen. Zum Glück sind die meisten davon unproblematisch.

schultheis@juedische-allgemeine.de

Hintergrund

Das steckt hinter »Katargate«

Die Affäre um vermeintliche Zahlungen von Doha an Netanjahu-Berater und Medien-Leaks zieht immer weitere Bahnen

von Sabine Brandes  30.12.2025

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  30.12.2025

Afrika

Somalier protestieren gegen Israel

Sprechchöre, geschlossene Unis, kämpferische Reden: In Somalia entlädt sich Wut über Israels Anerkennung von Somaliland. Die Proteste ziehen sich quer durch die Gesellschaft.

 30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Jerusalem/Fremont

Benjamin Netanjahu spricht mit Elon Musk über KI-Zukunft Israels

Im Mittelpunkt stand die strategische Ausrichtung Israels im Bereich künstlicher Intelligenz. Netanjahu will das Land technologisch an die Weltspitze führen

 30.12.2025

Jerusalem

Mikwe aus der Zeit des Zweiten Tempels unter der Klagemauer entdeckt

Der Fund gilt als eindrucksvoller archäologischer Beleg für die Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahr 70 nach Christus

 30.12.2025

Schicksalbericht

»Der Terrorist betete, dass mein Kind stirbt«

Der 36-jährige Elkana Bohbot spricht zum ersten Mal über seine persönlichen Erlebnisse als Hamas-Geisel in Gaza

von Sabine Brandes  30.12.2025

Medizin

Studie aus Tel Aviv: Hautkrebs setzt Immunsystem gezielt außer Gefecht

Weltweit sterben jährlich 57.000 Menschen an Melanomen. Die neuen Erkenntnisse aus Israel könnten Medizinern helfen, diese Krebsform zu bekämpfen

 30.12.2025

Jerusalem

Knesset beschließt Gesetz gegen Versorgung von UNRWA-Einrichtungen

Israel wirft der UN-Organisation eine Nähe zur Hamas vor. Jetzt werden ihr der Strom, das Wasser und die Datenverbindungen gekappt

 30.12.2025