Meinung

Kein Koscher-Stempel für Geraldine Rauch

Ayala Goldmann, Redakteurin Feuilleton Foto: Ayala Goldmann

Meinung

Kein Koscher-Stempel für Geraldine Rauch

Warum die TU-Präsidentin nach einem »Like« für einen antisemitischen Tweet endlich zurücktreten sollte

von Ayala Goldmann  05.06.2024 21:30 Uhr Aktualisiert

»Mea culpa, mea maxima culpa!« Um an ihrem Posten festzuhalten, zieht Geraldine Rauch, (noch) Präsidentin der Technischen Universität (TU) Berlin, nun das Büßergewand an. Am (heutigen) Mittwoch, an dem der Akademische Senat der Hochschule über die Zukunft Rauchs berät, ergeht sich die Professorin und Mathematikerin in öffentlicher Selbstkritik, weil sie einen dezidiert antisemitischen Tweet mit einem »Like« versehen hatte.

Die TU-Präsidentin lässt wissen, ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst beantragt zu haben, redet von »tiefer Reue«, bittet Betroffene um Verzeihung und verspricht eine umgehende Reaktion bei möglichen antisemitischen Protesten auf dem Hochschulgelände. Außerdem will sie, offenbar als Zeichen ihrer Bußfertigkeit, jüdischen Studierenden nun Sprechstunden anbieten. Gab es die bisher denn nicht?

Was für eine Farce! Welcher jüdische Studierende, frage ich mich, würde Geraldine Rauch im Rahmen einer Sprechstunde jetzt das nötige Vertrauen entgegenbringen – einer angeschlagenen Hochschulpräsidentin, die um einen Koscher-Stempel bettelt, ohne für ihr eigenes Handeln geradezustehen?

Wer hätte wohl Lust, in einem solchen Rahmen über sensible Themen wie persönliche Erfahrungen mit Alltagsantisemitismus nach dem 7. Oktober zu sprechen– mit einer Mathematikerin, die nicht einmal in der Lage ist, einfache Folgen ihres Social-Media-Verhaltens vorauszuberechnen?

Vielleicht irre ich mich. Vielleicht gibt es trotz allem Studierende, die unter vier Augen mit Geraldine Rauch reden wollen – und ich hoffe sehr, dass sie ob der zu erwartenden Instrumentalisierung nicht bitter enttäuscht werden.

Noch mehr hoffe ich allerdings, dass die TU-Präsidentin, statt sich als reuige Sünderin zu inszenieren und auf die Gnade anderer zu hoffen, aktiv Verantwortung für ihren Fehler übernimmt. Sie sollte einem Verfahren, das für sie selbst und ihre Hochschule unwürdig ist, zuvorkommen und endlich zurücktreten. Alles andere würde die TU Berlin noch weiter beschädigen und wäre ein kultureller Dammbruch – in der Hochschullandschaft und in Deutschland generell.

Meinung

Eurovision: Mobbing statt Musik

Eigentlich versteht jeder, dass Musiker nicht mit ihren Regierungen identisch sind. Wenn es um den jüdischen Staat geht, scheint diese Logik jedoch nicht zu gelten

von Sabine Brandes  07.12.2025

Zwischenruf

Die außerirdische Logik der Eurovision

Was würden wohl Aliens über die absurden Vorgänge rund um die Teilnahme des jüdischen Staates an dem Musikwettbewerb denken?

von Imanuel Marcus  07.12.2025

Meinung

Zurück ins Mittelalter?

Die israelische Regierung will die Todesstrafe wieder einführen. Das ist geschichtsvergessen und verblendet

von Sophie Albers Ben Chamo  04.12.2025

Meinung

Wagenknechts Schiffbruch

Nur etwa zwei Jahre nach seiner Gründung steht das BSW vorm endgültigen Scheitern – eine gute Nachricht! Dennoch bleibt ein übler Nachgeschmack

von Ralf Balke  04.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Die neue AfD-Jugendpartei ist kein bisschen weniger extrem

Die »Junge Alternative« wurde durch die »Generation Deutschland« abgelöst. Doch die Neuordnung der AfD-Jugendorganisation diente keineswegs ihrer Entradikalisierung

von Ruben Gerczikow  02.12.2025

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Meinung

Wir Jungen müssen die Gemeinden stärker mitgestalten

Jüdische Studierende sind vom wachsenden Antisemitismus besonders betroffen. Gleichzeitig sind junge Juden kaum in den Gemeindevertretungen repräsentiert. Das muss sich ändern

von Ron Dekel  30.11.2025

Meinung

Der Weg zum Frieden in Nahost führt über Riad

Donald Trump sieht in Saudi-Arabien zunehmend einen privilegierten Partner der USA. Die Israelis müssen gemäß dieser neuen Realität handeln, wenn sie ein Abkommen mit dem mächtigen Ölstaat schließen wollen

von Joshua Schultheis  01.12.2025 Aktualisiert