Meinung

Itamar Ben-Gvir und die rote Ampel

Itamar Ben-Gvir ist ein Rechtsextremist, ein notorischer Rassist, der wegen seiner politischen Ansichten von der israelischen Armee nicht zum Wehrdienst eingezogen wurde. Verurteilt wurde er unter anderem wegen Aufhetzung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.

Auch die Straßenverkehrsordnung gilt in seinen Augen nicht für ihn: Als Politiker soll er seinen Fahrer angewiesen zu haben, rote Ampeln zu missachten. Ben-Gvir war in mehrere Verkehrsunfälle verwickelt, bei einem gab es Verletzte.

Dass ein solcher Mann im Kabinett von Benjamin Netanjahu Anfang 2023 Minister für innere Sicherheit werden konnte, ist eine Schande für Israel.

Nun ist der Hetzer Ben-Gvir, der im Gazastreifen wieder israelische Siedlungen errichten will, in die Regierung zurückgekehrt. Der Krieg gegen die Hamas in Gaza hat erneut begonnen, die dortige Zivilbevölkerung leidet nicht nur unter den Terroristen, sondern auch unter den Luftangriffen, und das Schicksal der 24 noch lebenden israelischen Geiseln in Gaza ist ungewiss.

Schlechte Nachrichten nicht nur für die Israelis, sondern auch für uns Juden in der Diaspora. Denn egal, was in Israel passiert – wir werden dafür verantwortlich gemacht.

Wie aber sollen wir die Präsenz von Ben-Gvir in der Regierung rechtfertigen? Wie sollen wir erklären, dass Bezalel Smotrich, ein weiterer Rechtsextremist im Kabinett, es sich herausnimmt, den Angehörigen der Geiseln in der Knesset den Mund zu verbieten?

Sie seien »genug gehört worden«, erdreistete sich der Finanzminister diese Woche zu behaupten. Und wie sollen wir Kritikern erklären, warum radikale Siedler im Westjordanland Palästinenser terrorisieren dürfen, ohne dass ihnen Einhalt geboten wird?

»Israel ist unsere Lebensversicherung« heißt ein Satz, den viele von uns kennen und mehr als einmal ausgesprochen haben.

»Israel ist unsere Lebensversicherung« heißt ein Satz, den viele von uns kennen und mehr als einmal ausgesprochen haben. Doch es fällt zunehmend schwer, daran zu glauben. Minister, die Hass zwischen Juden und Arabern (mehr als 20 Prozent der Bevölkerung Israels) säen, setzen die Zukunft des Landes aufs Spiel.

Wer jetzt zu einem Besuch nach Israel fährt, denkt nicht zuletzt über seine eigene Sicherheit nach. Ist ein Besuch in der Jerusalemer Altstadt ratsam? Sollte man Bus fahren und sich einem möglichen Terroranschlag aussetzen oder lieber ein Auto mieten? Ist Israel noch unsere Lebensversicherung? Oder sollten wir lieber den Anbieter wechseln?

Seit dem 7. Oktober 2023 tragen wir gelbe Schleifen, solidarisieren uns mit den Geiseln und ihren Angehörigen. Nun ist ein Rechtsextremist wieder Minister, der es wichtiger findet, Araber zu töten als Juden zu retten. Die israelische Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara hat vergeblich versucht, zu verhindern, dass Ben-Gvir wieder für Nationale Sicherheit zuständig ist – die Regierung von Benjamin Netanjahu aber will die Chefermittlerin absägen. Damit sollte klar sein, wem unsere Solidarität gilt und welche rote Ampel jetzt für uns aufleuchtet.

Die Zeiten, in denen wir meinten, als Diasporajuden dürften wir uns nicht in die israelische Politik einmischen, sind vorbei. Zu viel steht auch für uns auf dem Spiel. Es geht um mehr als den jährlichen Urlaub in Tel Aviv.

Bei der nächsten Israelreise sollten wir keinesfalls vergessen, uns den Demonstrationen gegen die sogenannte Justizreform und für den Erhalt des Rechtsstaats anzuschließen, damit Israel als jüdischer und demokratischer Staat auch in Zukunft unsere Lebensversicherung bleibt.

Eine Alternative dazu gibt es nicht. Falls der jüdische Staat uns Juden in der Diaspora nicht mehr das Gefühl von Sicherheit vermitteln kann, fällt mir kein anderes Land ein, das in dieser Form dazu in der Lage wäre. Es gibt nur ein Israel. Worauf warten wir noch?

goldmann@juedische-allgemeine.de

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