Rabbiner Boris Ronis

Gentest: Eine Frage der Verantwortung

Rabbiner Boris Ronis Foto: Stephan Pramme

Wann beginnt das Leben, wird oft gefragt, und das wird gerne mit einem bekannten Witz erörtert: Mit der Empfängnis, sagt ein katholischer Pfarrer. Nein, korrigiert ihn ein Imam, mit der Geburt. Lächelnd widerspricht ihnen ein Rabbiner und sagt: mit dem Auszug der Kinder aus dem Haus und wenn der Hund gestorben ist.

Doch die so ins Lustige gezogene Fragestellung hat es in sich. Durch die Entwicklung der Wissenschaft erlangen wir immer mehr Einblicke in entstehendes Leben – noch vor der Geburt. Und so stellt sich uns auch die Frage: Was tun wir, wenn sich ein genetischer Defekt eingeschlichen hat und ein Kind nicht gesund auf die Welt kommen wird? Wollen und sollen wir etwas unternehmen? Oder ist das Leben so kostbar, dass es nicht angetastet werden darf?

KRANKENKASSE In diesen Tagen diskutiert auch der Bundestag, ob ein Gentest zur Früherkennung des sogenannten Down-Syndroms (Trisomie 21) von Krankenkassen bezahlt werden soll. Das Thema ist umstritten, denn positive Tests sind manchmal die Grundlage für Abtreibungen.

Aus halachischer Sicht sind solche Tests sogar angeraten, um zu erfahren, ob Komplikationen zu erwarten sind.

In der jüdischen Tradition suchen wir immer nach Möglichkeiten, Leben zu schützen und zu bewahren. Aus rabbinisch-halachischer Sicht sind solche Tests sogar angeraten, um zu erfahren, ob Komplikationen zu erwarten oder ob Partner genetisch kompatibel sind. Aus jüdischer Sicht wird grundsätzlich das Leben der Mutter über das des ungeborenen Kindes gestellt.

VORBEREITUNG Stellt sich also aufgrund medizinischer Probleme die Frage, wer überleben soll, wenn es zu Problemen während einer Schwangerschaft kommt, dann wird immer das Überleben der Mutter in den Vordergrund gestellt.

Mit dem Gentest können sich die Eltern sowohl organisatorisch als auch emotional entscheiden, was auf sie zukommen wird. Vielleicht ergibt sich nach einem solchen Test auch die Möglichkeit, sich mit dem Thema gezielter auseinanderzusetzen und eine bewusste Entscheidung zu treffen. Liegt darin nicht der Sinn einer jeglichen Entwicklung: bewusster mit Verantwortung umgehen zu können?

Der Autor ist Gemeinderabbiner in Berlin.

Meinung

Die Universität Leipzig kuscht vor BDS-Anhängern

Die Absage eines Vortrags des Historikers Benny Morris legitimiert die Erpresserlogik israelfeindlicher Gruppen

von Chris Schinke  02.12.2024

Awi Blumenfeld

Staatstragende Zersetzung

Demokratisches Verständnis vortäuschen, um die Demokratie als Sprungbrett zu nutzen: das Beispiel Walter Rosenkranz

von Awi Blumenfeld  27.11.2024

Waffenstillstand

Echter Frieden herrscht erst, wenn die Hisbollah entwaffnet ist

Der Krieg ist vorerst gestoppt. Jetzt muss der iranische Einfluss im Libanon zurückgedrängt und die UN-Sicherheitsratsresolution 1701 umgesetzt werden. Ein Kommentar von Michael Thaidigsmann

von Michael Thaidigsmann  27.11.2024

Meinung

Schluss mit dem Lamentieren - es ist Zeit zu handeln

Nach den Haftbefehlen gegen Netanjahu und Gallant reicht es nicht, den Lautstärkeregler hochzufahren. Konstruktive Vorschläge wären im Interesse Israels

von Michael Thaidigsmann  26.11.2024

Meinung

Wie rechtfertigt ihr euer Schweigen?

Am Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erwähnen die meisten feministischen Organisationen die Jüdinnen in Hamas-Geiselhaft mit keinem Wort. Ein Kommentar von Sharon Adler

von Sharon Adler  25.11.2024

Meinung

Der Rubikon ist längst überschritten

Eine »globale Intifida« breitet sich auch im Westen aus. Es wäre an der Zeit, dass Regierungen klare rote Linien einziehen

von Jacques Abramowicz  25.11.2024

Meinung

Slowik muss sich an Golda Meir ein Vorbild nehmen

Die Polizeipräsidentin hat Juden zur Vorsicht vor arabischstämmigen Menschen gemahnt. Das ist das falsche Signal

von Sigmount A. Königsberg  25.11.2024

Boris Itkis

»No-Go-Areas« für Juden: Die Geschichte wiederholt sich

Schon vor 100 Jahren konnte der deutsche Staat nicht alle seine Bürger schützen

von Boris Itkis  25.11.2024

Ayala Goldmann

Nan Goldin: Gebrüll statt Kunst

Nach dem Eklat in der Neuen Nationalgalerie sollte Direktor Klaus Biesenbach zurücktreten

von Ayala Goldmann  25.11.2024