Robert Jütte

Gentechnik: Vor allem Ja zum Leben

Robert Jütte

Robert Jütte

Gentechnik: Vor allem Ja zum Leben

Die Zwillingsexperimente eines chinesischen Forschers sind sehr riskant. Ob sie wirklich Menschen helfen, ist noch offen

von Robert Jütte  06.12.2018 06:33 Uhr

Noch ist nicht ganz klar, was der chinesische Forscher He Jiankui jüngst als wissenschaftliche Sensation verkündet hat: die Geburt der ersten genveränderten Babys. Die Wissenschaft müsse alles tun, um Menschen mit Krankheiten zu helfen oder sie vor solchen zu schützen, sagte He zur Begründung.

Nach eigenen Angaben hat er für seinen Versuch kinderlose Paare, bei denen der Mann HIV-positiv, die Frau HIV-negativ ist, rekrutiert. Bei den durch künstliche Befruchtung entstandenen Embryos änderte er deren Erbgut mit der sogenannten Genschere. Manipuliert wurde das Gen CCR5. Man weiß, dass Menschen ohne ein funktionierendes CCR5-Gen weitgehend immun gegen das Virus sind, das AIDS auslöst. Diese Embryos wurden in Gebärmütter eingesetzt: Eine Frau wurde schwanger und gebar zwei Mädchen.

EMPÖRUNG Weltweit brach ein Sturm der Entrüstung aus. Nicht nur Medizinethiker meldeten sich zu Wort. Auch beispielsweise Emmanuelle Charpentier, eine der Entdeckerinnen des Crispr/Cas9-Mechanismus, den sich die Genschere zunutze macht, erklärte, sie sei »sehr besorgt über diese Nachricht«. Denn die Methode, die He angewandt hat, ist nicht ohne Risiko. Wenn an der falschen Stelle im Erbgut geschnitten wird, können unerwünschte Mutationen in anderen Genen auftreten. Die Vorhersage solch unerwünschter Nebenwirkungen, die eventuell erst eine Generation später zutage treten, ist schwierig. Deshalb warnen viele Wissenschaftler davor, die Technik im jetzigen Stadium schon am Menschen anzuwenden.

Die Methode, die He
angewandt hat,
ist nicht ohne Risiko.

Die meisten jüdischen Bioethiker sehen die Gentechnik im Grundsatz durchaus positiv. Übergeordnet ist der absolute Wert jedes Menschenlebens (Sanhedrin 37a). Daraus wird ein Forschungsgebot abgeleitet, das auch im Falle der Gentherapie zur Anwendung kommt.

Wie jüngst ein Beitrag im »Rambam Maimonides Medical Journal« betont, sind Eingriffe in die menschliche Keimbahn nach der Halacha nur verboten, wenn keine medizinischen Gründe vorliegen, etwa bei »Designer-Babys«. Die Genschere einzusetzen, um etwa Kinder aschkenasischer Paare vor einem Gendefekt wie den bei der Tay-Sachs-Krankheit zu bewahren, sei dagegen durchaus vereinbar mit der jüdischen Ethik.

Der Autor ist Medizinhistoriker in Stuttgart.

Meinung

Lasst uns nicht allein!

Nach dem Canceln von Lahav Shani durch das Flandern-Festival in Gent befürchtet Maria Ossowski, dass Juden Europa jetzt verlassen wollen

von Maria Ossowski  11.09.2025

Meinung

Gent: Boykottiert die Boykotteure!

Dass die Münchner Philharmoniker in Gent nicht auftreten dürfen, weil sie mit Lahav Shani einen israelischen Dirigenten haben, ist eine Schande - und erfordert eine deutliche Antwort deutscher Kulturschaffender

von Michael Thaidigsmann  10.09.2025

Meinung

Wenn Wutausbrüche Diplomatie ersetzen

So verständlich der Frust ist, tut sich Israels Regierung mit ihrer aggressiven Kritik an westlichen Regierungen und ihren Einreiseverboten für europäische Politiker keinen Gefallen

von Michael Thaidigsmann  08.09.2025

Meinung

Bitte mehr Sorgfalt, liebe Kollegen!

Weltweit haben Medien die Geschichte verbreitet: In Gaza sei ein hilfesuchendes Kind von Israelis erschossen worden. Es stimmt nur nicht, wie sich nun herausstellt. Von professionellen Journalisten darf man eigentlich mehr erwarten

von Susanne Stephan  08.09.2025

Essay

Das Gerücht über Israel

Die Geschichte des Antisemitismus ist eine Geschichte der Lüge. Was früher dem Juden als Individuum unterstellt wurde, wird nun Israel als Nation vorgeworfen

von Daniel Neumann  06.09.2025 Aktualisiert

Meinung

Einseitig, fehlerhaft, selbstgerecht

Die »International Association of Genocide Scholars« bezichtigt Israel des Völkermords. Die Hamas spricht sie von jeder Verantwortung für die Lage in Gaza frei. Eine Erwiderung

von Menachem Z. Rosensaft  05.09.2025

Meinung

Vuelta-Radrennen: Israelhasser ohne Sportsgeist

Bei der spanischen Radtour ist der israelische Rennstall Ziel von Störaktionen. Nun forderte der Rennleiter das Team auf, nicht mehr anzutreten. Wenigen Fanatiker gelingt es, Israel vom Sport auszuschließen - wie so oft in der Geschichte

von Martin Krauss  04.09.2025

Kommentar

Gaza: Das falsche Spiel der Vereinten Nationen

Die UN ist kein neutraler Akteur im Gazakrieg. Ihre Vertreter scheuen sich nicht, irreführende Zahlen in Umlauf zu bringen und die Hamas als legitime politische Kraft zu präsentieren

von Jacques Abramowicz  03.09.2025

Meinung

Marlene Engelhorn, die Gaza-Flottille und deutsche Schuldabwehr

Die Familie der BASF-Erbin hat an der Ermordung von Juden mitverdient. Nun diffamiert sie den jüdischen Staat, um sich selbst im Gespräch zu halten

von Antonia Sternberger  03.09.2025