Einspruch

Erdoğan braucht Klartext

Canan Topçu findet es richtig, den türkischen Präsidenten zu treffen – gerade wegen dessen Israelhass

von Canan Topçu  15.11.2023 13:38 Uhr

Canan Topçu Foto: privat

Canan Topçu findet es richtig, den türkischen Präsidenten zu treffen – gerade wegen dessen Israelhass

von Canan Topçu  15.11.2023 13:38 Uhr

Kanzler Olaf Scholz bedauert es vermutlich sehr, den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan eingeladen zu haben. Was soll er einem Politiker sagen, der die Hamas als Befreiungsorganisation bezeichnet und von »Massakern« der israelischen Armee im Gazastreifen spricht? Der gegen Israel hetzt und die diplomatischen Beziehungen abbricht?

Scholz ist zu wünschen, dass er eine gut durchdachte, auf Erdoğans Charakter abgestimmte Strategie hat, um seinem Gast zu zeigen, dass er eine ganz klare Linie überschritten hat. Sonst kann es durchaus passieren, dass der Staatsbesuch zu einem Eklat wird.

Der türkische Staatspräsident ist bekannt für seine verbalen Entgleisungen. Ein wohlerzogener Politiker wie Scholz wird es schwer haben, von Erdoğan ernst genommen zu werden. Moderate nimmt Erdoğan nicht ernst, und Hardliner ignoriert er. Es kommt auch vor, dass er aufsteht und geht, wenn ihm nicht passt, was sein Gegenüber sagt. Er kann es sich leisten. Denn er sitzt am längeren Hebel. Stichwort: neuer Migrationspakt.

Einige Politiker sind für eine Absage des Besuchs. Auch weil sie Scholz nicht zutrauen, dass er Erdoğan Paroli bieten kann. Andere wiederum schlagen allen Ernstes vor, Erdoğan in eine KZ-Gedenkstätte einzuladen. Beides sind keine guten Ideen! Den Präsidenten auszuladen, ist der schlechteste Weg, um das Dilemma zu lösen. Das wäre ein diplomatischer Affront und würde Erdoğan erst recht befeuern, gegen Israel zu hetzen. Es ist ein Drahtseilakt, der Scholz bevorsteht. Er muss den richtigen Ton treffen, um sich bei Erdoğan Respekt zu verschaffen und mit ihm Klartext reden zu können. Und Klartext heißt: keine antisemitische und antiisraelische Propaganda!

Was Scholz aus diplomatischen Gründen nicht machen kann, ist aber der Zivilgesellschaft möglich: öffentlich deutlich zeigen, dass jemand, der die Hamas unterstützt und Antisemitismus befeuert, in Deutschland nicht willkommen ist.

Die Autorin ist Journalistin und lebt in Frankfurt am Main.

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