Meinung

Die Grenzen des Geheimdienstes

Matthias Meisner Foto: Dora Meisner

Meinung

Die Grenzen des Geheimdienstes

Matthias Meisner ist angesichts des neuen Berichtes der Verfassungsschützer alarmiert

von Matthias Meisner  09.06.2022 07:59 Uhr

Noch nie war der Verfassungsschutz so herausgefordert, sagt dessen Präsident Thomas Haldenwang. Aber wohl auch noch nie ist die Behörde so an ihre Grenzen gestoßen. Die neue Innenministerin Nancy Faeser bekräftigt die Bewertung ihres Amtsvorgängers Horst Seehofer: Die größte Gefahr ist der Rechtsextremismus.

Doch mit dieser Analyse ist ein Problem verknüpft. Denn der Rechtsextremismus als Kategorie ist mit der klassischen geheimdienstlichen Observierung, die sich meist auf feste Strukturen und Organisationen konzentriert, immer schwerer zu fassen.

terror Wie volatil die Szene ist, lässt sich an der wachsenden Gefahr des Terrors von rechts illustrieren: Junge Männer radikalisieren sich in Chats zu Attentätern, planen Terroranschläge auf Politiker oder deren Entführung, wollen Infrastruktureinrichtungen zerstören, Synagogen oder auch Moscheen angreifen, gar einen Bürgerkrieg auslösen.

Die größte Gefahr ist der Rechtsextremismus.

Die Mobilisierung findet oft statt über Chatgruppen in Messengerdiensten wie Telegram, eine extrem unübersichtliche Bewegung unter wechselnden Adressen und Namen, mal sind es Einzeltäter, mal Netzwerke. Der Verfassungsschutz gibt die Schwierigkeiten für die Sicherheitsbehörden zu: Wer plant tatsächlich Anschläge? Wer ist »nur« verbal radikal?

kontext Ähnlich kompliziert ist die Einordnung der Fälle in der neuen, im Kontext mit den Corona-Protesten geschaffenen Kategorie »Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates«. Der »Phänomenbereich« verschwimmt mit der bisherigen Kategorie Rechtsextremismus – bei vielen der Corona-»Spaziergänge« mischen Neonazis mit, oft sogar in führender Rolle.

Das zu sortieren, fällt dem Verfassungsschutz nicht leicht, eine umfassende Statistik fehlt. Die Folgen können kurios sein: Führende Akteure der an Relevanz verlierenden Organisation »Querdenken« sind im Visier des Verfassungsschutzes. Vielleicht aber nicht jener Querdenker, der Gegenprotestierer – wie im sächsischen Meißen geschehen – als »Judenschweine« beschimpft.

Der Autor ist freier Journalist und lebt in Berlin.

Meinung

Zurück ins Mittelalter?

Die israelische Regierung will die Todesstrafe wieder einführen. Das ist geschichtsvergessen und verblendet

von Sophie Albers Ben Chamo  04.12.2025

Meinung

Wagenknechts Schiffbruch

Nur etwa zwei Jahre nach seiner Gründung steht das BSW vorm endgültigen Scheitern – eine gute Nachricht! Dennoch bleibt ein übler Nachgeschmack

von Ralf Balke  04.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Die neue AfD-Jugendpartei ist kein bisschen weniger extrem

Die »Junge Alternative« wurde durch die »Generation Deutschland« abgelöst. Doch die Neuordnung der AfD-Jugendorganisation diente keineswegs ihrer Entradikalisierung

von Ruben Gerczikow  02.12.2025

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Meinung

Wir Jungen müssen die Gemeinden stärker mitgestalten

Jüdische Studierende sind vom wachsenden Antisemitismus besonders betroffen. Gleichzeitig sind junge Juden kaum in den Gemeindevertretungen repräsentiert. Das muss sich ändern

von Ron Dekel  30.11.2025

Meinung

Der Weg zum Frieden in Nahost führt über Riad

Donald Trump sieht in Saudi-Arabien zunehmend einen privilegierten Partner der USA. Die Israelis müssen gemäß dieser neuen Realität handeln, wenn sie ein Abkommen mit dem mächtigen Ölstaat schließen wollen

von Joshua Schultheis  01.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Wenn ein Botschafter Schoa-Überlebende zu Lügnern erklärt

Tom Rose, neuer US-Botschafter in Warschau, hat in einer Rede die Komplizenschaft Tausender Polen während des Holocaust bestritten. Das ist fatal für das Ansehen der USA

von Menachem Z. Rosensaft  29.11.2025

Meinung

Die Flucht der arabischen Juden

Einst lebten viele Juden in der muslimischen Welt. Es ist wichtig, an ihre persönlichen Geschichten von Exil und Mut zu erinnern

von Tair Haim  27.11.2025