Kommentar

Der »Spiegel«, Israel und das Völkerrecht

Willkommen im publizistischen Paralleluniversum. Geht es um Konflikte, in denen Israel als Akteur auftritt, herrschen in manchen deutschen Redaktionen schnell ganz eigene Regeln und Maßstäbe. Allen voran beim Nachrichtenmagazin »Der Spiegel«.

So forderte Thore Schröder, Hamburgs Mann in Tel Aviv, anlässlich des Krieges zwischen Israel und dem Iran: »Deutschland darf nicht erneut schweigen«, wobei sich das »erneut« auf Berlins Haltung zu Israels Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen bezieht. Die Bundesregierung hätte diesen »unkritisch« unterstützt. Und die »differenzierte Position«, die sich Schröder nun so sehnlich im Fall Iran wünscht, scheint wohl exklusiv die des »Spiegel« zu sein. Und in dessen Redaktion hat Israel seit jeher einen schweren Stand.

Lesen Sie auch

Da mag man doch fragen, in welcher Realität Schröder eigentlich lebt. Hat er mal Zeitung gelesen oder vielleicht in den vergangenen 20 Monaten einen Blick ins Internet geworfen? Schließlich sah es schon wenige Wochen nach dem 7. Oktober, den er in seinem ganzen Text – bewusst oder unbewusst – übrigens mit keinem Wort erwähnt, recht mau aus mit der Solidarität der Bundesregierung.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Bei Abstimmungen in den Vereinten Nationen, die auf eine Verurteilung Israels hinausliefen, enthielt sich Deutschland regelmäßig, und Außenministerin Annalena Baerbock wurde nicht müde, Jerusalems Politik anzuprangern. Auch ihr Nachfolger Johann Wadephul brauchte nur wenige Tage im Amt, um zu betonen, dass es keine »Zwangssolidarität« mit Israel gäbe.

Zum System des »Spiegel« gehört es ferner, sofort einen Völkerrechtler aus dem Hut zu zaubern, der einem garantiert, dass Israels Handeln gegen das Völkerrecht verstoße. So auch unmittelbar nach den ersten Präemptivschlägen auf Teheran. Hier möchte man sich gleichfalls die Augen reiben, weil der befragte Jurist, in diesem Fall Professor Kai Ambos, erklärt, dass das Selbstverteidigungsrecht für Israel nicht gelte, da es zuvor keinen bewaffneten Angriff des Iran gegeben hätte.

Was war mit den beiden iranischen Attacken mit ballistischen Raketen und Drohnen auf Israel im April und Oktober vergangenen Jahres? Warum fallen die hier unter den Tisch? Und die Vernichtungsdrohungen der Mullahs, so Ambos weiter, seien allenfalls dazu da, »vermeintliche Stärke eines angeschlagenen Regimes zu demonstrieren«, weshalb Israels Vorgehen aus völkerrechtlicher Sicht der Grundlage entbehre.

Beiträge wie der von Schröder erschienen im »Spiegel« in Serie. »Schluss mit dem deutschen Rumgedruckse«, verlangte beispielsweise auch Dunja Ramadan Ende Mai in einem Leitartikel, weil die Lage in Gaza so unerträglich sei. Das Ganze ist kein Zufall, sondern hat System und verweist auf die Tatsache, dass es sich stets um eine deutsche Debatte handelt und nichts, aber wirklich gar nichts Inhaltliches über einen komplizierten Konflikt vermittelt wird, sobald Israel im Spiel ist.

Da ist es völlig egal, ob das Land sich gegen den Terror der Hamas zur Wehr setzt oder nicht mit seiner von den Mullahs x-mal angekündigten Vernichtung einverstanden ist. Allein die deutschen Befindlichkeiten zählen. Schröders Zeile »Ist Deutschland lernfähig?« spricht Bände. Gern möchte man antworten: Deutschland vielleicht – der »Spiegel« garantiert nicht.

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Meinung

Für das Leben entscheiden

Die Fortführung der Kampfhandlungen in Gaza gefährdet das Leben der Geiseln und den moralischen Fortbestand Israels. Es ist Zeit, diesen Krieg zu beenden

von Sabine Brandes  16.09.2025

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Meinung

Lasst uns nicht allein!

Nach dem Canceln von Lahav Shani durch das Flandern-Festival in Gent befürchtet Maria Ossowski, dass Juden Europa jetzt verlassen wollen

von Maria Ossowski  11.09.2025

Meinung

Gent: Boykottiert die Boykotteure!

Dass die Münchner Philharmoniker in Gent nicht auftreten dürfen, weil sie mit Lahav Shani einen israelischen Dirigenten haben, ist eine Schande - und erfordert eine deutliche Antwort deutscher Kulturschaffender

von Michael Thaidigsmann  10.09.2025

Meinung

Wenn Wutausbrüche Diplomatie ersetzen

So verständlich der Frust ist, tut sich Israels Regierung mit ihrer aggressiven Kritik an westlichen Regierungen und ihren Einreiseverboten für europäische Politiker keinen Gefallen

von Michael Thaidigsmann  08.09.2025

Meinung

Bitte mehr Sorgfalt, liebe Kollegen!

Weltweit haben Medien die Geschichte verbreitet: In Gaza sei ein hilfesuchendes Kind von Israelis erschossen worden. Es stimmt nur nicht, wie sich nun herausstellt. Von professionellen Journalisten darf man eigentlich mehr erwarten

von Susanne Stephan  08.09.2025

Essay

Das Gerücht über Israel

Die Geschichte des Antisemitismus ist eine Geschichte der Lüge. Was früher dem Juden als Individuum unterstellt wurde, wird nun Israel als Nation vorgeworfen

von Daniel Neumann  06.09.2025 Aktualisiert

Meinung

Einseitig, fehlerhaft, selbstgerecht

Die »International Association of Genocide Scholars« bezichtigt Israel des Völkermords. Die Hamas spricht sie von jeder Verantwortung für die Lage in Gaza frei. Eine Erwiderung

von Menachem Z. Rosensaft  05.09.2025