Meinung

Corbyn, der Brexit und die Qual der Wahl

Demo gegen Judenhass in Manchester (2018) Foto: imago/ZUMA Press

Meinung

Corbyn, der Brexit und die Qual der Wahl

Wer den umstrittenen Labour-Chef wählt, verhilft einem Antisemiten und Antizionisten zur Macht

von Louis Lewitan  22.07.2019 14:07 Uhr

Gegen Israel und gegen den Brexit, oder lieber Pro-Israel und Pro-Brexit wählen? Vor diesem Dilemma stehen Großbritanniens Wähler. Diese Entscheidung ist zutiefst undemokratisch, aber aktueller denn je.

Wer sich in Großbritannien für den Verbleib in Europa entscheidet, muss Corbyn wählen. Wer Corbyn wählt, verhilft einem Antisemiten und Antizionisten zur Macht. Die gegenwärtige politische Konstellation bringt die pro-europäischen Briten in Bedrängnis: Wie kann man für den Verbleib in der EU stimmen, ohne den Antisemitismus und Antizionismus in der Arbeiterpartei gutzuheißen? Diese Option ist unter der Führung des gegenwärtigen Labour-Chefs nicht möglich.

DECKMANTEL Unter seiner Führung hat sich die Labour-Partei zu einer attraktiven Anlegestelle für linke Antisemiten etabliert. Unter dem Deckmantel des Antizionismus vereint Corbyn all jene, die Blut lecken, wenn sie Israel-Bashing betreiben können. Für Corbyn ist ein guter Jude ein Antizionist. Zu den schlechten Juden zählen all die »Kapitalisten«, »Imperialisten« und »Zionisten«, die, einem Krake ähnlich, global und heimlich die Banken und Börsen regieren.

Corbyns schäbige Grundhaltung ist beschämend und gefährlich zugleich.

Wer sich gegen diese paranoiden Vorurteile wehrt, zählt für Corbyn automatisch zur allmächtigen lsrael-Lobby. Daher sein Appell  an sämtliche westlichen Regierungen, »sich gegen die zionistische Lobby zu stellen, die Kritik an Israel mit Antisemitismus gleichsetzt«. Geradezu absurd mutet es an, dass ausgerechnet Corbyn nun als Reaktion auf seine Kritiker eine Website online schalten ließ, um Labour-Mitglieder über Antisemitismus aufzuklären.

Der Chef der Labour-Partei kritisiert nicht Israel oder seine Siedlungspolitik, er stellt vielmehr den Zionismus infrage. Daher sein Bekenntnis zur Hamas und zur Hisbollah, die seit Jahren versuchen, einen islamischen, judenfreien Staat herbeizubomben. Die Hamas sieht jedenfalls in Corbyn einen Freund und bedankte sich artig für seine Solidaritätsbekundung anlässlich des »Nakba«-Gedenktages. Dass die arabischen Staaten 1947 den UN-Teilungsbeschluss für Palästina als Katastrophe werten und Israel vernichten wollten, wird verschwiegen.

SPIONE Corbyns Schwarz-Weiß-Denken schließt jeden Hauch von Kritik an der palästinensischen Führung in Gaza und im Westjordanland aus. Kein Wort zur allgegenwärtigen Korruption, zur totalen Pressezensur, zur gnadenlosen Verfolgung von Homosexuellen, zur Unterdrückung von Oppositionellen – von öffentliche Hinrichtungen angeblicher israelischer Spione ganz zu schweigen. Ob Abbas oder Nasrallah, die palästinensischen Führer, die angeblichen Opfer der blutrünstigen Zionisten, bleiben für Corbyn sakrosankt.

Der Chef der Labour-Partei verkörpert Werte, die mit den Prinzipien einer Demokratie unvereinbar sind: Diskriminierung, Diffamierung und Ausschluss Andersdenker aus der Partei. Altverdiente Labour-Mitglieder, die sein Versagen im Kampf gegen Antisemitismus offenlegen, werden in alter stalinistischer Manier zensiert, kaltgestellt und aus der Partei gedrängt. Die zahlreichen Austritte von Abgeordneten festigt die Bunkermentalität von Corbyn und seinesgleichen. Selbstkritik bleibt für sie ein Fremdwort.

Für Corbyn ist nur ein Antizionist ein guter Jude.

Corbyns schäbige Grundhaltung als Parteivorsitzender einer ehrwürdigen Partei, die sich weigert, Hardcore-Antisemiten und Feinde Israels auszuschließen, ist beschämend und gefährlich zugleich. Seine Beisetzung in der Ruhmeshalle des antisemitischen Pantheons, gleich neben glühenden antisemitischen Sozialisten wie Saint-Simon, Proudhon und Fourier, ist ihm gewiss. Je näher der Wahltermin heranrückt, umso mehr spitzt sich das gesellschaftliche Dilemma zu.

Was also tun? Egal, wie sich Großbritanniens Bürger im Hinblick auf den Brexit im Herbst entscheiden werden, eines ist klar: Corbyn sollte schon vorher die rote Karte bekommen. Er gehört als Labour-Chef abgewählt. Erst dann werden die Briten eine faire Chance erhalten, sich für oder gegen den Brexit zu entscheiden.

Der Autor ist Psychologe und Stressmanagement‐Experte in München.

Meinung

Embargo gegen Israel: Merz´ gefährliche Botschaft

Die Bundesregierung hat ein Exportverbot für Waffen an Israel verhängt und sendet damit fatale Signale: An Israel, an die Hamas und deren Unterstützer - und an die Juden in Deutschland

von Remko Leemhuis  22.08.2025

Meinung

Verbaute Perspektive

Minister Bezalel Smotrich hat Siedlungspläne genehmigt, die das Westjordanland teilen würden. Auch für Israelis ist das keine gute Nachricht

von Mascha Malburg  22.08.2025

Meinung

Israels Kräfte sind endlich

Der Rückzug aus Gaza 2005 führte zum Krieg gegen die Hamas. Rafael Seligmann fordert, den Konflikt endlich politisch zu lösen

von Rafael Seligmann  21.08.2025

Meinung

Für Juden in Frankreich ist das Spiel aus

Präsident Emmanuel Macrons antiisraelische Politik macht ihn zum Verbündeten der Islamisten und deren linken Mitläufern. Für Juden wird das Leben währenddessen immer unerträglicher

von Haïm Musicant  20.08.2025

Meinung

Diktatfrieden abgewendet?

Das Treffen zwischen Donald Trump, Wolodymyr Selenskyj und europäischen Spitzenpolitikern lief besser als erwartet. Doch es ist fraglich, wie lange die Erleichterung anhält

von Nils Kottmann  19.08.2025

Meinung

Rechtsextreme nicht gewähren lassen

Die AfD muss spüren: Wir sehen euch, wir widersprechen – und wir werden euch nicht gewähren lassen

von Tanya Yael Raab  15.08.2025

Einspruch

Wird Alaska das neue München?

Marieluise Beck warnt davor, dass die Verhandlungen zwischen Trump und Putin das Ende eines freien Europas einläuten könnten

von Marieluise Beck  13.08.2025

Debatte

Terrorist mit Presse-Weste

Anas al-Sharif war kein unschuldiger Journalist, sondern Terrorist der Hamas. Ein Kommentar von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  12.08.2025

Debatte

Missbrauch der Sarajevo-Haggada für Hetze gegen Israel

Ein Kommentar von Rabbiner Pinchas Goldschmidt

von Rabbiner Pinchas Goldschmidt  11.08.2025