Benny Fischer

Fatal: Hier spart die Bundesregierung an der falschen Stelle

Benny Fischer Foto: © Wolf Lux @wolf_lux_photography

Benny Fischer

Fatal: Hier spart die Bundesregierung an der falschen Stelle

HateAid setzt sich gegen Hass und Antisemitismus im Internet ein. Nun will das Justizministerium der Organisation die Mittel kürzen

von Benny Fischer  27.07.2023 14:14 Uhr

Nach den Sonderausgaben infolge der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges ist es verständlich, dass die Bundesregierung Haushaltskürzungen vornimmt.

Doch während die AfD im Umfrage-Hoch steht, sollten wir uns fragen, wo unsere gesellschaftlichen Prioritäten liegen. Wollen wir wirklich, dass politische Diskurse ausgerechnet von den extremsten Stimmen dominiert werden?

Meinungsräume Genau das versuchen zahlreiche NGOs in diesem Land zu verhindern – darunter auch HateAid. Die Organisation kämpft dafür, Meinungsräume im Netz offenzuhalten. Zusammen mit der Alfred Landecker Foundation und der European Union of Jewish Students initiierte HateAid einen Grundsatzprozess gegen Twitter, um gegen Volksverhetzung und Antisemitismus auf der Plattform vorzugehen.

Ich beobachte mit großer Sorge, wie sich marginalisierte Gruppen aus Online-Diskursen zurückziehen.

Nun sollen HateAid 600.000 Euro pro Jahr für die Beratung von Opfern digitaler Gewalt gestrichen werden. Ebenso betroffen sind die Digitalprojekte der Amadeu Antonio Stiftung und der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland.

Ich beobachte mit großer Sorge, wie sich vor den anstehenden Wahlen in Bund, Ländern und Europa marginalisierte Gruppen aus Online-Diskursen zurückziehen. Statt Kürzungen in diesem Bereich vorzunehmen, müssen wir auf technologische Neuerungen reagieren, um diese im Sinne des Gemeinwohls einsetzen zu können.

Verantwortung Das Offenhalten von Meinungsräumen kann aber nicht allein in der finanziellen Verantwortung der Zivilgesellschaft liegen. Dafür Sorge zu tragen, dass alle Bürger angstfrei an Debatten teilhaben können, ist Aufgabe des Staates. Geld für Demokratieschutz zu streichen in Zeiten, in denen die Demokratie unter Beschuss ist, hieße, an der falschen Stelle sparen.

Es bleibt zu hoffen, dass das Bundesjustizministerium sich noch einmal besinnt und Betroffenenorganisationen wie HateAid nicht dazu zwingt, Mitarbeiter zu entlassen. Das wäre eine vernünftige Priorisierung von Demokraten.

Der Autor ist Programmdirektor bei der Alfred Landecker Foundation.

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