Meinung

Amichai Chikli: Ein Minister gegen die Diaspora

Ruben Gerczikow Foto: Rina Gechtina

Meinung

Amichai Chikli: Ein Minister gegen die Diaspora

Statt die Beziehungen zu den Juden außerhalb Israels zu pflegen, gefährdet der Diasporaminister diese. Jüngstes Beispiel: Auf Einladung des Likud-Politikers besucht derzeit der britische Rechtsextremist Tommy Robinson den jüdischen Staat

von Ruben Gerczikow  16.10.2025 15:30 Uhr

Ein britischer Rechtsextremist in Israel – und das auf Einladung des israelischen Diasporaministers Amichai Chikli. Tommy Robinson, Gründer der islamfeindlichen »English Defence League«, ist eine zentrale Figur der extremen Rechten Großbritanniens und pflegt unter anderem beste Kontakte zu Martin Sellner, dem bekanntesten Gesicht der neofaschistischen »Identitären Bewegung«. Dass der israelische Minister Robinson nun hofiert, ist ein Affront gegen die jüdische Diaspora.

Die britisch-jüdischen Vertreter des »Board of Deputies« und der »Union of Jewish Students« haben sich in aller Klarheit von der Einladung distanziert. Sie sprechen damit für eine breite Mehrheit der jüdischen Gemeinschaft im Vereinigten Königreich – und weit darüber hinaus. Wiederholt lässt Chikli, der bereits in der Vergangenheit durch provokative, diasporafeindliche Rhetorik aufgefallen ist, ein beunruhigendes Muster erkennen: Die Interessen und Perspektiven der Diaspora werden von ihm nicht nur ignoriert, sondern aktiv untergraben.

Die Einladung Robinsons steht symptomatisch für eine gefährliche Entwicklung innerhalb der Likud-geführten Regierung.

Bereits Anfang des Jahres sorgte eine von Chikli organisierte Antisemitismuskonferenz in Jerusalem für Irritationen. Auch dort sammelte sich ein fragwürdiges Potpourri rechtspopulistischer bis rechtsextremer Gäste aus Europa. Der Antisemitismusbeauftragte des Bundes, Felix Klein, sagte seine Teilnahme deshalb ab. Beide Vorgänge zeigen, wie der Minister systematisch rote Linien überschreitet.

Die Einladung Robinsons steht symptomatisch für eine gefährliche Entwicklung innerhalb der Likud-geführten Regierung. Wer in Israel mit offen rassistischen Politikern wie Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich koaliert, verliert nicht zufällig auch international mehr und mehr die Berührungsängste mit der extremen Rechten. Es ist ein moralisches Armutszeugnis und eine strategische Fehleinschätzung.

Lesen Sie auch

Die Partnerschaft zwischen dem jüdischen Staat und der Diaspora basiert auf gegenseitiger Unterstützung, auf Solidarität und dem Kampf gegen Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen. Diese Verbindung darf nicht durch die Anbiederung an rechtsextreme Kreise gefährdet werden, die trotz oberflächlicher Israel-Solidarität in Wahrheit oft antisemitische Narrative verbreiten und demokratische Errungenschaften in ihren eigenen Ländern bedrohen.

Der Autor ist Publizist und lebt in Berlin.

Kommentar

Europa ist im Nahen Osten bedeutungsloser denn je

Während die USA unter Präsident Donald Trump keinen Zweifel darüber haben aufkommen lassen, wo es steht, hat Europa komplett versagt

von Daniel Neumann  13.10.2025

Meinung

Jetzt kann das Herz heilen

In ganz Israel erhebt sich an diesem historischen Tag die Erleichterung wie ein kollektiver tiefer Atemzug – teils Seufzer, teils Schluchzen, teils freudiger Gesang

von Sabine Brandes  13.10.2025

Meinung

Neues Semester, alter Antisemitismus?

Seit zwei Jahren sind deutsche Hochschulen keine sicheren Orte mehr für jüdische Studierende. Es wird viel Mühe kosten, diese Entwicklung zurückzudrehen

von Ron Dekel  13.10.2025

Kommentar

Kein Wunder in Bern

Bei gewaltbereiten Demonstrationen in der Schweizer Bundeshauptstadt hat sich ein Teil der Palästina-Solidarität einmal mehr selbst entlarvt: Es ging nie darum, das Leid im Gazastreifen zu beenden oder einen angeblichen Genozid zu stoppen

 12.10.2025

Kommentar

Deutschland braucht Israels Geheimdienste, Herr Wadephul

Der Außenminister behauptet in einem Interview, die Bundesregierung sei nicht auf Erkenntnisse israelischer Spionagedienste angewiesen. Mit dieser Falschaussage riskiert er das Leben vieler Menschen in Europa

von Remko Leemhuis  11.10.2025 Aktualisiert

Meinung

Warum die Netanjahu-Hasser die ganze Zeit falsch lagen

Wir sollten jenen danken, die eine Rückkehr der restlichen Hamas-Geiseln ermöglicht haben – egal wie unpopulär dies im Fall des israelischen Ministerpräsidenten sein mag

von Imanuel Marcus  10.10.2025

Meinung

Das peinliche Schweigen der Linkspartei zu Trumps Gazadeal

Die Reaktion der Linken auf das absehbare Ende des Kriegs ist ein Offenbarungseid. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Partei den Konflikt mehr braucht als den Frieden

von Jessica Ramczik  10.10.2025

Meinung

Außen hui, innen pfui: Trumps Umgang mit den Juden

Während sich der US-Präsident um die Juden in Israel verdient macht, leidet die jüdische Gemeinschaft im eigenen Land unter seiner autoritären Innenpolitik. Das sollte bei aller Euphorie über den Gaza-Deal nicht vergessen werden

von Joshua Schultheis  09.10.2025

Meinung

Bleiben Sie hier, Frau Ministerin Prien!

Warum jetzt nicht die richtige Zeit ist, über »gepackte Koffer« zu reden – auch nicht für den Fall eines AfD-Bundeskanzlers

von Ayala Goldmann  09.10.2025