Michael Thaidigsmann

Amazon: Befremdliche Salami-Taktik

Michael Thaidigsmann Foto: privat

Es läuft rund bei Amazon – und die Corona-Epidemie wird dem Onlinehändler wohl noch mehr Umsatz bescheren. Umso befremdlicher müssten da die Negativschlagzeilen hinsichtlich des Verkaufs antisemitischer Hetzschriften sein.

Immer wieder finden sich auf den diversen Amazon-Seiten Werke führender NS-Propagandisten. So war das von dem berüchtigten »Stürmer«-Verleger Julius Streicher herausgegebene Kinderbuch Der Giftpilz bis vor Kurzem dort zu erwerben. Erst nach lautstarken Protesten jüdischer Organisationen verschwand es aus dem Sortiment.

Auch finden sich auf Amazon.de neuere Ausgaben von Hetzwerken wie dem Handbuch der Judenfrage oder des Antisemiten-Katechismus von Theodor Fritsch. In den 20er-Jahren brachte der NS-Sympathisant auch eine deutsche Fassung der Fälschung Die Protokolle der Weisen von Zion heraus. Selbst dieses Buch konnte man bis vor Kurzem bei Amazon Deutschland kaufen.

HETZE Auf Amazon.co.uk ist das Angebot an Nazi-Literatur noch umfangreicher. Die englische Fassung des SS-Handbuchs Führen und folgen wird dort ebenso verhökert wie antisemitische Machwerke neueren Datums, darunter The Controversy of Zion von Douglas Reed – eine Hetzschrift über die Aufdeckung einer angeblichen jüdischen Weltverschwörung zum Zwecke der Versklavung der Menschheit.

Seit Jahren schon zeigt Amazon keine klare Haltung, versäumt es, sein Sortiment gezielt auf Hetzschriften hin zu durchforsten.

Die Amazon-Chefs schert es wenig, dass der Konzern mit Antisemitismus und Hetze aus der untersten Schublade Geld verdient. Kritische Nachfragen bleiben meist unbeantwortet. Ab und an verschwinden inkriminierte Bücher aus dem Sortiment. Andere dagegen bleiben über Jahre hinweg gelistet – angeblich zum Schutz der Meinungsfreiheit. Klare Verkaufsregeln? Fehlanzeige.

Diese Salami-Taktik befremdet. Seit Jahren schon zeigt Amazon keine klare Haltung, versäumt es, sein Sortiment gezielt auf Hetzschriften hin zu durchforsten, verweist lapidar auf seine Community-Richtlinien. Bei pornografischen Inhalten ist man deutlich strenger. Es geht also, wenn man nur will. Hass und Hetze verbreiten sich im Internetzeitalter ähnlich schnell wie das Coronavirus. Amazon sollte endlich einen Beitrag dazu leisten, die Ausbreitung zu verlangsamen.

Der Autor ist freier Journalist in Brüssel.

Israel

Warum ich meine gelbe Schleife nicht ablege

Noch immer konnten nicht alle Angehörigen von Geiseln Abschied von ihren Liebsten nehmen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.10.2025

Meinung

Das moralische Versagen der Linken

Wenn Antisemitismus offen auf der Straße marschiert, dann hört man aus den linken Reihen: nichts.

von Nicole Dreyfus  17.10.2025

Meinung

Wenn plötzlich vom »Geiselaustausch« die Rede ist

Die Berichterstattung vieler Medien über den Gaza-Deal zeigt einmal mehr, was passiert, wenn journalistische Maßstäbe missachtet werden

von Jacques Abramowicz  17.10.2025

Meinung

Amichai Chikli: Ein Minister gegen die Diaspora

Statt die Beziehungen zu den Juden außerhalb Israels zu pflegen, gefährdet der Diasporaminister diese. Jüngstes Beispiel: Auf Einladung des Likud-Politikers besucht derzeit der britische Rechtsextremist Tommy Robinson den jüdischen Staat

von Ruben Gerczikow  16.10.2025

Kommentar

Europa ist im Nahen Osten bedeutungsloser denn je

Während die USA unter Präsident Donald Trump keinen Zweifel darüber haben aufkommen lassen, wo es steht, hat Europa komplett versagt

von Daniel Neumann  13.10.2025

Meinung

Jetzt kann das Herz heilen

In ganz Israel erhebt sich an diesem historischen Tag die Erleichterung wie ein kollektiver tiefer Atemzug – teils Seufzer, teils Schluchzen, teils freudiger Gesang

von Sabine Brandes  13.10.2025

Meinung

Neues Semester, alter Antisemitismus?

Seit zwei Jahren sind deutsche Hochschulen keine sicheren Orte mehr für jüdische Studierende. Es wird viel Mühe kosten, diese Entwicklung zurückzudrehen

von Ron Dekel  13.10.2025

Kommentar

Kein Wunder in Bern

Bei gewaltbereiten Demonstrationen in der Schweizer Bundeshauptstadt hat sich ein Teil der Palästina-Solidarität einmal mehr selbst entlarvt: Es ging nie darum, das Leid im Gazastreifen zu beenden oder einen angeblichen Genozid zu stoppen

von Nicole Dreyfus  12.10.2025

Kommentar

Deutschland braucht Israels Geheimdienste, Herr Wadephul

Der Außenminister behauptet in einem Interview, die Bundesregierung sei nicht auf Erkenntnisse israelischer Spionagedienste angewiesen. Mit dieser Falschaussage riskiert er das Leben vieler Menschen in Europa

von Remko Leemhuis  11.10.2025 Aktualisiert