Meinung

Aktivisten-Kitsch statt Kunst

Klemens Elias Braun studiert an der Universität der Künste Berlin

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Aktivisten-Kitsch statt Kunst

Der jährliche Rundgang an der Universität der Künste geriet zur palästinabewegten Posse

von Klemens Elias Braun  22.07.2025 11:45 Uhr

Nachdem in der vergangenen Woche die Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle wegen Antisemitismusvorwürfen im Zuge ihres Rundgangs (Tag der Offenen Tür) in die Schlagzeilen geraten war, versuchten sich vorgeblich palästinabewegte Studenten jetzt an der Berliner Universität der Künste (UdK) in Agitprop. Anlass war auch hier der von Freitag bis Sonntag stattfindende Rundgang.

Während die meisten Studenten ihre Semesterarbeiten ausstellten oder Abschlussarbeiten präsentierten und tausende Besucher bei Drinks über die neuesten Kunsttrends fachsimpelten, hatte sich eine Gruppe Hochschulangehöriger in den Kopf gesetzt, den Anlass für eine etwas andere Art von Performances zu nutzen.

Deklamation im Hof

Noch am ersten Tag des Rundgangs wurde im Hof des zentralen Universitätsgebäudes ein kleines Spektakel veranstaltet. Künstlerisch eher mittelmäßig, entbehrte es, trotz des ernsten Inhalts – es ging um die Hungersnot im Gazastreifen und die fortdauernden Angriffe Israels – nicht einer gewissen Komik.

Das von einem überlangen Papierbogen abgelesene und kaum zu verstehende Geschrei, dem rund drei Dutzend in Ku­fi­jas gehüllte Personen andächtig lauschten, wurde von einer sich meist auf dem Boden räkelnden Person vorgetragen. Stoßrichtung der übersteuert-hysterischen »Performance«, die von den meisten Besuchern gekonnt ignoriert wurde, war die Anklage Deutschlands und der Universität ob ihrer vermeintlich direkten Mitschuld am Leid in Gaza.

Ein später unter Jubel aus den Fenstern des Gebäudes gehängtes Banner verstieg sich gar zu der Aussage, die »UdK schießt mit«. Die bewegten Aktivisten, die die Aktion vom Hof aus beobachteten, stimmten spontan in »Free Palestine, from the river to the sea«- Rufe ein.

Pathos und Flaggen

Auch für den Samstag hatten sich die Universitäts-Guerilleros etwas ausgedacht. Ihr neuester grafischer Trick: Um der Kritik zu entgehen, man verwende das rote Hamas-Dreieck, drehen sie – obwohl eigentlich keinerlei Notwendigkeit dafür besteht – die palästinensische Flagge um 90 Grad, und schon hat man wieder sein, auf der Spitze stehendes, rotes Dreieck. Dergestalt ausgestattet, ließen sie in den altehrwürdigen Hallen der UdK unter Parolengekreisch farblich passende Luftballons mit herabhängenden Palästinaflaggen steigen.

Ihren öffentlichen Höhepunkt erreichten die Aktionen mit einem Potpourri an Darbietungen im Innenhof. So wurde nicht nur eine überdimensionierte Palästinaflagge unter rhythmischen »Free Palestine«-Sprechchören entrollt, sondern es gab auch lautstarke arabisch-palästinensische Musik- und Tanzeinlagen. Des Weiteren wurde, einem kultischen Akt ähnlich, eine XXL-Kufiya von einem guten Dutzend Personen durch die Luft geschwungen, während drumherum Menschen »Down, down with the occupation and up, up with the liberation« brüllten.

Mit einem Megaphon ausgestattet, verlas ein Mann außerdem ein längliches Statement, in dem Israel des Baus von Konzentrationslagern beschuldigt und die UdK zur Distanzierung von »der Staatsräson« sowie zum Boykott israelischer Partnerhochschulen aufgerufen wurde. Man habe Mitgefühl mit den Kommilitonen, die mit Deutschlands »Nazi-Kultur« konfrontiert seien.

Die Rede gipfelte, vom eigenen Pathos tief bewegt, in dem Sprechchor »Israel is a terror state«. Über Lautsprecher erklang zudem die Stimme des Schriftstellers und ehemaligen Sprechers der Terrororganisation PFLP, Ghassan Kanafani, der erklärte, Israel sei nichts als ein Kolonialstaat, ein Werkzeug der amerikanischen Imperialisten.

Hassbotschaften allerorten

Ein weiterer Vorfall ereignete sich unterdessen im hauseigenen Theater. Sollte es eigentlich um Kulturkürzungen gehen, präsentierte ein Student während seines Auftritts lieber seine Auslöschungsfantasien: ein Trikot in den palästinensischen Farben, auf dem die Staatsfläche Israels auf Arabisch mit »Palästina« überschrieben war. Ein Foto des Studenten in diesem Aufzug wurde auch in einer Story über den Instagramkanal seines Studiengangs verbreitet.

Garniert wurden diese Aktionen durch die Verteilung von Flugblättern, die beispielsweise »Respect existence or expect resistance« verkündeten. Ständig neue Verschönerungsaktionen mittels Grafitti-Kunst in den Universitätsfluren, gegen die auch die schnellste Malertruppe nicht ankommen konnte, rundeten das Bild ab. So durften die Besucher des Rundgangs zwischenzeitlich Slogans wie »Kill a Zionist«, »Death, death, to the IDF«, »Yallah Intifada« und »Death to Israel« lesen.

Sprach man mit Gästen, zeigten sich diese mehrheitlich genervt oder belustigt von dem Aktionismus. Infrage gestellt wurde auch von Kommilitonen, die Zweckmäßigkeit und die Form des vermeintlichen Protests. Die »künstlerischen Mittel«, mit denen die Aktivisten arbeiteten, zielten offensichtlich nicht auf Dialog, sondern auf Provokation ab.

Die Hochschulleitung, die sich mit Taschenkontrollen, Verweisen auf den hauseigenen Code of Conduct sowie Awareness- und Securityteams auf den Rundgang vorbereitet hatte, reagierte jeweils schnell auf die Interventionen. Die Aufarbeitung des Wochenendes und die Wiederherstellung des für das gemeinsame künstlerische Arbeiten an der UdK so wichtigen Vertrauens dürfte sie jedoch noch länger beschäftigen, eine erste Strafanzeige bezüglich hetzerischer Schmierereien hat sie bereits erstattet.

Der Autor ist Student an der Universität der Künste Berlin.

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