Redezeit

»Zwischen Kunst und Kommerz«

Frau Warlin, Sie haben ein Buch über das wohl bekannteste Museum der Welt geschrieben, den Louvre. Was hat Sie so sehr daran fasziniert?
Der Louvre hat mich schon immer begeistert. Die Geschichte, die Atmosphäre und das ganze Drumherum. Früher hatte sogar noch die Regierung Büros im Louvre. Und dem damaligen Finanzminister Balladur ist es wahrlich nicht leichtgefallen, diese Räume zu verlassen. Aber ich habe gehört, dass die Atmosphäre im Museum nicht so toll ist, wie sie scheint.

Warum?
Nun, es bringen sich zwar keine Menschen um, wie in anderen Firmen, aber das Arbeitsklima soll doch sehr unterkühlt sein. Dazu kommt, dass der Louvre zwischen Kunst und Kommerz steht. Das Museum finanziert sich zur Hälfte aus öffentlichen Geldern und eigenen Einnahmen. Kürzlich gab es eine Breguet-Ausstellung, wofür der Schweizer Uhrenhersteller Geld bezahlt hat. Das ist natürlich gut für das Museum, aber mich hat es gewundert, denn was macht es mit der Kunst, wenn Marken wie Dior, Prada oder andere Firmen Ausstellungen kaufen? Das hat dann nichts mehr mit Kunst zu tun. Man hat also auf der einen Seite die berühmten Maler und auf der anderen Seite die Riesen-Plakate der Werbekunden.

Lacht die Mona Lisa deswegen auf dem Cover des Buches nicht?
Auch. Um Geld zu machen, wird die Mona Lisa an andere Länder ausgeliehen. Das ist bei einem solch alten Bild natürlich gefährlich, wegen des Materials. Sie hat so viele Dinge im Louvre gesehen. Keiner weiß, was wirklich hinter den Mauern des Museums vor sich geht. Von außen ist alles schön, keiner will etwas sagen. Die Wahrheit allerdings steht auf einem anderen Blatt.

Was hat Sie während Ihrer Recherchen am meisten überrascht?
Mir war nicht bewusst, dass die Atmosphäre derart schlecht war. Hinzu kommen Projekte wie der Louvre Abu Dhabi. Vertreter aus Abu Dhabi kamen nach Frankreich, um ein Bild des Louvre zu kaufen. Der Direktor Henri Loyrette wollte es aber nicht hergeben. Also ging die Delegation zum Außenministerium und sagte, dass sie dieses Bild unbedingt erwerben wolle. Und Loyrette musste klein beigeben. Außerdem reiste der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy unter einem kulturellen Vorwand nach Abu Dhabi. Er wollte sich nach dem Louvre-Projekt erkundigen und schloss ganz nebenbei noch einen Deal für den Verkauf von Militärflugzeugen ab. Der Prätext war Kultur, es entpuppte sich aber als Vorhaben der ganz anderen Art.

Sie haben auch die Geschichte des Museums in Hinblick auf den Zweiten Weltkrieg unter die Lupe genommen. Was haben Sie herausgefunden?
Jüdischen Familien wurde versprochen, dass man sie schützen würde, wenn sie ihre Gemälde dem Louuvre überließen. Das war gelogen. Einige, die in die USA fliehen konnten und dort überlebt haben, wollten ihr Eigentum nach dem Krieg zurück. Das aber erwies sich als sehr hart und äußerst schwierig. Bis heute haben die Nachkommen darum gekämpft.

Trotz dieser vielen negativen Dinge in Hinblick auf den Louvre: Haben Sie einen Lieblingsort?
Ja, absolut. Die Venus von Milo und die Nike von Samothrake. Ich gehe auch gern ins Musée Delacroix, dessen Sammlung zum Louvre gehört. Dort ist es wunderschön, aber immer sehr voll.

Mit der Journalistin sprach Katrin Richter.

Ariane Warlin: La Face cachée du Louvre. Editions Michalon, Paris 2012, 196 S., 11,99 €

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