Displaced Persons

Zeitungen im Wartesaal

Polnisch-jüdische Flüchtlinge in der amerikanischen Zone von Berlin, 31. Januar 1946 Foto: picture alliance / AP Images

1945 begann ein neues, wenn auch kurzes, Kapitel der jüdischen Presse in Deutschland. Geschrieben wurde es von den befreiten KZ-Häftlingen und Zwangsarbeitern sowie den Flüchtlingen aus Osteuropa, die die Alliierten in Camps für Displaced Persons (DPs) unterbrachten.

Die von den Nazis zum Schweigen gebrachte deutsch-jüdische Presse dagegen erhob erst 1946 wieder ihre Stimme. Jüdischen DPs gewährte man in ihren publizistischen Aktivitäten viel Autonomie. Neben Broschüren und praktischen Anleitungen verfassten sie Lagerzeitungen und sogar überregionale Publikationen – zumeist auf Jiddisch, dies jedoch, da erst Ende 1947 hebräische Lettern zur Verfügung standen, vorerst in lateinischer Transliteration.

anfang Den Anfang machte im Juli 1945 im britischen DP-Camp Belsen »Unzer Sztyme« – mangels Technik in handgeschriebener Form. Es folgten »Unzer Leben« im Düppel-Center, einem DP-Lager im amerikanischen Sektor Berlins, die »Jüdische Rundschau/The Jewish Review« im hessischen Marburg, »Undzer Mut« und »Unterwegs« in Frankfurt-Zeilsheim sowie »Undzer Hofenung« in Eschwege. Ferner in Bad Salzschlirf bis September 1946 das »Salzschlirfer Leben« und in Lampertheim bis Mai 1949 die »Frayhayt«.

Die von den Nazis zum Schweigen gebrachte deutsch-jüdische Presse dagegen erhob erst 1946 wieder ihre Stimme.

Vielfalt kennzeichnete auch die bayerische Lagerpresse. Von 1946 bis 1949 war das Camp Tikwa in Bad Reichenhall Zuflucht jüdischer DPs, ihre Zeitung hieß »Der Morgn«. Die seit 1945 edierte »Landsberger Lager Cajtung« – ab 1946 die »Jidisze Cajtung« genannt – genoss hohes Ansehen. Ihre Schwerpunktthemen lauteten Israel, Zionismus und Auswanderungsmöglichkeiten.

Das Lagerkomitee im Kloster Indersdorf, wo jüdische Jugendliche im Auftrag der International Refugee Organization bis 1948 betreut wurden, brachte in fünf Ausgaben das ungarische Blatt »Uj Elet« (Neues Leben) heraus. Und neben der »Deggendorf Center Review« als Organ der zionistischen Achida-Organisation erschienen die Wochenzeitung »Cum Ojfboj« sowie die »Center Review/Revue« auf Jiddisch und Deutsch.

zionismus In Föhrenwald las man die Wochenzeitung »Bamidbar« (Die Wüste), in Feldafing »Dos Fraje Wort«,»Dos Jiddishe Wort« sowide das »Feldafinger Magazin« und im schwäbischen Leipheim »A Heim«, in Stuttgart-West »Oyf der Fray« und »Shtutgarter Byuletin«. Viele Artikel zeigen die Dominanz des Zionismus im politischen Leben der DP-Camps, die ihre Bewohner als »Wartesaal« betrachteten, bis sich ihnen die Chance bieten würde, Europa zu verlassen.

In Bamberg erschien bis Dezember 1947 in 7500 Exemplaren »Undzer Wort: Wochn-Szrift/arojsgegebn durchn C.K. fun die bafraijte Jidn in Franken«. Die Zeitung druckte Suchmeldungen, schrieb über das Leben im Camp und dokumentierte international geführte Debatten. So berichtete sie bereits Anfang 1947 darüber, dass Persönlichkeiten wie Churchill die Idee eines vereinten Europa diskutierten. Bis 1950 wurden bis auf Föhrenwald alle DP-Camps geschlossen, weil ihre Bewohner in Israel oder anderswo eine neue Heimat gefunden hatten. Mit ihnen gingen auch die Macher dieser Zeitungen – und ihre Leser.

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Sachbuch

Aus dem Leben einer Rebellin

Gerhard J. Rekel hat der jüdischen Sozialaktivistin Lina Morgenstern eine lesenswerte Biografie gewidmet

von Gerhard Haase-Hindenberg  12.09.2025

TV

Auch Niederlande drohen mit ESC-Boykott, wenn Israel teilnimmt

Gastgeber Österreich hat sich bereits eindeutig für eine Teilnahme Israels ausgesprochen

 12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Nach Canceln in Gent

Solidarität in Berlin: Konzert mit Lahav Shani

Der israelische Dirigent und die Münchner Philharmoniker treten am Montag beim Musikfest Berlin auf

 12.09.2025

Belgien

Prosor: Ausladung von Shani »purer Antisemitismus«

Der israelische Dirigent Lahav Shani darf nicht auf dem Flanders Festival Ghent auftreten, weil er sich nicht genug vom Vorgehen Israels in Gaza distanziert habe. Das sorgt international für Kritik

 12.09.2025

Streaming

»Verstehen statt behaupten«

Ein Gespräch mit Dan Shaked über seine Abneigung gegen Petitionen, das Spionagedrama »The German« und den Dreh mit Schauspielkollege Oliver Masucci

von Katrin Richter  12.09.2025

Sehen!

»Humans 2.0«

Die Suche nach dem Moment des perfekten Gleichgewichts – das australische Ensemble »Circa« gastiert in Berlin

von Bettina Piper  12.09.2025

Kino

Für Hermann Göring lernte Russell Crowe Deutsch

Crowe spielt den Nazi-Verbrecher in »Nuremberg«, einem packenden Thriller über die Nürnberger Prozesse

von Manuela Imre  12.09.2025