Sehen!

Yuriy Gurzhy trifft Essad Bey

Yuriy Gurzhy Foto: Stephan Pramme

Sehen!

Yuriy Gurzhy trifft Essad Bey

Eine Revue im Berliner Maxim Gorki Theater

von Jonathan Scheiner  15.12.2014 19:09 Uhr

Die Figur des Essad Bey ist von Legenden umhüllt wie vom Rauch einer orientalischen Opiumpfeife. Nur ein paar Eckdaten gelten als gesichert: Geboren wurde der Schriftsteller als Lew Abramowitsch Nussimbaum 1905 in Baku. Die Familie floh nach der Oktoberrevolution 1917 nach Berlin, wo Lew 1922 zum Islam übertrat.

Essad Bey oder Kurban Said, wie er sich jetzt nannte, reüssierte als antibolschewistischer Journalist und Buchautor, bis er 1936 Deutschland verlassen musste, nachdem die Nazis seine wahre »nichtarische« Identität herausgefunden hatten. Als Sympathisant Benito Mussolinis ließ er sich im faschistischen Italien nieder, wo er 1942 starb.

biografie Heute ist diese sagenumwobene Person den wenigsten geläufig. Yuriy Gurzhy, Berliner Musiker und Gründer der legendären »Russendisko«, stieß vor einiger Zeit in einem Zürcher Antiquaritat auf Tom Reiss’ Essad-Bey-Biografie Der Orientalist von 2005. Die schillernde Figur Essad Beys beflügelte Gurzhys musikalische Fantasie. In kurzer Zeit waren ein paar Songs komponiert und das Maxim Gorki Theater in Berlin als Aufführungsort für eine musikalische Nummernrevue gewonnen, die Gurzhy gemeinsam mit Daniel Kahn geschrieben hat.

Die Aufführung Ende September war ein voller Erfolg, nicht zuletzt wegen der Sängerin und Schauspielerin Marina Frenk als Star des Stücks. Am 18. Dezember folgt jetzt Teil 2, umrankt von georgischem Wein, neuen Songs und bis dato unbekannten Film- und Fotoaufnahmen: ein orientalisch-jüdisches Fest für alle Sinne.

»Who was Essad Bey?« Konzert und Spurensuche mit Yuriy Gurzhy, Daniel Kahn, Marina Frenk. Maxim Gorki Theater, Studio R, 18. Dezember, 20.30 Uhr

www.gorki.de

Erinnerungskultur

»Algorithmus als Chance«

Susanne Siegert über ihren TikTok-Kanal zur Schoa und den Versuch, Gedenken neu zu denken

von Therese Klein  07.11.2025

Erinnerung

Stimmen, die bleiben

Die Filmemacherin Loretta Walz hat mit Überlebenden des KZ Ravensbrück gesprochen – um ihre Erzählungen für die Zukunft zu bewahren

von Sören Kittel  07.11.2025

New York

Kanye West bittet Rabbi um Vergebung

Der gefallene Rapstar Kanye West hat sich bei einem umstrittenen Rabbiner für seine antisemitischen Ausfälle entschuldigt

 07.11.2025

Rezension

Mischung aus Angst, alptraumhaften Erinnerungen und Langeweile

Das Doku-Drama »Nürnberg 45« fängt die Vielschichtigkeit der Nürnberger Prozesse ein, erzählt weitgehend unbekannte Geschichten und ist unbedingt sehenswert

von Maria Ossowski  07.11.2025

Interview

Schauspieler Jonathan Berlin über seine Rolle als Schoa-Überlebender und Mengele-Straßen

Schauspieler Jonathan Berlin will Straßen, die in seiner Heimat Günzburg nach Verwandten des KZ-Arztes Mengele benannt sind, in »Ernst-Michel-Straße« umbenennen. Er spielt in der ARD die Rolle des Auschwitz-Überlebenden

von Jan Freitag  07.11.2025

Paris

Beethoven, Beifall und Bengalos

Bei einem Konzert des Israel Philharmonic unter Leitung von Lahav Shani kam es in der Pariser Philharmonie zu schweren Zwischenfällen. Doch das Orchester will sich nicht einschüchtern lassen - und bekommt Solidarität von prominenter Seite

von Michael Thaidigsmann  07.11.2025

TV-Tipp

Ein Überlebenskünstler zwischen Hallodri und Held

»Der Passfälscher« ist eine wahre und sehenswerte Geschichte des Juden Cioma Schönhaus, der 1942 noch immer in Berlin lebt

von Michael Ranze  07.11.2025

Provenienzforschung

Alltagsgegenstände aus jüdischem Besitz »noch überall« in Haushalten

Ein Sessel, ein Kaffeeservice, ein Leuchter: Nach Einschätzung einer Expertin sind Alltagsgegenstände aus NS-Enteignungen noch in vielen Haushalten vorhanden. Die Provenienzforscherin mahnt zu einem bewussten Umgang

von Nina Schmedding  07.11.2025

Interview

»Mascha Kaléko hätte für Deutschland eine Brücke sein können«

In seinem neuen Buch widmet sich der Literaturkritiker Volker Weidermann Mascha Kalékos erster Deutschlandreise nach dem Krieg. Ein Gespräch über verlorene Heimat und die blinden Flecken der deutschen Nachkriegsliteratur

von Nicole Dreyfus  07.11.2025