Interview

»Wasser wird auch in Sachsen immer knapper«

Wolfram Günther (r.) im Wald nahe Beer Sheva Foto: PR

Herr Günther, Israel besteht rund zur Hälfte aus Wüste. Was kann man da über den Umgang mit dem Klimawandel lernen?
Wir haben uns angeschaut, wie hocheffizient man dort mit der knappen Ressource Wasser umgeht. Wir waren in der Wüste Negev am Blaustein-Institut der Ben-Gurion-Universität und beim Unternehmen Netafim, das vor Jahrzehnten die Tröpfchen-Bewässerung erfunden hat. Damals hat man gesagt: Das kann in der Wüste gar nicht funktionieren, und mittlerweile ist das der Weltmarktführer in dieser Technik. Im Klärwerk Shafdan haben wir uns zeigen lassen, wie das Abwasser von Millionen Menschen im Großraum Tel Aviv zu 100 Prozent so aufbereitet wird, dass es wieder Trinkwasserqualität hat und zur Bewässerung in der Negevwüste eingesetzt werden kann.

Inwiefern sind die Dinge, die Sie in Israel gelernt haben, in Sachsen anwendbar? Die klimatischen Bedingungen sind ja andere.
Wir haben natürlich in Sachsen bei Weitem nicht so wenig Wasser wie Israel. Aber Wasser wird auch hier immer knapper. Seit 2018 hatten wir fünf ausgesprochene Trockenjahre in Folge, Sachsen hat eine Grundwasserdürre. Wir haben uns in Israel Lösungen für extreme Verhältnisse angesehen, um zu lernen, was man in Sachsen, bei nicht ganz so extremen Verhältnissen, daraus machen kann. Auch bei uns gibt es Bereiche, etwa im Gemüseanbau, wo es ohne Bewässerung künftig nicht mehr geht.

Welches Projekt, welche Idee hat Sie auf der Reise am meisten beeindruckt?
Die Effizienz in diesen Systemen für Tröpfchenbewässerung, mit wie wenig Ressourcen man so viel Ertrag hinbekommt. Und wie man es schafft, Abwasser in solchen Mengen zu 100 Prozent aufzubereiten, und das praktisch in Trinkwasserqualität. Und: Hinter all dem stehen Leute, die mit einem Höchstmaß an Energie und Ideenreichtum diese Projekte entwickeln. Da bekommt man schon eine Vorstellung, warum Israel so innovativ ist.

Sie haben in Israel zahlreiche NGOs getroffen. Wie ist das Thema Klimawandel in der Zivilgesellschaft verankert?
Mein Eindruck ist: Das Thema bewegt sehr viele Menschen. Vor allem, wie man mit den Folgen der Klimakrise umgeht, weil man in Israel auch wirklich mit der Nase darauf gestoßen wird angesichts von so wenig Wasser und zunehmenden Hitzewellen. Die Klima­krise scheint mir dort weniger ein politisches Thema zu sein als ein Common-Sense-Thema. Und die NGOs sehen das Thema Klimakrise als sehr eng verbunden mit anderen Fragen von Teilhabe, Geschlechtergerechtigkeit und liberaler Demokratie.

Sie haben mit dem israelischen Landwirtschaftsminister Avi Dichter eine engere Zusammenarbeit vereinbart. Wie soll diese im Detail aussehen?
Unsere israelischen Gesprächspartner waren sehr interessiert an unseren Initiativen für mehr regionale Wertschöpfung. Wir wollen in Sachsen unsere Landwirte unabhängiger machen – vom Weltmarkt, von den Großstrukturen des Einzelhandels. Wir brauchen mehr Vielfalt in der Fläche – für mehr Klimaschutz und kürzere Wege. In Israel schaut man auf dasselbe Thema vor dem Hintergrund, dass man politisch in einer Insellage ist, die Versorgung sicherstellen muss und unabhängiger von Importen werden will. Überall, wo wir waren, gab es ein großes Interesse, dass man diesen Austausch verstetigt, auch auf den Arbeitsebenen. Und dafür sorgen wir jetzt.

Mit Sachsens Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft sprach Thyra Veyder-Malberg.

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