In Hollywood wird seit drei Jahren darüber diskutiert, ob der Darsteller Aaron Taylor-Johnson im überfälligen, nächsten 007-Film James Bond verkörpern wird oder nicht. Er wäre nicht der erste Jude, der zu der Filmserie beiträgt. Bereits an den ersten drei Streifen waren zwei jüdische Macher beteiligt.
Der Kanadier Harry Saltzman (1915 - 1994) war zusammen mit dem Italo-Amerikaner Albert R. Broccoli Teil eines Produzenten-Duos, das von 1962 bis 1974 für fast alle Filme verantwortlich war. Diese Kooperation begann mit dem ersten Bond-Thriller Dr. No (Deutscher Titel: James Bond jagt Dr. No) und endete mit dem neunten Film The Man with the Golden Gun (Der Mann mit dem Goldenen Colt).
Letztere Produktion war der zweite 007-Kracher mit Roger Moore als Hauptdarsteller, der 1973 mit Live and Let Die (Leben und sterben lassen) Sean Connery (sechs reguläre Bond-Filme) und George Lazenby (ein Film) beerbt hatte. In den frühen Bond-Jahren wurde nur ein einziger Film nicht vom Saltzman-Broccoli-Gespann produziert, nämlich Thunderball (Feuerball) von 1965.

Broadway und Bond
Harry Saltzman, dessen eigentlicher Vorname Herschel war, hatte einen kurzweiligen Werdegang. In Québec wurde er geboren, zog dann aber mit seiner großen Familie in die USA. Mit 15 lief er von Zuhause weg, mit 17 trat er einem Zirkus bei. Später betrieb er Schaukelpferdmaschinen in Kaufhäusern, studierte Betriebswirtschaft in Paris und trat der U.S. Air Force bei.
Seine Produzentenkarriere verlief alles andere als glatt. Finanzielle Probleme und Gerichtsverfahren waren eine Zeit lang an der Tagesordnung. Die Produktion der Bond-Filme funktionierte jedoch wie geölt. Saltzman zog zwischen den USA und England hin und her. Er war dreimal verheiratet und hatte vier Kinder. Im September 1994 starb er 78-jährig an einem Herzinfarkt, den er während eines Besuches in Paris erlitt.
Der nächste Jude, ohne den die Bond-Film-Serie schwer vorstellbar ist, war der Drehbuchautor Richard Maibaum (1909 - 1991) aus New York. Schon als Student schrieb er Theaterstücke. Sein Stück mit dem Titel The Tree, in dem das Lynchen thematisierte wurde, landete auf einer Broadway-Bühne, als er gerade einmal 22 Jahre alt war.
Antisemitische Verschwörungsmythen
Richard Maibaum schrieb die Drehbücher für immerhin 13 Bond-Streifen. Diese Aktivität begann mit Dr. No und endete 1989 mit License to Kill, als Timothy Dalton den Geheimagenten verkörperte. Maibaum hatte daher mehr Einfluss auf die Bond-Serie, als alle anderen Drehbuchschreiber.
Interessant ist die Tatsache, dass sowohl Saltzman als auch Maibaum den 007-Film Goldfinger machten. Dies ist der Fall, obwohl die Idee für diese Story Kritikern zufolge auf alten, antisemitischen Verschwörungsmythen basiert: Ein Mann mit einem jüdisch klingenden Namen, nämlich der von Gert Fröbe gespielte Auric Goldfinger, hat nur Gold im Kopf und geht sprichwörtlich über Leichen, um immer mehr davon anzuhäufen.
Lewis Gilbert (1920 - 2018) ist der dritte Jude, der Bond erheblich beeinflusste. Der Londoner führte erstmals 1967 Regie bei 007. You Only Live Twice (Man lebt nur zweimal) geht auf ihn zurück. Dann setzte er erstmal zehn Jahre aus.

Alleiniger Produzent
Im Jahr 1976 bekam Gilbert einen Anruf von Albert R. Broccoli, der mittlerweile nicht mehr mit Harry Saltzman kooperierte, sondern alleiniger Produzent war. Er bat ihn, zurückzukommen. Das Ergebnis: Lewis Gilbert schuf die beiden besten James-Bond-Filme, die jemals gedreht wurden, nämlich The Spy Who Loved Me (Der Spion, der mich liebte) von 1977 und Moonraker von 1979, beide mit Roger Moore.
Wenn wir es genau nehmen, ist sogar ein vierter Jude maßgeblich beteiligt, nämlich Monty Norman (1928 - 2022). Der britische Musiker komponierte das »James Bond Theme«, das in fast jedem Bond-Film ganz am Anfang ertönt. Lediglich in Casino Royale von 2006 wurde die Melodie ans Ende verfrachtet.
Sollte Aaron Taylor-Johnson James Bond werden, so wäre er der vierte oder fünfte Jude, der maßgeblich zur Filmgeschichte des MI6-Agenten beitragen würde, je nachdem, wer mitgezählt wird.
Was Taylor-Johnson auch macht: In Zukunft wird die James-Bond-Filmserie so oder so noch jüdischer sein als bisher. Denn der Brite David Heyman, dessen Vorfahren väterlicherseits deutsche Juden waren, die vor Hitler flohen, und die amerikanische Jüdin Amy Pascal wurden als Produzenten des geheimnisvollen, nächsten Bond-Streifens genannt. Einen Anruf von Broccoli gibt es diesmal nicht, dafür aber wahrscheinlich einen geschüttelten Drink und den obligatorischen, spurtstarken Aston Martin.