Hören!

Wer war Brigitte Schiffer?

Das Sonar Quartett 2016 Foto: Deutschlandradio/Thomas Kujawinski

Sie war deutsch-jüdische Komponistin, Musikethnologin und Pädagogin – doch trotz ihrer spannenden Lebensgeschichte ist sie heute vorwiegend Insidern ein Begriff. »Musica reanimata«, der Verein zur Wiederentdeckung NS-verfolgter Künstler, widmete Brigitte Schiffer (1909–1986) im Jahr 2014 ein Gesprächskonzert im Berliner Konzerthaus.

Ihr Streichquartett, die fast einzig erhaltene Komposition, wurde auch vom Sonar Quartett im Deutschlandfunk aufgeführt – beim Forum neuer Musik 2016 »Jüdische Identitäten«. Nun begibt sich der Sender in seiner Reihe »Atelier neuer Musik« erneut auf die Spuren der vielseitigen Komponistin – unter dem Titel »Totally not religious«.

KAIRO Wer war Brigitte Schiffer? »Fotos zeigen sie am Steuer eines Jeeps durch die Wüste rasen, bei wilden, verqualmten Partys oder beim Musizieren unter Palmen. (…) Die wenigen bekannten Bilddokumente illustrieren das kosmopolitische Leben einer vielseitig begabten, emanzipierten Frau. Dahinter verbirgt sich die reale Biografie einer Tochter jüdischer Eltern, die in Ägypten aufwuchs, in Kairo zu einer bedeutenden Musikpädagogin avancierte und die sich in den 60er-Jahren nicht für Israel, sondern für London entschied«, heißt es in der Ankündigung des Senders.

1909 in Berlin geboren, lebte Brigitte Schiffer unter anderem in Freiburg und der französischen Schweiz, bevor sie mit ihren Eltern nach Alexandria zog. Ab 1930 studierte sie in Berlin Komposition an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst bei Heinz Tiessen. Anfang der 30er-Jahre unternahm sie im Auftrag des Berliner Phonogramm-Archivs Forschungsreisen in die ägyptische Oase Siwa. Darüber promovierte sie 1935 bei dem Musikforscher Curt Sachs.

STREICHQUARTETT In den 30er-Jahren komponierte sie das Streichquartett in drei Sätzen, das nur in kleinem Kreis aufgeführt werden konnte. In Kairo, wohin sie 1935 zurückgekehrt war, lehrte sie als Professorin an der Musik­abteilung des Kairoer »Institute for Education of Girls«. 1950 hielt sie zum ersten Mal einen Vortrag zum Thema »Das Musikleben in Ägypten« bei den Internationalen Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik. 1963 zog sie nach London, wo sie 1986 starb. Einen Namen machte sie sich auch als Korrespondentin für Zeitungen und Musikfachzeitschriften. ag

»Totally not religious«: Brigitte Schiffer und ihr Streichquartett. Atelier Neuer Musik, Deutschlandfunk, Samstag, 14. August, 22.05 Uhr

Biografie

Vom Suchen und Ankommen

Die Journalistin hat ein Buch über Traumata, Resilienz und jüdische Identität geschrieben. Ein Auszug aus ihrer ungewöhnlichen Entdeckungsreise

von Sarah Cohen-Fantl  26.10.2025

Alina Gromova

»Jedes Museum ist politisch«

Die neue Direktorin des Jüdischen Museums München über ihre Pläne

von Katrin Diehl  26.10.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Herbstkaffee – und auf einmal ist alles so »ejn baʼaja«

von Nicole Dreyfus  26.10.2025

Auszug

»Ein Neuanfang ist möglich«

Der israelische Schriftsteller Eshkol Nevo führt sein Kriegstagebuch trotz Waffenstillstand weiter

von Eshkol Nevo  26.10.2025

Geheimnisse und Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  26.10.2025

Aufgegabelt

Couscous mit Gemüse

Rezept der Woche

von Katrin Richter  24.10.2025

Rezension

Kafkaeskes Kino: »Franz K.«

Die Regisseurin, die für Hitlerjunge Salomon eine Oscar-Nominierung erhielt, hat das Leben des Schriftstellers verfilmt. Der Zuschauer darf »Franz K.« nicht nur als gequältes Genie-Klischee, sondern als dreidimensionalen Menschen erleben

von Patrick Heidmann  24.10.2025

Talmudisches

Das Schicksal der Berurja

Die rätselhafte Geschichte einer Frau zwischen Märtyrertum und Missverständnis

von Yizhak Ahren  24.10.2025

Dresden

Jüdische Woche eröffnet

Das Event bietet bis Sonntag Tanz, Theater, Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und Gesprächsrunden

 24.10.2025