Sehen!

Vergessene Skulpturen

Eine neue Sonderausstellung im Berliner Georg Kolbe Museum würdigt den Sammler Alfred Flechtheim

von Maria Ossowski  11.07.2017 10:21 Uhr

Porträt von Alfred Flechtheim von Karl Hofer (um 1926) Foto: Ullstein

Eine neue Sonderausstellung im Berliner Georg Kolbe Museum würdigt den Sammler Alfred Flechtheim

von Maria Ossowski  11.07.2017 10:21 Uhr

Diese schönen, tief melancholischen Augen mit dem klugen, kritischen Blick. Diese unglaubliche Sicherheit im Urteil über ein Kunstwerk. Sein Witz, sein Charme, seine Beziehungen zu Künstlern weltweit. Alfred Flechtheim war ein Paneuropäer und geriet für die Nazis zum Zerrbild ihres Judenhasses schlechthin.

Der 1878 in Münster geborene Kunsthändler, Sammler und Galerist sprach fließend Französisch, Russisch, Englisch und natürlich Deutsch. Er kannte die Ateliers aller großen Künstler seiner Zeit und galt als einer der wichtigsten Impulsgeber für die Kunst. Bekannt für die Gemälde, die er sammelte, geriet indes seine Skulpturensammlung in Vergessenheit.

aufregend Dem Berliner Georg Kolbe Museum ist es nun gelungen, Skulpturen, die Flechtheim einst besaß, in einer aufregenden, poetischen und hervorragend kuratierten Ausstellung zusammenzutragen: Barlach, Belling, Degas, Maillol, Lehmbruck und natürlich Georg Kolbe selbst werden in seinem ehemaligen Atelierhaus präsentiert. Und Flechtheim hatte ein unbestechliches Urteil, entdeckte zum Beispiel Edgar Degas als Bildhauer. »Degas, hauptsächlich als Maler bekannt, hatte auch mehr als 70 Skulpturen hinterlassen, die bis zu seinem Tod kaum jemand gesehen hatte. Zwei dieser Arbeiten sind jetzt in Berlin zu sehen«, erklärt Julia Wallner, die Direktorin und Kuratorin der Ausstellung.

Die ganze Schau ist eine kleine Sensation. Sie zeigt, wie ein Kunstkenner mit seiner ganzen Persönlichkeit die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts entscheidend mitgeprägt hat. Zu den Besonderheiten gehört auch, dass sie Widersprüche zulässt. Flechtheim sammelte auch den späteren Hitlerliebling und Nazikünstler Arno Breker; dieser war in den 20er-Jahren ein hochbegabter und vielversprechender Bildhauer. Die Extreme jener Zeit kulminieren in Brekers Büste des Künstlers Moshe Kogan, den die Nazis später in Auschwitz ermordeten.

Aus Güstrow, vom Städel Museum, aus der Kunsthalle Bremen, aus der Hamburger Kunsthalle und vielen weiteren Häusern hat Julia Wallner Flechtheims Skulpturen geliehen und darauf geachtet, dass die Herkunft unbelastet ist. Meist hat Flechtheim diese Werke in den 20er-Jahren an die Museen verkauft. Er selbst starb 1937 verarmt auf der Flucht in London.

Die Autorin ist ARD-Kulturkorrespondentin für Berlin beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB).

Alfred Flechtheim: »Kunsthändler der Moderne«. Georg Kolbe Museum Berlin, bis zum 17. September

Alexander Estis

»Ich bin Pessimist – aber das wird bestimmt bald besser«

Der Schriftsteller über die Folgen der Kriege in der Ukraine und Nahost, Resilienz und Schreiben als Protest

von Ayala Goldmann  12.12.2024

Kino

Film-Drama um Freud und den Lieben Gott

»Freud - Jenseits des Glaubens« ist ein kammerspielartiges Dialogdrama über eine Begegnung zwischen Sigmund Freud und dem Schriftsteller C.S. Lewis kurz vor dem Tod des berühmten Psychoanalytikers

von Christian Horn  12.12.2024

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Dezember bis zum 18. Dezember

 12.12.2024

London

Hart, härter, Aaron Taylor-Johnson

Ein Marvel-Schurke zu sein, ist körperlich extrem anstrengend. Dies räumt der jüdische Darsteller nach dem »Kraven The Hunter«-Dreh ein

 11.12.2024

PEN Berlin

»Gebot der geistigen und moralischen Hygiene«

Aus Protest gegen Nahost-Resolution: Susan Neiman, Per Leo, Deborah Feldman und andere verlassen den Schriftstellerverein

 11.12.2024

Medien

»Stern«-Reporter Heidemann und die Hitler-Tagebücher

Es war einer der größten Medienskandale: 1983 präsentierte der »Stern« vermeintliche Tagebücher von Adolf Hitler. Kurz darauf stellten die Bände sich als Fälschung heraus. Ihr »Entdecker« ist nun gestorben

von Ann-Kristin Wenzel  10.12.2024

Imanuels Interpreten (2)

Milcho Leviev, der Bossa Nova und die Kommunisten

Der Pianist: »Ich wusste, dass ich Bulgarien verdammt zügig verlassen musste«

von Imanuel Marcus  10.12.2024

Glosse

Der Rest der Welt

»Mein kleiner grüner Kaktus« – ein Leitfaden für Frauen von heute

von Nicole Dreyfus  10.12.2024

Gelsenkirchen

Bayern-Trainer Kompany: Daniel Peretz genießt mein Vertrauen

Daniel Peretz soll Manuel Neuer bis zum Jahresende im Bayern-Tor vertreten. Trainer und Mitspieler vertrauen dem Israeli. Neuer könnte in einem Monat in Gladbach zurückkehren

 10.12.2024