Archäologie

Ton, Steine, Scherben

Die damaligen Einwohner Kanaans hätten die psychoaktive Droge offenbar als »Beigabe für die Toten« verwendet, hieß es von der Tel Aviver Universität, des Weizmann-Instituts und der israelischen Altertumsbehörde. Foto: Ulrich Sahm

Eine seltene Werkstatt zur Herstellung von Kreidegefäßen aus der Römerzeit wird derzeit bei Reina in Untergaliläa ausgegraben. Archäologen entdeckten eine kleine Höhle mit Tausenden von Kreidekernen und anderen Produktionsabfällen, darunter Fragmente von Steinbechern und Schüsseln in verschiedenen Stadien der Herstellung. Die antike Stätte wurde bei Bauarbeiten in einem städtischen Sportzentrum in der Gemeinde Reina aufgedeckt. Dies ist die vierte Werkstatt ihrer Art, die jemals in Israel gefunden worden ist. Weitere Werkstätten wurden im Jerusalemer Gebiet entdeckt.

Yonatan Adler, Dozent an der Universität Ariel und Leiter der Ausgrabungen im Auftrag der Antikenbehörde, erklärte: »In antiker Zeit wurden Geschirr, Kochtöpfe und Krüge zur Aufbewahrung von Speisen meist aus Töpferware gemacht. Im ersten Jahrhundert n.d.Z. benutzten Juden in Judäa und Galiläa auch Geschirr und Lagergefäße aus weichem Kreidestein.«

Reinheit Die Gründe für diese merkwürdige Materialauswahl waren religiöser Art. »Nach dem alten jüdischen Ritualgesetz werden Gefäße aus Ton leicht unrein und müssen zerbrochen werden. Stein dagegen war ein Material, das niemals rituell unrein werden konnte. Deshalb begannen die Juden, einen Teil ihres alltäglichen Tafelgeschirrs aus Stein herzustellen.

Obwohl Kreidegefäße an vielen jüdischen Stätten im ganzen Land gefunden wurden, ist es ungewöhnlich, einen Ort zu entdecken, an dem solche Gefäße tatsächlich produziert wurden. Unsere Ausgrabungen unterstreichen die zentrale Rolle der rituellen Reinheitsgesetze nicht nur in Jerusalem, sondern auch im fernen Galiläa«, erläutert Adler. Die Einhaltung dieser Reinheitsgesetze war bis zum Jahr 135 üblich, dem Ende des Bar-Kochba-Aufstands gegen die Römer.

Bei den Ausgrabungen wird eine künstlich gehauene Höhle erforscht, in der die Arbeiter den Rohstoff für die Kreidegefäße abbauten. Meißelzeichen bedecken die Wände, die Decke und den Boden der Höhle. Innerhalb der Höhle und auf dem Boden in der Nähe liegen verstreut Tausende von Steinkernen: industrielle Abfälle aus Stein, wo die Kelche und Schüsseln mit einer Drehmaschine produziert wurden. Hunderte von unfertigen Gefäßen liegen dort auch verstreut herum. Sie wurden wohl während des Produktionsprozesses beschädigt und vor Ort weggeworfen. Die fertigen Produkte wurden in der ganzen Region Galiläas vermarktet.

Produktion Yardenna Alexandre, Archäologin der israelischen Antikenbehörde, hat sich auf das Studium der römischen Periode in Galiläa spezialisiert: »Im Laufe der Jahre haben wir Fragmente dieser Art von Steingefäßen neben Töpferware bei Ausgrabungen in Häusern in ländlichen und städtischen jüdischen Stätten der römischen Periode bei Kafr Kanna, Sepphoris und Nazareth gefunden. Jetzt haben wir zum ersten Mal eine noch nie dagewesene Gelegenheit, einen Ort zu untersuchen, an dem diese Gefäße tatsächlich in Galiläa produziert wurden.«

Die Tatsache, dass Juden damals aus religiösen Gründen Steingefäße verwendet haben, ist auch in talmudischen Quellen und im Neuen Testament bezeugt. Das Phänomen wird in der Geschichte der Hochzeit von Kana im Johannes-Evangelium erwähnt, wo Jesus Wasser in sechs »steinernen Krügen, gemäß der jüdischen Reinheitsgesetze« in Wein verwandelt hatte. Jedes Steingefäß konnte zwischen 80 und 120 Liter fassen.

Der Fundort der Werkstatt in Reina liegt nicht weit von dem heutigen Dorf Kafr Kanna entfernt.

TV-Tipp

Ein äußerst untypischer Oligarch: Arte-Doku zeigt Lebensweg des Telegram-Gründers Pawel Durow

Der Dokumentarfilm »Telegram - Das dunkle Imperium von Pawel Durow« erzählt auf Arte und in der ARD-Mediathek die Geschichte der schwer fassbaren Messengerdienst-Plattform-Mischung und ihres Gründers Pawel Durow

von Christian Bartels  24.11.2025

Nachruf

Das unvergessliche Gesicht des Udo Kier

Er ritt im Weltall auf einem T-Rex, spielte für Warhol Dracula und prägte mit einem einzigen Blick ganze Filme. Udo Kier, Meister der Nebenrolle und Arthouse-Legende, ist tot. In seinem letzten Film, dem Thriller »The Secret Agent«, verkörpert er einen deutschen Juden

von Christina Tscharnke, Lisa Forster  24.11.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Nürnberg

»Tribunal 45«: Ein interaktives Spiel über die Nürnberger Prozesse

Darf man die Nürnberger Prozesse als Computerspiel aufarbeiten? Dieses Spiel lässt User in die Rolle der französischen Juristin Aline Chalufour schlüpfen und bietet eine neue Perspektive auf die Geschichte

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Sderot

Zweitägiges iranisches Filmfestival beginnt in Israel

Trotz politischer Spannungen will das Event einen Dialog zwischen Israelis und Iranern anstoßen

von Sara Lemel  24.11.2025

Genetik

Liegt es in der Familie?

Eierstockkrebs ist schwer zu erkennen. Warum ein Blick auf den Stammbaum nützen kann

von Nicole Dreyfus  23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

Aufgegabelt

Linsenpfannkuchen von König David

Rezept der Woche

von Jalil Dabit, Oz Ben David  22.11.2025