Gorki-Theater

»Slippery Slope«

»Slippery Slope« handelt von Identitätspolitik, Pervertierung von Feminismus und Social-Media-Wahn. Foto: PR

Gorki-Theater

»Slippery Slope«

Ein schriller, optisch blendender und musikalisch überragender Abend von Yael Ronen

von Ayala Goldmann  19.12.2021 06:19 Uhr

Er steht wieder auf der Bühne: Vier Jahre nach seinem Cancel-Culture-Skandal wagt der schwedische Musiker Gustav Gundes­son ein Comeback. Zwar wurde dem abgehalfterten Star mit hellblonder Perücke, Cowboystiefeln und einem fatalen Hang zu Ethno-Klängen nahegelegt, auf Roma-Musik zu verzichten, und auch Klezmer will der alternde Schwede (trotz vaterjüdischer Frau) vorerst nicht mehr zu Gehör bringen.

VORWÜRFE Denn die Vorwürfe gegen Gundesson, vorgetragen als Frauengesang von einem Anklägerinnen-Trio mit bunten Masken, klingen heftig: »Kulturelle Aneignung, rassistische Auslegung, Missbrauch und Degradierung, Ausbeutung, deklariert als Kooperation …«

Slippery Slope von Yael Ronen, Shlomi Shaban, Riah May Knight und Itay Reicher am Berliner Gorki-Theater erzählt als »fast ein Musical« die Geschichte einer Rutschpartie – visualisiert durch einen abschüssigen Steg. Gundesson (Lindy Larsson), unglücklich verheiratet mit der machthungrigen Chefredakteurin Klara (Anastasia Gubareva), beginnt eine Affäre mit der 18-jährigen Roma-Sängerin Sky (Riah May Knight).

TIKTOK Wenig später muss er feststellen, dass Sky einen anderen prominenten Förderer sowie 90 Millionen Follower auf TikTok gefunden hat. In einem angeblich von Fortnite (!) gesponserten Online-Talk behauptet Sky, sie verdanke Gustav viel, doch habe er sie ausgenutzt und ein »Roma-Klischee« bedient. Im Chat beantwortet die Sängerin alle Fragen von Fans nach zukünftigen Konzerten – nur auf Israel als Auftrittsort möchte sie sich lieber nicht festlegen. »Löschen, blockieren, mehr Emojis!« ist ihre Devise.

Infolge von »Tipps aus dem Umkreis seiner Mitarbeiter« wird Gustav ein Musikpreis vorenthalten. Die feministische Journalistin Stanka Sto (Vidina Popov), Angestellte von Klara, wittert eine Enthüllungsstory. Doch Sky, die sich in einem genial-grässlichen Kuscheltier-Kostüm (Amit Ebstein) mit Stanka trifft, sieht sich nicht als Missbrauchsopfer.

KRISENSTRATEGIE Auch Klara, die ihren Posten durch Verzicht auf eine #Me­Too-Story ergatterte, weckt keine Sympathien. Einziger Gewinner der dystopischen Soap ist der windige PR-Experte Kahn (Emre Aksizoglu), der Klara als Krisenstrategie die Scheidung von Gustav verkauft.

Slippery Slope handelt Identitätspolitik, Pervertierung von Feminismus und Social-Media-Wahn in einem schrillen, optisch blendenden und musikalisch überragenden Abend kompakt ab. Allerdings sind sämtliche Figuren so verlogen und unsympathisch, dass man sie nicht länger als 90 Minuten ertragen könnte.

Aufgegabelt

Iced Tahini Latte

Rezepte und Leckeres

 02.07.2025

Essay

Wenn der Wutanfall kommt

Kleine Kinder können herausfordern. Was macht das mit Eltern? Reflexionen einer Mutter

von Nicole Dreyfus  02.07.2025

Meinung

Die Erforschung von Antisemitismus braucht Haltung und Strukturen

Damit die universitäre Wissenschaft effektiv zur Bekämpfung von Judenhass beitragen kann, muss sie zum einen schonungslos selbstkritisch sein und zum anderen nachhaltiger finanziert werden

von Lennard Schmidt, Marc Seul, Salome Richter  02.07.2025

Nach Skandal-Konzert

Keine Bühne bieten: Bob-Vylan-Auftritt in Köln gestrichen

Die Punkband hatte beim Glastonbury-Festival israelischen Soldaten den Tod gewünscht

 02.07.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 3. Juli bis zum 10. Juli

 02.07.2025

Kino

Düstere Dinosaurier, frisches Starfutter

Neuer »Jurassic World«-Film mit Scarlett Johansson läuft in Deutschland an

von Ronny Thorau  01.07.2025

Berlin

Ausstellung »Die Nazis waren ja nicht einfach weg« startet

Die Aufarbeitung der NS-Zeit hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Wendungen genommen. Eine neue Ausstellung in Berlin schaut mit dem Blick junger Menschen darauf zurück

von Lukas Philippi  01.07.2025

München

Fritz-Neuland-Gedächtnispreis gegen Antisemitismus erstmals verliehen

Als Anwalt stand Fritz Neuland in der NS-Zeit anderen Juden bei. In München wird ein nach ihm benannter Preis erstmals verliehen: an Polizisten und Juristen, die sich gegen Antisemitismus einsetzen

von Barbara Just  30.06.2025

Forschung

Digitales Archiv zu jüdischen Autoren in der NS-Zeit

Das Portal umfasst den Angaben zufolge derzeit rund eine Million gespeicherte Informationen

 30.06.2025