Medien

Simon Wiesenthal Center fordert Verbot von »Landser«-Heften

»Woche für Woche Erlebnisberichte vom Frontgeschehen des Zweiten Weltkrieges«: Landser-Hefte Foto: imago

Sie heißen »An der Reichsgrenze«, »Treu bis zum Ende« oder »Durch den Feind hindurch« – die wöchentlich erscheinenden Hefte der Publikation »Der Landser«. In dem Magazin der Bauer Media Group erscheinen laut Selbstdarstellung »Woche für Woche Erlebnisberichte vom Frontgeschehen des Zweiten Weltkrieges«.

Aus »Sicht der kämpfenden Truppe und durch die Erinnerung einzelner Personen« werde dabei die »größte kriegerische Auseinandersetzung der Weltgeschichte in ihrer ganzen Dramatik deutlich«. Seit 1957 erscheinen die Hefte, die ihre Leser mit »Schilderungen der ungeheuren Strapazen und Opfer« versorgen, »die der Krieg 1939–1945 tagtäglich von den Soldaten und Offizieren forderte«, so die Selbstdarstellung weiter.

Verbot Das Simon Wiesenthal Center (SWC) hat nun gefordert, diese Publikation zu verbieten. Das Magazin glorifiziere die Waffen-SS und Mitglieder der sogenannten Totenkopf-Einheit. Zudem bereinige es das »Dritten Reich«, heißt es in einer Veröffentlichung.

Das SWC hat sich mit seinem Brief auch an das Bundesjustizministerium und das Bundesinnenministerium gewendet. Die Ministerien sollten prüfen, ob Paragraf 86 des Strafgesetzbuches verletzt werde, der die Verherrlichung von Nazismus verbietet. Der Aufruf, sagte Rabbiner Marvin Hier vom Simon Wiesenthal Center, käme zu einer Zeit, in der 20 Prozent der Deutschen antisemitische Vorurteile hätten.

Die Bauer Media Group erklärte in einer Stellungnahme, alle ihre Publikationen »stehen im Einklang mit den in Deutschland geltenden Gesetzen. Das gilt auch für ›Der Landser‹«. Die deutsche Öffentlichkeit sei äußerst sensibel und aufmerksam, wenn es um die mit dem Zweiten Weltkrieg verbundenen Themen gehe, insbesondere um die Naziverbrechen, heißt es in dem Statement weiter. Der Verlag lege größten Wert darauf, dass in der Publikation weder der Nationalsozialismus verherrlicht noch Naziverbrechen verharmlost würden. Zudem lasse der Verlag »freiwillig die Ausgaben presserechtlich überprüfen«.

Kriegsverbrecher Das SWC beruft sich auf die aktuelle Studie »Glorifying the Waffen-SS and Nazi War Criminals« des Historikers Stefan Klemp. Darin hatte Klemp jüngere Ausgaben von »Der Landser« untersucht. »Ich bin auf insgesamt 29 Angehörige der Waffen-SS gekommen, die in den Heften vorgestellt werden, von denen drei nachweislich an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen waren, neun Einheiten angehört haben, die an Verbrechen beteiligt gewesen sind«, sagte Klemp der Jüdischen Allgemeinen.

Laut Klemp würden die Personen in Porträts auf der zweiten Seite der Hefte »als Ordensträger vorgestellt«, erzählt der Historiker. In diesen Texten werde beschrieben, dass sie »Kriegsauszeichung erhalten« haben, es werde geschildert, welche »›Heldentaten‹ diese Menschen vollbracht« hätten, und sie würden als ehrenhafte deutsche Soldaten präsentiert.

Klemp ging es in seiner Studie nicht um die Kurz-Romane, die in »Der Landser« publiziert werden, sondern um die Tatsache, »dass in der Publikation Personen als Helden vorgestellt werden, die aus meiner Sicht zum Teil Verbrecher sind«. Klemp sagte, der Verlag sollte sich überlegen, ob es statthaft ist, dass man Verbrecher als Helden vorstelle«.

Netflix-Serie

Balsam für Dating-Geplagte? Serienhit mit verliebtem Rabbiner

»Nobody Wants This« sorgt derzeit für besonderen Gesprächsstoff

von Gregor Tholl  23.10.2024

Herta Müller

»Das Wort ›Märtyrer‹ verachtet das Leben schlechthin«

Die Literaturnobelpreisträgerin wurde mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

von Herta Müller  23.10.2024

Essay

Die gestohlene Zeit

Der Krieg zerstört nicht nur Leben, sondern auch die Möglichkeit, die Zukunft zu planen, schreibt der Autor Benjamin Balint aus Jerusalem anlässlich des Feiertags Simchat Tora

von Benjamin Balint  23.10.2024

Dokumentation

»Eine Welt ohne Herta Müllers kompromisslose Literatur ist unvorstellbar«

Herta Müller ist mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet worden. Lesen Sie hier die Laudatio von Josef Joffe

von Josef Joffe  23.10.2024

Literatur

Leichtfüßiges von der Insel

Francesca Segals Tierärztin auf »Tuga«

von Frank Keil  21.10.2024

Berlin

Jüdisches Museum zeigt Oppenheimers »Weintraubs Syncopators«

Es ist ein Gemälde der Musiker der in der Weimarer Republik berühmten Jazzband gleichen Namens

 21.10.2024

Europa-Tournee

Lenny Kravitz gibt fünf Konzerte in Deutschland

Der Vorverkauf beginnt am Mittwoch, den 22. Oktober

 21.10.2024

Geistesgeschichte

Entwurzelte Denker

Steven Aschheim zeigt, wie jüdische Intellektuelle den Herausforderungen des 20. Jahrhunderts begegneten

von Jakob Hessing  21.10.2024

Heideroman

Wie ein Märchen von Wölfen, Hexe und Großmutter

Markus Thielemann erzählt von den Sorgen eines Schäfers

von Tobias Kühn  21.10.2024