Los Angeles

Seth Rogen rechnet mit Hollywood ab

Seth Rogen bei der Premiere der Serie »The Studio« in Los Angeles Foto: picture alliance / Everett Collection

Matt Remick (Seth Rogen), der frischgebackene Chef des alten Hollywood-Studios Continental, steht vor einer Luxusvilla unter einer Palme, mit Blick auf Los Angeles. Er schüttet seiner Vorgängerin, der gerade geschassten Produzentin Patty (Catherine O’Hara), sein Herz aus. Das sei sein Traumjob, sinniert Matt. Nun könne er darüber entscheiden, welche Filme gemacht werden - und welche nicht. Er sei in die Branche eingestiegen, weil er Filme liebe. »Aber irgendwie beschleicht mich die Angst, dass es mein Job ist, sie zu ruinieren.«

Matt, ein eingefleischter Filmfan, ahnt es schon: Als Studiochef muss er sich mit den Eitelkeiten von Stars, geldgierigen Bossen, neidischen Kollegen, überzogenen Budgets, Streaming-Konkurrenten und dem Erfolgsdruck bei Trophäen-Shows herumschlagen.

Mit dem Star-Komiker Rogen (42) ist bei der neuen Comedyserie »The Studio« ein Multitalent an Bord, das höchst unterhaltsam und treffend bissig mit der Traumfabrik abrechnet. Der gebürtige Kanadier spielt nicht nur die Hauptrolle, gemeinsam mit seinem langjährigen Produktionspartner Evan Goldberg ist er auch als Schöpfer, Autor, Produzent und Regisseur an Bord. Das Duo wirkte schon an Komödien wie »Superbad«, »Ananas Express«, »Das ist das Ende« oder »Bad Neighbors« mit.

Prominente Gastrollen

In zehn Folgen der Comedyserie (ab dem 26. März beim Streamingdienst Apple TV+) wird Hollywood ordentlich in die Mangel genommen. Dazu holt Rogen eine Fülle von Stars in Gastrollen vor die Kamera, die sich selbst spielen, herrlich überspitzt oder völlig gegen ihren Typ.

Oscar-Preisträger Martin Scorsese bricht auf einer Party in Tränen aus, als ihm klar wird, dass er von Matt über den Tisch gezogen wurde. Der Studioboss hatte dem Regisseur für zehn Millionen Dollar die Rechte an seinem Drehbuch über ein Sekten-Massaker abgekauft, nur um das Projekt dann zu killen. Party-Gastgeberin Charlize Theron setzt Matt mit einem derben Schimpfwort vor die Tür.

In einer anderen Folge wird der in Hollywood als äußerst freundlich geltende Regisseur Ron Howard handgreiflich, als Matt seinen viel zu lang geratenen Film drastisch kürzen will. Stars wie Olivia Wilde, Greta Lee, Zac Efron, Dave Franco, Anthony Mackie oder Paul Dano treten selbstironisch in Aktion. Doch schon die Kernbesetzung um Rogen und sein Studioteam sorgt ständig für Lacher.

Lesen Sie auch

Selbstkritischer Rundumschlag

Da ist der raffgierige Studio-Boss Griffin Mill (Bryan Cranston), der mit ernster Miene seine Unternehmensphilosophie - »wir machen keine pseudo-künstlerischen Filme, wir machen Movies, für die Leute zahlen wollen« - einhämmert.

Da ist Matts neidischer Kollege Sal (Ike Barinholtz), der sich ständig mit der aufstrebenden Assistentin Quinn (Chase Sui Wonders) fetzt. US-Komikerin Kathryn Hahn (»Bad Moms«) spielt die Marketingchefin Maya, deren Wortschatz hauptsächlich aus Schimpfworten besteht.

Matt quält sich nun in seiner neuen Rolle als Chef des gebeutelten Studios, einen Mittelweg zwischen Kommerz und Kunst zu finden. Eigentlich möchte er lieber Filme wie »Der Stadtneurotiker 2« oder eine Fortsetzung von »Rosemaries Baby« drehen, doch die Anweisung von oben ist ein Blockbuster über den ikonischen Softdrink Kool-Aid im Stil von »Barbie«.

Selbstzweifel und Arroganz

Rogen spielt Matt mit einer absurd-komischen Mischung aus Selbstzweifeln und Arroganz, dem die Führungsrolle schnell über den Kopf wächst. Als Zuschauer leidet und lacht man mit, etwa als eine wichtige Präsentation auf der Kinomesse in Las Vegas völlig aus dem Ruder läuft. Nicht nur die Filmstars Zoë Kravitz und Dave Franco sind high, das ganze Team ist im Drogenrausch.

»The Studio« ist ein selbstkritischer Rundumschlag gegen Hollywood, aber gleichzeitig auch eine Liebeserklärung an die Filmindustrie, mit all ihren Fehlern und Macken.

Die gefeuerte Studiochefin Patty, von Catherine O’Hara (»Beetlejuice Beetlejuice«, »Schitt’s Creek«) wunderbar gespielt, bringt es auf den Punkt. »Dieser Job ist ein Fleischwolf«, warnt sie Matt. Man sei gestresst und fühle sich elend - »aber wenn alles gut läuft und du einen großen Film hast, ist das für die Ewigkeit«. »The Studio« bietet zumindest über zehn Folgen hinweg grandiose Unterhaltung.

Seth Aaron Rogen wurde 1982 in Vancouver geboren. Seine Familie stammt von ukrainischen und russischen Juden ab. Der Schauspieler, der die jüdische Grundschule Vancouver Talmud Torah Elementary School besuchte, bezeichnete seine Eltern einst als »radikale, jüdische Sozialisten«. (mit ja)

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  14.11.2025

Kunst

Illustrationen und Israel-Hass

Wie sich Rama Duwaji, die zukünftige »First Lady von New York«, auf Social Media positioniert

von Jana Talke  13.11.2025

Kino

Zwischen »Oceans Eleven« und Houdini-Inszenierung

»Die Unfassbaren 3« von Ruben Fleischer ist eine rasante wie präzise choreografierte filmische Zaubershow

von Chris Schinke  13.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 13.11.2025

Film

Dekadenz, Krieg und Wahnsinn

»Yes« von Nadav Lapid ist provokativ und einseitig, enthält aber auch eine tiefere Wahrheit über Israel nach dem 7. Oktober

von Sascha Westphal  13.11.2025

Kolumne

Hineni!

Unsere Autorin trennt sich von alten Dingen und bereitet sich auf den Winter vor

von Laura Cazés  13.11.2025

Zahl der Woche

-430,5 Meter

Fun Facts und Wissenswertes

 12.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 13. November bis zum 20. November

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025