Cartoons

Selten so gelacht

Jüdischer Humor, oy! Wo es um Humor geht, hat Henryk M. Broder einmal in einem Interview gesagt, kann es niemand mit uns Juden aufnehmen. Andererseits wird der »berühmte jüdische Humor« allzu häufig von allzu vielen als eine schlechte Parodie wirklichen jüdischen Humors kaputtzitiert.

Wie jüdischer Humor wirklich ist – oder besser: unter anderem sein kann –, hat das Schweizer Ehepaar Charles und Ruth Lewinsky mit seinen Cartoons in der Vergangenheit vielfach gezeigt. Jetzt haben die Lewinskys einen neuen Band mit humoristischen Zeichnungen unter dem Titel Kohnversation veröffentlicht.

Zum Glück für den Leser und den Humor im Allgemeinen, möchte man sagen. Denn oft sind Bücher mit jüdischem Humor – siehe oben – peinigend witzlos oder allzu klischiert. Ist doch der analysierende Part immer jener, bei dem Scherz, Satire und Ironie unter dem Skalpell der Interpretation zu zerfallen drohen.

Die Cartoons erfassen, was es heißt, Mensch zu sein.

Hier nicht. Die Methode des Schriftstellers und Drehbuchautors Lewinsky und seiner Frau, die Illustratorin ist, mutet richtig und angemessen an – kein Wort der Erläuterung, amüsante Wortwitze und Philosopheme, unter deren Lach-Mantel Schmerz hervorlugen, auch Bitterkeit und hie und da zudem Verzweiflung.

DIALOGE Auf jeder der 160 Seiten finden sich drei Bilder-Kästen. Die einen Witz bilden, ein Bonmot formen, auch einen Kalauer transportieren. Etwa: »Wir lachen so gern über andere« – »Warum gefällt es uns nicht« – »Wenn andere über uns lachen?« Oder: »Man kann auf zwei Arten arm werden« – »Indem man Schulden macht« – »Und indem man sie bezahlt.« Oder: »Meine Frau tut alles, was ich will« – »Und was willst du?« – »Frag meine Frau.«

Humor, vor allem literarischer Humor, ist ein Spiel. Ein Spiel mit Worten und Gesten. Es muss ein ungemein genaues Spiel sein. Umso schwieriger, wenn zur Wortjonglage noch die Zeichnung daherkommt. Genau das ist den Lewinskys vortrefflich gelungen. Kein Wort, kein Gesichtsausdruck ist jemals zu viel. Jede Pointe ist ein Treffer – und doch niemals ein billiger Kalauer. Vielmehr erfassen die Cartoons, was es heißt, Mensch zu sein.

Am Ende des Bandes fällt einem ein Satz Kierkegaards aus dem ansonsten nicht für große Lacher bekannten Dänemark ein: »Humor ist auch die Freude, welche die Welt überwunden hat.«

Charles & Ruth Lewinsky: »Kohnversation«. Nagel & Kimche, Zürich 2019, 160 S., 25 €

Interview

»Die Zeit der Exzesse ist vorbei«

In ihrem neuen Buch »Glamour« setzt sich die Berliner Autorin Ute Cohen mit Schönheit und Eleganz auseinander. Dabei spielt auch Magie eine Rolle - und der Mut, sich selbst in einer »Zwischenwelt« inszenieren zu wollen

von Stefan Meetschen  17.12.2025 Aktualisiert

Potsdam

Kontroverse um Anne-Frank-Bild mit Kufiya

Ein Porträt von Anne Frank mit Palästinensertuch in einem Potsdamer Museum entfacht Streit. Während Kritiker darin antisemitische Tendenzen sehen, verteidigt das Museum das Bild. Die Hintergründe

von Monika Wendel  17.12.2025

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  17.12.2025

Nachruf

Albtraum in der Traumfabrik

Eine Familientragödie hat den Hollywood-Riesen und seine Frau aus dem Leben gerissen. An Rob Reiners Filmen voller Menschenliebe wie »Harry und Sally« ist eine ganze Generation mitgewachsen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.12.2025

Theater

Die Krise des Schlemihl

»Sabotage« von Yael Ronen ist ein witziger Abend über einen Juden, der sich ständig für den Gaza-Krieg rechtfertigen muss

von Stephen Tree  17.12.2025

Forum

Leserbriefe

Kommentare und Meinungen zu aktuellen Themen der Jüdischen Allgemeinen

 17.12.2025

Zahl der Woche

30 Minuten

Fun Facts und Wissenswertes

 17.12.2025

Musik

Großes Konzert: Xavier Naidoo startete Tournee

Die Synagogen-Gemeinde Köln kritisiert: »Gerade in einer Zeit zunehmender antisemitischer Vorfälle ist es problematisch, Herrn Naidoo eine Bühne zu bieten«

 17.12.2025

"Imanuels Interpreten" (16)

Ethel Lindsey: Queer und funky

Die Französin mit israelischen Wurzeln bringt mit ihrem Debütalbum »Pretty Close« die 70er-Jahre zurück

von Imanuel Marcus  17.12.2025