Wuligers Woche

Seder verzweifelt gesucht

Manches bleibt uns zu Pessach erspart Foto: imago/ZUMA Press

Wuligers Woche

Seder verzweifelt gesucht

Ein Pessach-Dramolett

von Michael Wuliger  07.04.2020 17:47 Uhr

Mit den Sidarim wird es dieses Jahr aus bekannten Gründen wohl nichts. Statt mit Familie und Freunden gemeinsam am Tisch zu sitzen, muss man sich per Skype oder Zoom zuschalten. Das ist natürlich schade. Andererseits: Gam su l’tova, wie es im Talmud heißt – auch dies ist zum Guten. Szenen wie diese aus einem großstädtischen kinderlosen Doppelverdienerhaushalt bleiben uns dieses Pessach erspart.

Er: Wohin gehen wir eigentlich zum Seder?
Sie: Ich dachte, du wolltest dich darum kümmern.
Er: Hatte ich vergessen, sorry.
Sie: Wie immer. Typisch! Eine Woche vor Pessach fällt es dir ein. Ein Glück, dass meine Eltern uns eingeladen haben.
Er: Kommt nicht infrage! Ich habe keine Lust, mich wieder von deinem Onkel Joram beschimpfen zu lassen. »Selbsthassender Assimilationist« hat er mich voriges Jahr genannt.
Sie: Nachdem du ihn als Likud-Faschisten bezeichnet hast.
Er: Gehen wir lieber zu meinen Eltern. Da wird beim Seder wenigstens nicht die ganze Zeit über den Nahen Osten gestritten.
Sie: Dafür darf ich mir von deiner Mutter wieder anhören, wie schade es ist, dass du nicht Netty Kriegel geheiratet hast. Das tu’ ich mir nicht noch einmal an. Wie sieht’s bei unseren Freunden aus?
Er: Der Seder bei Mark und Klara Goldenberg soll toll sein. Die haben immer interessante Gäste.
Sie: Uns haben sie nicht eingeladen.
Er: Aber bei jeder Party, die wir machen, bleiben sie bis drei Uhr früh. Die beiden kommen mir nicht mehr ins Haus.
Sie: Wo wir Seder machen, ist damit immer noch nicht beantwortet.
Er: Wie wär’s, wenn wir zu Pessach wegfahren? In Venedig gibt es ein Vier-Sterne-Hotel direkt am Canale Grande, das einen Seder ausrichtet. Moment, ich guck mal. (Geht an den Laptop, tippt) Ausgebucht!
Sie: Und nu?
Er: Zur Not gibt’s immer noch den Gemeinde-Seder.
Sie: Nee. Zu viele Russen.
Er: Oder Chabad.
Sie: Noch mehr Russen. (Schweigen)
Er: Wir könnten ja auch mal selbst einen Seder machen.
Sie: »Wir« ist gut! Ich bin doch dann diejenige, die einkaufen darf und anschließend den ganzen Tag in der Küche steht. Ganz abgesehen davon, müsstest du als Hausherr durch die Haggada führen. (Kichert hämisch) Wo du nicht mal die Brachot am Schabbat ohne Stottern hinbekommst. Immerhin hätten die Gäste was zu lachen!
Er: Du musst nicht gleich beleidigend werden! Dein Gefilte Fisch aus dem Glas ist auch keine große Kochleistung.
Sie: Erspar’ mir die Chauvi-Sprüche!
Er (hebt an zu einer Replik, als das Telefon klingelt): Hallo. Gut, und selbst? Nein, wir haben noch nichts vor. Eigentlich wollten wir ja zu meinen Eltern fahren, aber lieber kommen wir natürlich zu euch. Wir bringen Wein mit. Den Roten vom Golan. Bis dann! (Wendet sich zu seiner Frau) Halperins laden uns zum Seder ein. Ein Problem weniger.
Sie: Baruch Haschem. (Kurze Pause) Wohin gehen wir eigentlich an Rosch Haschana?

USA

Trauer um Filmmusiker Mark Snow

Der Komponist starb am Freitag im Alter von 78 Jahren

 05.07.2025

Andrea Kiewel

»Sollen die Israelis sich abschlachten lassen?«

Die »Fernsehgarten«-Moderatorin äußert sich im »Zeit«-Magazin erneut deutlich politisch zu ihrer Wahlheimat

 03.07.2025

Medien

»Ostküsten-Geldadel«: Kontroverse um Holger Friedrich

Der Verleger der »Berliner Zeitung« irritiert mit seiner Wortwahl in Bezug auf den jüdischen Weltbühne-Gründer-Enkel Nicholas Jacobsohn. Kritiker sehen darin einen antisemitischen Code

von Ralf Balke  03.07.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  03.07.2025

Sehen!

»Hot Milk«

Die Mutter-Tochter-Geschichte unter der Regie von Rebecca Lenkie­wicz ist eine Adaption des Romans von Deborah Levy

von Anke Sterneborg  03.07.2025

Aufgegabelt

Iced Tahini Latte

Rezepte und Leckeres

 02.07.2025

Essay

Wenn der Wutanfall kommt

Kleine Kinder können herausfordern. Was macht das mit Eltern? Reflexionen einer Mutter

von Nicole Dreyfus  02.07.2025

Meinung

Die Erforschung von Antisemitismus braucht Haltung und Strukturen

Damit die universitäre Wissenschaft effektiv zur Bekämpfung von Judenhass beitragen kann, muss sie zum einen schonungslos selbstkritisch sein und zum anderen nachhaltiger finanziert werden

von Lennard Schmidt, Marc Seul, Salome Richter  02.07.2025

Nach Skandal-Konzert

Keine Bühne bieten: Bob-Vylan-Auftritt in Köln gestrichen

Die Punkband hatte beim Glastonbury-Festival israelischen Soldaten den Tod gewünscht

 02.07.2025