Judaistik

Recht modern

Am Morgen des 2. November ist in Tel Aviv nach langer schwerer Krankheit Rabbiner Moshe Reuven Zemer verstorben, Mitbegründer der israelischen Bewegung für progressives Judentum, der mit seinem Buch Halacha Sfuya (Jüdisches Religionsgesetz heute – Progressive Halacha) auch hierzulande bekannt geworden ist. Der Jurist Chaim Cohn schrieb 1998 im Vorwort dazu: »Die vorliegende Zusammenstellung präsentiert die beruhigende Einsicht, dass selbst göttlich inspiriertes Recht nicht unabänderlich zu sein braucht. Praktisch gesehen wird für den Staat Israel die Möglichkeit aufgezeigt, dass halachische Probleme auf fortschrittliche und für moderne Begriffe annehmbare Art zu lösen sind.«

Cohn war neben dem Talmudexperten Yitzchak Gilat ein Mentor von »Mel« Zemer, der am 1. Januar 1932 in Kansas City geboren wurde, in Cleveland aufwuchs und nach seiner Ordination 1960 am Hebrew Union College in Cincinnati in Jerusalem studierte und 1963 Alija machte. Noch im selben Jahr präsentierte Zemer David Ben Gurion seine Pläne für die Profilierung der jüdischen Reformbewegung in Israel.

Kämpfe »Mich erschreckte die gleichgültige, manches Mal geradezu feindselige Haltung, mit der viele Israelis der jüdischen Religion begegneten«, schrieb Zemer 1993. Als Gemeinderabbiner in Ramat-Gan, in Kfar Shmariyahu und schließlich in Tel Aviv, wo er 1968 die Kedem-Gemeinde gründete, tat er sich schwer mit dem Monopol des orthodoxen Oberrabbinats: »Ich musste öffentliche und juristische Kämpfe führen, mich an die Medien und das Oberste Gericht wenden, um das Existenzrecht unserer Reformsynagogen als Stätten des Gebets in Israel zu sichern.«

Mit Erfolg. Die Tel Aviver Reformgemeinde Beit Daniel, die aus Kedem hervorging, feierte gerade ihr 20-jähriges Bestehen. 1965 gründete Zemer MaRaM, die Konferenz israelischer Reformrabbiner, und stand 30 Jahre lang dem liberalen Beit Din Israels vor. Als Gemeinderabbiner im Ruhestand widmete sich Zemer verstärkt der akademischen Beschäftigung mit der Halacha, unter anderem als israelischer Direktor des Salomon B. Freehof Institute for Progressive Halacha, dessen Präsident Rabbiner Walter Jacob in Pittsburgh ist. »Zusammen mit Rabbiner John Rayner in London bildeten die beiden eine Trias der positiv-kritischen Beschäftigung mit der halachischen Tradition im progressiven Judentum und ihrer Adaption für die Gegenwart«, würdigt Rabbiner Walter Homolka, Rektor des Potsdamer Abraham Geiger Kollegs, seinen Lehrer Moshe Zemer.

TV-Tipp

»Fargo«: Spannend-komischer Thriller-Klassiker der Coen-Brüder

Joel und Ethan Coen erhielten 1997 den Oscar für das beste Originaldrehbuch

von Jan Lehr  03.12.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 4. Dezember bis zum 10. Dezember

 03.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  02.12.2025 Aktualisiert

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  02.12.2025

Streaming

Gepflegter Eskapismus

In der Serie »Call my Agent Berlin« nimmt sich die Filmbranche selbst auf die Schippe – mit prominenter Besetzung

von Katrin Richter  02.12.2025

Jean Radvanyi

»Anna Seghers war für mich ›Tschibi‹«

Ein Gespräch mit dem Historiker über die Liebesbriefe seiner Großeltern, Kosenamen und hochaktuelle Texte

von Katrin Richter  02.12.2025

TV-Kritik

Politisierende Ermittlungen

In »Schattenmord: Unter Feinden« muss eine arabisch-stämmige Polizistin den Mord an einem jüdischen Juristen aufklären

von Marco Krefting  02.12.2025

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Rache

»Trigger-Thema« für Juden

Ein Filmseminar der Jüdischen Akademie untersuchte das Thema Vergeltung als kulturelle Inszenierung

von Raquel Erdtmann  01.12.2025