Das Berliner Dokumentationszentrum Topographie des Terrors eröffnet am Dienstagabend die Ausstellung Zwischen den Zeilen? Zeitungspresse als NS-Machtinstrument. Anhand von Originaltexten, 160 Fotos, erläuternder Dokumentation und Porträts von 13 Journalisten werden dabei die Rolle von Zeitungen für die nationalsozialistische Propaganda und der Handlungsspielraum von Verlegern und Journalisten beleuchtet.
Instrumentalisierung »Am Beispiel der Presselandschaft kann man exemplarisch ablesen, wie im Leben eines jeden, der damals eine Zeitung in die Hand nahm, um sich zu informieren, Vielfalt zerstört wurde«, erklärte Andreas Nachama, geschäftsführender Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, am Dienstag in Berlin. In Verkehrung ihrer Funktion als Instanz der Kritik und Meinungsvielfalt sei die Presse dazu instrumentalisiert worden, die Übereinstimmung der Bevölkerung mit dem Nationalsozialismus zu behaupten und ein Klima der Fraglosigkeit zu erzeugen. Und doch hätten »die meisten Deutschen mehr wissen können, sie wollten es jedoch nicht«, so Nachama.
Viele Leserinnen und Leser, sagte Ausstellungskuratorin Judith Prokasky, hätten nach der Gleichschaltung der Zeitungen 1934 zwar den Politikteil überblättert und eher den Unterhaltungs-, Kultur- und Sportteil gelesen. Doch auch diese scheinbar unpolitischen Freiräume seien manipuliert gewesen. Das sei eine Strategie von Joseph Goebbels gewesen, der als zuständiger Minister für Volksaufklärung und Propaganda die Formulierung »zwischen den Zeilen« häufig verwendet habe, fügte Prokasky hinzu.
Zu den porträtierten Publizisten gehören mit dem späteren TV-Journalisten Werner Höfer (Der internationale Frühschoppen) und dem Drehbuchautor Herbert Reinecker namhafte Vertreter des Berufsstandes, der in der NS-Zeit eine hohe Regime-Nähe aufwies. Andere wie der Karikaturist Erich Ohser (Vater und Sohn) überlebten die Nazi-Diktatur nicht.
Völkischer Beobachter Zu den Zeitungen, deren Berichterstattung mit 52 Faksimiles dokumentiert wird, gehören überregionale Blätter wie die »Frankfurter Zeitung«, Regionalzeitungen wie die »B.Z. am Mittag« oder die »Münchner Neuesten Nachrichten«, die »Jüdische Rundschau«, aber auch ausgesprochene Nazi-Propagandaorgane wie der »Völkische Beobachter« oder »Der Angriff«. An zwei Medienstationen sind Hörfunk- und Wochenschauberichte zu verfolgen.
Die Ausstellung ist bis 20. Oktober zu sehen. Ab Ende August ist eine begleitende Veranstaltungsreihe geplant. epd/ppe
www.topographie.de