Der Drogenboss hat nur Spott für die junge Kommissarin übrig: »Du bist so lächerlich«, sagt er, als sie mit gezogener Waffe vor ihm steht. Hinter ihm: weitere Polizisten, die ihn gleich festnehmen werden. »Kleine arabische Putzfrau«, sagt er herablassend. »Das bist du für die.«
Hingegen bringt der Einsatz Nadirah Abaza viel Lob von ihren Vorgesetzten und Applaus der Kolleginnen und Kollegen ein. Der Fall habe vor allem dank ihrer Sprachkenntnisse gelöst werden können, heißt es da. Und schon bald bekommt sie ihren ersten Mordfall zugeteilt, auf den sie wohl lieber verzichtet hätte.
Das Opfer ist der leitende Oberstaatsanwalt, einer ihrer Unterstützer. Ermordet wurde er in seinem eigenen Haus. Erst gefesselt an einen Stuhl - und dann hingerichtet. Hängt die Tat mit der Festnahme des Drogenbosses zusammen?
Bei ihren Ermittlungen bringt sich Abaza in Lebensgefahr. Das Erste zeigt den Spielfilm »Schattenmord: Unter Feinden« am Mittwoch um 20.15 Uhr (3. Dezember/20.15 Uhr).
Araberin ermittelt Mord an Jude
Autorin Raquel Stern hat ein Drehbuch geschrieben, das den Spannungsbogen mit mehreren Wendungen bis zum Schluss aufrecht hält. Brisanz bekommt der 90-Minüter zudem durch eine politisch-kulturell-religiöse Komponente.
Der getötete Jurist war Jude. Dass er und die arabisch-stämmige Kommissarin bei einer Feier im Büro nach der Festnahme - noch vor dem Mord - einer Meinung sind, wird selbst da schräg von der Seite kommentiert.
Auch die neue Oberstaatsanwältin ist nicht gerade erfreut, dass eine Araberin die Ermittlungen leitet. Sie fürchte Kritik vom Zentralrat der Juden. »Das alles hier eignet sich bestens zum Politisieren.« Zudem rückt eine politisch rechtsgerichtete Stiftung in den Fokus der Ermittler.
Auch auf kleinerer Ebene kommen die Kommissarin - und mit ihr das Publikum - mit dem Judentum, seinen Bräuchen und Regeln in Kontakt. Rabbiner Samuel Rivkin erklärt nach dem Mord an dem Oberstaatsanwalt, der sein Freund war: »Das wichtigste ist, dass der Körper niemals alleine gelassen werden darf.« Der Leichnam dürfe nicht verstümmelt werden, sondern müsse innerhalb von 48 Stunden bestattet werden - und mit ihm jegliches vergossenes Blut.
»Sie wissen bestimmt, dass das nicht möglich ist«, entgegnet die Kommissarin mit Blick auf die Spurensicherung und Obduktion. Als der Rabbiner erklärt, dem Staatsanwalt die letzte Ehre erweisen zu wollen, erwidert sie: »Die einzige Ehre, die ich ihm noch erweisen kann, ist seinen Mörder zu finden.«
Überzeugendes Zusammenspiel der Protagonisten
Der Film lebt von den Dialogen und dem Zusammenspiel der aufstrebenden Hauptkommissarin (Sabrina Amali) und dem Rabbiner (Garry Fischmann). Hält sie ihn erst noch auf Distanz, wird er im Laufe der Ermittlungen zu einem Berater und Lebensretter - und bringt sie am Ende sogar auf die richtige Spur.
Sind die Hauptdarstellerin und ihr Konterpart dem breiten Publikum vielleicht noch eher unbekannt, finden sich in den Besetzungslisten bei den Nebenrollen markante Namen: So spielt Dani Levy den Oberstaatsanwalt. Kida Khodr Ramadan wiederum gibt den patzigen Drogenboss.
Der bedroht Abaza, kennt die Namen ihrer Tochter und von deren Schule. Das beschäftigt die Kommissarin und ihr Team ebenso wie ein weiterer ungeklärter Mord und Drohungen gegen den Staatsanwalt. Doch wie vorurteilsfrei und unbefangen ermittelt die Polizei eigentlich? Und wirklich in jede Richtung?