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»Oma Minas Käsekuchen«

Käsekuchen halte die Erinnerung an die tragische Familiengeschichte wach, so Autorin Landy Foto: Getty Images / istock

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»Oma Minas Käsekuchen«

Die US-Schriftstellerin Ruth Landy hat eine besondere Familienchronik veröffentlicht - in Koch- und Backrezepten

von Alexander Lang  15.07.2024 13:57 Uhr Aktualisiert

Die US-amerikanische Schriftstellerin Ruth Landy hat ein Buch zur Geschichte und Esskultur ihrer jüdischen Weinhändlerfamilie aus dem pfälzischen Landau geschrieben. Das Buch »Oma Minas Käsekuchen« stelle dar, wie die Familie vor den Nationalsozialisten flüchten musste und sich in den USA ein neues Leben aufbaute, sagte Landy. Durch die von der Urgroßmutter Wilhelmina (»Mina«) Weil (1869-1943) und anderen weiblichen Familienmitgliedern weitergegebenen Erzählungen - und besonders in den Koch- und Backrezepten - lebe das jüdisch-pfälzische Erbe weiter, sagte die 1952 im schweizerischen Genf geborene Schriftstellerin Landy.

Die amerikanische Originalausgabe und die deutsche Übersetzung verstehen sich als Hommage an die bodenständige Urgroßmutter Mina Weil und die jüdischen Frauen in der Familie, sagte Landy. Mina Weil, die im badischen Östringen geboren wurde, lebte gemeinsam mit ihrem Ehemann Jakob, einem Viehhändler und koscheren Metzger sowie ihren Kindern im wenige Kilometer von Landau entfernten Lustadt. Minas älteste Tochter Erna heiratete den jüdischen Weinhändler Heinrich Levy aus Landau.

Das Kochen und Backen jüdisch-deutscher Gerichte wie »Berches« jüdisches Zeremonienbrot) oder eben den in der Familie beliebten Käsekuchen halte die Erinnerung an die tragische Familiengeschichte wach, sagte Landy, die in San Francisco lebt. Der Käsekuchen stehe auch sinnbildlich für »die Süße des Lebens«, eine Lebensfreude, die sich die jüdische Familie trotz schrecklicher Erlebnisse bis heute bewahre.

Mit der Familienchronik verbinde sich die Hoffnung, das Andenken der Familie zu wahren und die von den Nationalsozialisten zerstörte Würde wiederzuerlangen und das friedliche Miteinander und die Demokratie zu fördern, sagte Landy. Antisemitismus sei der älteste Hass der Welt. Das Buch sei auch »ein Versuch, die Geschichte zu heilen«, sagte die Schriftstellerin. Die deutsche Übersetzung des Familienbuches mit 13 Koch- und Backrezepten haben die Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit in Landau und das Leo-Baeck-Institut in New York/Berlin unterstützt.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 war die Urgroßmutter Mina mit ihrem Mann Jakob zunächst in Lustadt geblieben. Nachdem ihr Haus in der Reichspogromnacht 1938 zerstört wurde, flüchtete das ältere Ehepaar nach Holland, wo Jakob starb. Mina wurde als einziges Mitglied der Familie 1943 in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert und ermordet.

Ruth Landys Vater Ernest Levy - ein Enkel von Mina - war bereits 1937 in die USA emigriert, um dem NS-Terror zu entfliehen, ihre Tante Sue folgte ein Jahr später nach. Die Geschwister bauten sich ein neues Leben auf und gründeten Ende der 1940er Jahre neue Familien: Sue in Kalifornien and Ernest in Genf, wo er für eine Agentur der Vereinten Nationen arbeitete. Landy sagte, ihr Buch sei ein Gemeinschaftswerk der Familie, das mit Unterstützung ihres Bruders Michael und ihres Cousins David Siegel erstellt worden sei.

Auch Großmutter Erna Levy gelang nach einer Odyssee auf dem Flüchtlingsschiff »St. Louis« schließlich 1939 im zweiten Anlauf über England die Flucht in die USA. Die »St. Louis« durfte im kubanische Havanna und in den USA nicht anlegen und musste nach Europa zurückkehren. Viele jüdische Schiffspassagiere wurden danach von den Nazis ermordet.

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»Es gibt nichts Wichtigeres, als jüdisches Leben zu schützen, zu bewahren und in Deutschland zu halten«, sagte der Landauer Oberbürgermeister Dominik Geißer (CDU) bei der Buchpräsentation. Die deutsche Bevölkerung müsse alles tun, damit es nie wieder zu einem Menschheitsverbrechen wie dem nationalsozialistischen Judenmord komme.

Angeregt durch die Fluchtgeschichte plant die Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit am 10. Oktober in Landau ein Symposium über jüdische Weinhändler in der Region und jüdische Weinkultur, informierte der Vorsitzende Wolfgang Pauly. Ruth Landys Buch öffne »den Blick in eine humane Zukunft, in der das deutsch-jüdische Miteinander als Bereicherung« verstanden werde, sagte er.

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