Mit der Single »The Wire« gelang der US-Band Haim vor mehr als zehn Jahren der Durchbruch. Der Song dreht sich um eine schmerzhafte, aber selbstbestimmte Trennung. Jetzt haben die drei Schwestern Alana, Danielle und Este ein ganzes Album zum Thema aufgenommen. Es heißt I Quit, was sich mit »Ich gehe«, »Ich bin raus« oder »Ich geb’s auf« übersetzen lässt.
»Wir haben festgestellt, dass jedes einzelne Lied ein Thema gemeinsam hat: das Aufgeben von etwas, das nicht mehr für uns funktioniert«, sagt Alana Haim zur Veröffentlichung des neuen Albums, das trotzdem positiv ist. »Jetzt fühlt sich der Titel unglaublich schön an, denn Aufgeben bedeutet einen Neuanfang. Manchmal muss man loslassen, um Platz für Großartiges zu schaffen.«
Passend dazu hat das kalifornische Trio im ersten Song »Gone« den Refrain von George Michaels »Freedom ’90« von George Michael eingebaut, was - mit etwas Verzögerung - erstaunlich gut funktioniert. Dass das Lied dann auch noch ein Gitarrensolo nach 70er-Jahre-Hardrock-Art enthält, ist nur ein Beispiel dafür, wie kreativ Haim auf ihrem vierten Studioalbum geworden sind.
Musikalische Vielfalt voller Nostalgie
Mit dem Erfolgsalbum »Women In Music Pt. III« von 2020 hätten sie das Gefühl gehabt, die Tür zu öffnen, »um genauso zu klingen, wie wir immer klingen wollten«, sagt Alana Haim. »Aber mit I Quit stand diese Tür weit offen.«
Haim haben sich also keine Grenzen gesetzt und damit auch keine klare musikalische Linie verfolgt. Was die Songs verbindet, ist ihre Botschaft vom Loslassen, Verlassen und dem Mut zum Neuanfang. Eine wichtige Inspiration dafür war übrigens die Trennung von Leadsängerin Danielle Haim und Ariel Rechtshaid, der die vorherigen drei Alben produzierte und nun nicht mehr dabei ist.
»Wir waren total auf einem Nostalgie-Trip, als wir das Album gemacht haben«, sagt Danielle, »auch, weil wir zum ersten Mal seit der Schulzeit alle gleichzeitig Single waren.«
Bunter Songmix mit Höhen und Tiefen
Neben softeren Popsongs (»All Over Me«) hört man Elemente ganz unterschiedlicher Genres wie Alternative Rock (»Now It’s Time«), 90er-Jahre-R&B (»Relationships«), Dance Pop (»Spinning«) und Country (»The Farm«) sowie – nicht zum ersten Mal – den Einfluss von Fleetwood Mac (»Take Me Back«), deren Sängerin Stevie Nicks schon Haim gelobt hat.
Auch weil die 15 neuen Tracks klanglich sehr unterschiedlich sind, braucht es ein paar Durchläufe, bis »I Quit« zündet. Doch das passiert nicht bei jedem Song.
Einige, etwa das schleppende »Everybody’s Trying To Figure Me Out« oder das klagende »Blood On The Street« plätschern ein wenig dahin. Bei den energiegeladenen Konzerten von Haim werden einige aber sicher eine ganz andere Wirkung entfalten.