Kunst

Nan Goldin ganz oben

Nancy »Nan« Goldin im Februar 2023 Foto: picture alliance / Chris Pizzello/Invision/AP

Die US-Künstlerin Nan Goldin ist aus Sicht des britischen Magazins »ArtReview« aktuell die einflussreichste Figur der internationalen Kunstszene. Das in London erscheinende Magazin setzte die 70 Jahre alte Künstlerin und Aktivistin am Freitag an die Spitze der jährlich erscheinenden »Power 100«-Liste der wichtigsten Künstlerinnen und Künstler. Auf Platz zwei folgt die in Berlin lebende Künstlerin Hito Steyerl.

»Die Power Liste ist eine Rangliste der 100 lebenden Persönlichkeiten, die Kunst prägen«, schreibt das Magazin. Die Bedeutung solcher Listen – in der vergangenen Woche hatte das deutsche Magazin »Monopol« ein ebenfalls 100 Positionen umfassendes Ranking mit Isa Genzken an der Spitze vorgelegt – relativiert »ArtReview« selbst.

»Wer wo stehen soll, ist ein Thema, bei dem sich niemand wirklich einig ist. Was jemanden in London oder New York einflussreich macht, ist nicht unbedingt das, was jemanden in Lagos oder Kuala Lumpur einflussreich sein lässt«, heißt es im Beitrag.

Süchtige Kämpferin in der Opioid-Krise

Die Fotografin und Filmemacherin Goldin, die 1953 in Boston in eine jüdische Familie hineingeboren wurde und lange Zeit in Berlin lebte, war zuletzt auch durch ihren Kampf gegen die US-amerikanische Familie Sackler bekannt geworden, den Eigentümern eines Pharma-Unternehmens, das mit für die Opioid-Krise in den USA verantwortlich gemacht wird.

Die Künstlerin selbst war zwischenzeitlich nach einem von der Firma vertriebenen Schmerzmittel süchtig. Ihre eigenen Erfahrungen und die umfassenden Proteste hielt sie mit ihren Bildern fest. Die Dokumentation All the Beauty and the Bloodshed von Laura Poitras über diesen Kampf gewann bei den Filmfestspielen in Venedig den Goldenen Löwen.

Aus Sicht von »ArtReview« ist Goldin das »sichtbarste und prominenteste Modell« einer Künstlerin, die nicht nur dokumentiere und bezeuge, sondern auch als Aktivistin und ethische Stimme agiere.

Anfang November lehnte Goldin, wie sie in einem Instagram-Beitrag erklärte, einen Auftrag für das »New York Times Sunday Magazine« aufgrund der, wie sie findet, israelnahen Berichterstattung über den Krieg ab. »Deswegen, worüber sie berichten und worüber nicht, und wie sie den Wahrheitsgehalt von allem, was Palästinenser sagen, infrage stellen«, wird Goldin von der Zeitung »ARTnews« zitiert.

Künstlerin und Orakel

In Steyerl sieht »ArtReview« eine Wegbereiterin der Post-Internet-Kunst, die mit ihrer Arbeit die Verbindung von Technologie und digitaler Kultur mit Kapital und Konflikten untersuche. »Das Erspüren und Darstellen der seismischen Verschiebungen in Kultur und Gesellschaft haben Steyerl zu einer Art Orakel gemacht«, schreibt das Magazin.

Die Top-Ten der »Power 100« sind auffallend divers und weiblich. Der zwischen Bangkok, Berlin und New York agierende Aktions- und Performance-Künstler Rirkrit Tiravanija (Platz drei) ist ebenso zu finden wie US-Künstlerin Simone Leigh (Platz vier), eine langjährige Kämpferin schwarzer, feministischer Kunst. dpa/ja

Literatur

John Irvings »Königin Esther«: Mythos oder Mensch?

Eigentlich wollte er keine langen Romane mehr schreiben. Jetzt kehrt er zurück mit einem Werk über jüdische Identität und Antisemitismus

von Taylan Gökalp  18.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  17.11.2025

TV-Tipp

»Unser jüdischer James Bond«

Die Arte-Doku »Der Jahrhundert-Spion« erzählt die schillernde Lebensgeschichte des Ex-CIA-Agenten Peter Sichel, der seinerzeit den Ausbruch des Kalten Kriegs beschleunigte

von Manfred Riepe  17.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  17.11.2025

Miss-Universe-Show

Miss Israel erhält Todesdrohungen nach angeblichem Seitenblick

Auch prominente Israelis sind immer öfter mit Judenhass konfrontiert. Diesmal trifft es Melanie Shiraz in Thailand

 17.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  17.11.2025

Jubiläum

Weltliteratur aus dem Exil: Vor 125 Jahren wurde Anna Seghers geboren

Ihre Romane über den Nationalsozialismus machten Anna Seghers weltberühmt. In ihrer westdeutschen Heimat galt die Schriftstellerin aus Mainz jedoch lange Zeit fast als Unperson, denn nach 1945 hatte sie sich bewusst für den Osten entschieden

von Karsten Packeiser  17.11.2025

Aufgegabelt

Noahs Eintopf

Rezepte und Leckeres

 16.11.2025

Kunst

Illustrationen und Israel-Hass

Wie sich Rama Duwaji, die zukünftige »First Lady von New York«, auf Social Media positioniert

von Jana Talke  13.11.2025