Amsterdam

Museum: Pissaro-Bild und tragische Geschichte seiner Eigentümer

Die jüdisch-niederländische Familie van den Bergh musste ein Pissarro-Bild veräußern, um überleben zu können. Die Töchter wurden dennoch in Auschwitz ermordet. Foto: picture alliance / akg-images

Jahrzehntelang wurde ein unter Zwang der Judenverfolgung im Zweiten Weltkrieg verkauftes Bild gesucht. Im Amsterdamer Van Gogh Museum ist das Gemälde des Impressionisten Camille Pissarro »Im Gras liegendes Mädchen« (1882) zu sehen und die tragische Familiengeschichte seiner früheren jüdischen Eigentümer wird dort erzählt. »Ein Gemälde des Lichts mit einer dunklen Geschichte«, teilte das Van Gogh Museum mit.

Eine besondere Vereinbarung zwischen der Bremer Kunsthalle, niederländischen Instituten und den Erben der Familie führte zur Ausstellung des Gemäldes in Amsterdam und der Erforschung der Familiengeschichte. Niederländische und deutsche Kunstexperten sowie Historiker hatten die Geschichte der Familie und die Suche nach dem Bild erforscht. »Mädchen im Gras: Das tragische Schicksal der Familie van den Bergh und die Suche nach einem Gemälde«, ist der Titel des Buches.

Auf dem Bild ist eine friedliche Sommerlandschaft zu sehen, im Gras liegt ein Mädchen. 1943 hatte die jüdisch-niederländische Familie van den Bergh das Gemälde unter Druck verkauft, um die Familie vor der Verfolgung durch deutsche Nationalsozialisten zu retten. Jaap und Ellen überlebten. Doch ihre beiden kleinen Töchter Rosemarie und Marianne, die in einem anderen Versteck lebten, wurden verraten und im Konzentrationslager Auschwitz ermordet – sie waren acht und fünf Jahre alt.

Erforschung der Familiengeschichte

Nach dem Krieg hatte Jaap van den Bergh die Rückgabe des Bildes beantragt. Die Suche nach dem Gemälde blieb erfolglos. Der Antrag tauchte den Angaben zufolge erst 2016 wieder auf, im Zuge von Forschungen nach Raubkunst. Dadurch wurde festgestellt, dass das vermisste Bild im Besitz der Kunsthalle Bremen war.

Lesen Sie auch

Die dritte Tochter des Ehepaares, Suzan, nach dem Krieg geboren, wollte das Bild zurückbekommen. Kunst, die Juden damals unter Druck verkaufen mussten, gilt als Raubkunst. Die Rückgabe von Kunstwerken an Erben ist oft mit langwierigen Verfahren verbunden.

In diesem Fall wollte die Erbin als Entschädigung, dass die Geschichte ihrer Familie erforscht wurde. »Ich sehe dieses Buch als Ehrung für meinen Vater, meine Mutter und meine Schwestern. Es ist das kleine bisschen Leben, das ich Rosemarie und Marianne noch geben kann«, schreibt sie in dem Buch.

Fall in der Schweiz

Das Bild war während des Krieges in die Hände des Kunstsammlers und Kollaborateurs Hugo Oelze gekommen, ein deutscher Jurist aus Bremen, der in Amsterdam wohnte. Nach seinem Tod hatte er seine Bilder der Kunsthalle seiner Heimatstadt vermacht.

Auch in der Schweiz hat ein Museum sich mit Erbinnen eines jüdischen Vorbesitzers gerade auf den Umgang mit einem Pissarro-Gemälde geeinigt. Das Kunsthaus Basel darf »La Maison Rondest, l’Hermitage, Pontoise« von 1875 behalten, hat die Erbinnen aber entschädigt. Über die Summe wurde Stillschweigen vereinbart, wie es hieß.

In den Besitz des Museums war das Bild vor drei Jahren über einen inzwischen verstorbenen Sammler gelangt, der nichts von der Geschichte des Bildes wusste. Es gehörte dem jüdischen Textilunternehmer Richard Semmel, der es verkaufen musste, um seine Flucht aus Deutschland zu finanzieren. dpa

TV-Tipp

Der Mythos Jeff Bridges: Arte feiert den »Dude«

Der Weg zum Erfolg war für Jeff Bridges steinig - auch weil der Schauspieler sich gegen die Erfordernisse des Business sträubte. Bis er eine entscheidende Rolle von den Coen-Brüdern bekam, die alles veränderte

von Manfred Riepe  14.07.2025

Musik

Der die Wolken beschwört

Roy Amotz ist Flötist aus Israel. Sein neues Album verfolgt hohe Ziele

von Alicia Rust  14.07.2025

Imanuels Interpreten (11)

The Brecker Brothers: Virtuose Blechbläser und Jazz-Funk-Pioniere

Jazz-Funk und teure Arrangements waren und sind die Expertise der jüdischen Musiker Michael und Randy Brecker. Während Michael 2007 starb, ist Randy im Alter von fast 80 Jahren weiterhin aktiv

von Imanuel Marcus  14.07.2025

Kino

»Superman« David Corenswet fühlte sich »wie ein Astronaut«

»Ich habe dafür trainiert, ich habe es mir gewünscht, und jetzt liegt die ganze Arbeit vor mir«, sagt der Darsteller mit jüdischem Familienhintergrund

von Philip Dethlefs  14.07.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Superman kommt ins Kino – und wo sind die super Männer?

von Katrin Richter  13.07.2025

Biografie

Schauspieler Berkel: In der Synagoge sind mir die Tränen geflossen 

Er ging in die Kirche und war Messdiener - erst spät kam sein Interesse für das Judentum, berichtet Schauspieler Christian Berkel

von Leticia Witte  11.07.2025

Thüringen

Yiddish Summer startet mit Open-Air-Konzert

Vergangenes Jahr nahmen rund 12.000 Menschen an den mehr als 100 Veranstaltungen teil

 11.07.2025

Musik

Nach Eklat: Hamburg, Stuttgart und Köln sagen Bob-Vylan-Auftritte ab

Nach dem Eklat bei einem britischen Festival mit israelfeindlichen und antisemitischen Aussagen sind mehrere geplante Auftritte des Punk-Duos Bob Vylan in Deutschland abgesagt worden

 10.07.2025

Agententhriller

Wie drei Juden James Bond formten

Ohne Harry Saltzman, Richard Maibaum und Lewis Gilbert wäre Agent 007 wohl nie ins Kino gekommen

von Imanuel Marcus  14.07.2025 Aktualisiert