NS-Raubkunst

Düsseldorf gibt Franz-Marc-Gemälde an jüdische Besitzer zurück

Seit 1962 ist das Gemälde »Die Füchse« im Besitz der Stadt Düsseldorf. Foto: picture alliance/ Marcel Kusch/dpa

Nach einem jahrelangen Raubkunst-Streit gibt die Stadt Düsseldorf das bedeutende Gemälde »Die Füchse« von Franz Marc an die Erben des einstigen jüdischen Besitzers zurück. Der Rat stimmte am Donnerstag einstimmig in einer nichtöffentlichen Sitzung für die Restitution des expressionistischen Bildes aus dem Jahr 1913. Das teilte die Stadt am Abend mit.

Das Kommunalparlament folgte damit der Empfehlung der Beratenden Kommission für Raubkunstfälle. Nach der nun erfolgten finalen Entscheidung des Rates werde die Stadtverwaltung die Rückgabe des Gemäldes vorbereiten und das weitere Vorgehen mit der Erbengemeinschaft besprechen und abstimmen, hieß es.

KOMMISSION Die Beratende Kommission hatte sich mit einer Zweidrittel-Mehrheit für die Rückgabe des Bildes an die Nachkommen des jüdischen Unternehmers Kurt Grawi (1887-1944) ausgesprochen. Das auf mindestens 14 Millionen Euro geschätzte kubistische Gemälde gehört zu den Spitzenwerken des Museums Kunstpalast in Düsseldorf.

Grawi war nach 1933 in Deutschland erheblichen Repressionen ausgesetzt. 1938 wurde er mehrere Wochen im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert. 1939 konnte er nach Chile auswandern. 1940 verkaufte er das Bild in New York. 1962 kam es als Schenkung in den Bestand des Städtischen Kunstmuseums Düsseldorf.

Über die Rückgabe des Werks hatte es eine kontroverse Debatte gegeben, da das Bild erst nach der Emigration Grawis im Ausland verkauft worden war. Der Jüdische Weltkongress hatte die Stadt noch kurz vor der Abstimmung gewarnt, der Empfehlung der Kommission nicht zu folgen.

flucht Nach Auffassung der Beratenden Kommission müssen »Die Füchse« restituiert werden, auch wenn der Verkauf außerhalb des NS-Machtbereiches abgeschlossen worden sei. Die Veräußerung 1940 in New York sei die unmittelbare Folge der Inhaftierung im Konzentrationslager und der anschließenden Flucht Grawis gewesen.

Der Verkauf habe mit der Verfolgung durch die Nationalsozialisten in einem derart engen Zusammenhang gestanden, dass der Ort des Handels demgegenüber zurücktrete. Grawi hätte das Bild nicht verkauft, wenn er nicht von den Nazis verfolgt worden wäre. Er habe betont, für ihn und seine Familie bedeute das Ergebnis des Verkaufs »die Grundlage für unsere Auswanderung«.

Die Stadt Düsseldorf hatte dagegen argumentiert, dass das Gemälde sich seit Mai 1939 außerhalb des NS-Machtbereichs befunden habe. Die Familie sei zum Zeitpunkt des Verkaufs 1940 in Südamerika gewesen. Grawis Ehefrau habe nach dem Krieg zwar die Rückerstattung der erlittenen Verluste gefordert, nicht aber das Werk von Franz Marc angeführt.

washingtoner prinzipien Nach den auch von Deutschland unterschriebenen Washingtoner Prinzipien sollen für NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter »gerechte und faire« Lösungen gefunden werden.

Raubkunst-Experten und jüdische Verbände hoffen nun, dass sich mit der jüngsten Empfehlung der Kommission im Fall Grawi die bisherigen Restitutions-Maßstäbe verschieben könnten. »Die Füchse« könnten zum Präzedenzfall werden, so dass künftig auch im Ausland verkaufte Kulturgüter restitutionsfähig würden. Mit der Arbeit der Beratenden Kommission befasst sich im Mai auch die Kultusministerkonferenz.

Rüdiger Mahlo, Repräsentant der Claims Conference in Deutschland, begrüßte die Entscheidung der Stadt Düsseldorf, das Gemälde an die Erben von Kurt Grawi zu restituieren. »Die spezifischen Gegebenheiten des Falles finden in dieser Entscheidung ebenso Berücksichtigung wie die moralische Komponente.« Für die Grawi-Erben, unter ihnen die Ehefrau eines der beiden gleichfalls verfolgten Stiefsöhne, stelle die Rückgabe des Kunstwerks eine späte Korrektur nationalsozialistischen Unrechts dar. dpa/ja

Biografie

Schauspieler Berkel: In der Synagoge sind mir die Tränen geflossen 

Er ging in die Kirche und war Messdiener - erst spät kam sein Interesse für das Judentum, berichtet Schauspieler Christian Berkel

von Leticia Witte  11.07.2025

TV-Tipp

Der Mythos Jeff Bridges: Arte feiert den »Dude«

Der Weg zum Erfolg war für Jeff Bridges steinig - auch weil der Schauspieler sich gegen die Erfordernisse des Business sträubte, wie eine Arte-Doku zeigt. Bis er eine entscheidende Rolle bekam, die alles veränderte

von Manfred Riepe  11.07.2025

Thüringen

Yiddish Summer startet mit Open-Air-Konzert

Vergangenes Jahr nahmen rund 12.000 Menschen an den mehr als 100 Veranstaltungen teil

 11.07.2025

Musik

Nach Eklat: Hamburg, Stuttgart und Köln sagen Bob-Vylan-Auftritte ab

Nach dem Eklat bei einem britischen Festival mit israelfeindlichen und antisemitischen Aussagen sind mehrere geplante Auftritte des Punk-Duos Bob Vylan in Deutschland abgesagt worden

 10.07.2025

Agententhriller

Wie drei Juden James Bond formten

Ohne Harry Saltzman, Richard Maibaum und Lewis Gilbert wäre Agent 007 möglicherweise nie ins Kino gekommen

von Imanuel Marcus  11.07.2025 Aktualisiert

Kulturkolumne

Bilder, die bleiben

Rudi Weissensteins Foto-Archiv: Was die Druckwelle in Tel Aviv nicht zerstören konnte

von Laura Cazés  10.07.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  10.07.2025

Ethik

Der Weg zum Glück

Nichts ist so flüchtig wie der Zustand großer Zufriedenheit. Doch es gibt Möglichkeiten, ihn trotzdem immer wieder zu erreichen – und Verhaltensweisen, die das Glück geradezu unmöglich machen

von Shimon Lang  10.07.2025

Essay

Das Jewish-Hollywood-Paradox

Viele Stars mit jüdischen Wurzeln fühlen sich unter Druck: Sie distanzieren sich nicht nur von Israel und seiner Regierung, sondern auch von ihrem Judentum. Wie konnte es so weit kommen?

von Jana Talke  10.07.2025