Sehen!

Moses als Netflix-Hit

Avi Azulay (M.) als Moses Foto: © 2024 Netflix, Inc.

Die internationale Top-Ten-Liste der Strea­ming-Plattform Netflix sorgt derzeit für Verwunderung, denn auf den besten Plätzen hält sich global, aber vor allem in Israel, Ägypten, Jordanien, Libanon, Marokko, Oman und in der Türkei eine Miniserie über … Moses. Und der Prophet hat das Siegerpult so entschlossen erklommen wie den Berg Sinai: 13,5 Millionen Mal wurde der Dreiteiler in den ersten fünf Tagen gestreamt.

Tatsächlich gibt es in den USA die religionsübergreifende Filmtradition, sich zu Ostern oder Pessach Die zehn Gebote (1956) anzusehen, in dem ein rauschebärtiger Charlton Heston sich als Gottes Überbringer und Befreier der Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten verausgabte. Davon will die Neuauflage wohl profitieren und gleichzeitig etwas ganz anderes sein. Allerdings scheinen die Macher unterwegs vergessen zu haben, was das genau ist.

In TikTok-gerecht verkürzten Happen wird Moses’ Geschichte nachgespielt.

Testament: Die Geschichte von Moses ist so überfrachtet, dass man bereits zu Beginn fast vom Stuhl fällt, wenn die bombastische Musik gegen die Stimme des Schöpfers anschreit. In TikTok-gerecht verkürzten Happen wird Moses’ Geschichte nachgespielt, und das ist immer wieder so übertrieben, dass es unabsichtlich lustig wird. Gespielt wird der Prophet übrigens (ganz und gar nicht Charlton-Heston-mäßig) von dem Israeli Avi Azulay, wobei dessen Schüchternheit manchmal auch Fremdschämen sein könnte. Bekanntestes Gesicht für das deutsche Publikum ist der ehemalige Tatort-Kommissar Mehmet Kurtuluş, der den Pharao mit gebührender Arroganz und Härte gegen Moses antreten lässt.

Das »Andere«, was die türkisch-amerikanische Produktion unbedingt sein will, kommt in den Experten-Einschüben zum Ausdruck. Testament versteht sich als »ins­pirierendes« Dokudrama, und deshalb dürfen Vertreter der drei großen Religionen »ihren« Moses erklären, bevor es wieder in die Bridgertonisierung der heiligen Schriften geht. Tatsächlich stehen die Gedanken der (sowohl männlichen als auch weiblichen) Rabbiner, Priester und Wissenschaftler in ihrer Komplexität immer wieder in scharfem Kontrast zur holzigen Fiktion, sodass man durchaus etwas lernen kann. Was aber vielleicht auch nur Teil des Anspruchs ist, wirklich allen gerecht zu werden.

So steht denn auch direkt am Anfang als »Warnung« zu lesen: Die Ansichten der Theologen und Historiker sollen nicht als Konsens verstanden werden. Umso schöner, dass Netflixʼ Rechnung in diesen polarisierten Zeiten aufgegangen ist.

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  14.11.2025

Kunst

Illustrationen und Israel-Hass

Wie sich Rama Duwaji, die zukünftige »First Lady von New York«, auf Social Media positioniert

von Jana Talke  13.11.2025

Kino

Zwischen »Oceans Eleven« und Houdini-Inszenierung

»Die Unfassbaren 3« von Ruben Fleischer ist eine rasante wie präzise choreografierte filmische Zaubershow

von Chris Schinke  13.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 13.11.2025

Film

Dekadenz, Krieg und Wahnsinn

»Yes« von Nadav Lapid ist provokativ und einseitig, enthält aber auch eine tiefere Wahrheit über Israel nach dem 7. Oktober

von Sascha Westphal  13.11.2025

Kolumne

Hineni!

Unsere Autorin trennt sich von alten Dingen und bereitet sich auf den Winter vor

von Laura Cazés  13.11.2025

Zahl der Woche

-430,5 Meter

Fun Facts und Wissenswertes

 12.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 13. November bis zum 20. November

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025