Frau Brett, wie haben Sie vergangene Nacht geschlafen?
Ich war wirklich sehr erschöpft, als ich hier in Berlin ankam. Ich habe mein ganzes Leben lang Albträume gehabt. Als Kind wusste ich nicht, dass ich sie hatte, aber schon meine Mutter hatte Albträume. Sie schrie auf Jiddisch nach ihrer Mutter – mein Vater und ich mussten sie dann wecken. Jetzt geht es mir viel besser. Ich habe nicht mehr so viele Albträume. Mein armer Mann, stellen Sie sich vor: Er wacht lächelnd auf. Ich schaue ihn an, er schaut mich an, lächelt und sagt: »Wie geht es dir, meine schöne Braut?« oder »Wie geht es dir, mein schönes Mädchen?«, worauf ich dann immer antworte: »Ich bin schon so lange kein Mädchen mehr.« Ach, wir sind seit Jahrzehnten zusammen, und er sagt es immer noch.
Sie wurden in einem Camp for Displaced Persons in Feldafing geboren. Wie haben sich Ihre Eltern dort wiedergefunden?
Meine Mutter hat meinen Vater dort gefunden. Feldafing war das einzige Lager nur für Juden. Als sie dort ankam, sagte man ihr: Nein, er ist nicht hier. Aber sie musste meinen Vater finden. Sie hatte sich schon überlegt, was sie tun würde, wenn sie ihn nicht finden würde. Von einem Dach wollte sie nicht springen, davor hatte sie Angst. Also überlegte sie, weil sie nicht schwimmen konnte, von einer Brücke in den Fluss zu springen. Sie stand da schon, da lief eine Cousine meines Vaters an ihr vorbei. Sie fing an zu schreien, denn niemand wusste, ob irgendjemand aus der Familie überhaupt noch am Leben war. »Was machst du da?«, schrie sie. »Ich habe Moniek gesucht und kann ihn nirgendwo finden.« Da sagte die Cousine: »Komm mit.« So fanden sie sich wieder.
Wie war Ihre Mutter?
Meine Mutter war sehr klug, sehr schön. Nach dem Krieg dachte sie, sie könnte neu anfangen. Aber das ging nicht. Sie arbeitete in einer Fabrik an einer Nähmaschine. Körperlich war sie während dieser Arbeit zwar anwesend, aber die Hälfte der Zeit war sie in Gedanken bei ihrem Vater. Ich konnte ihre Qualen spüren, ich konnte sie im Haus spüren. Meine Mutter war eine der wenigen Frauen, die das Konzentrationslager in Stutthof überlebt hatte.
Sie wuchsen in Melbourne auf. Wie sind Sie nach Australien gekommen?
Zunächst einmal hatten wir Glück. Australien hat eine ganz besondere jüdische Gemeinde, da fast alle nach dem Krieg gekommen sind. Egal, was man gemacht hat, ob man sich als Arier ausgegeben oder sich versteckt hat, in einem Konzentrationslager war oder in einem Vernichtungslager überlebt hat: Sie sind nicht als die Menschen herausgekommen, die sie zuvor waren. Nach der Ankunft in Australien wurden sie wieder in solche Baracken gesteckt, sie bekamen Essen, aber es gab wieder Pritschen. Wir dagegen hatten wirklich Glück. Wir wurden in ein Haus mit vier oder fünf weiteren Familien gesteckt, und die Regierung in Victoria hatte die geniale Idee, den Ankömmlingen Englisch mithilfe von schottischen Volksliedern beizubringen. Es war zum Schreien komisch. Ich habe später das Liederbuch gekauft und darin gelesen. Viele der jüdischen Zuwanderer konnten »Roaminʼ in the Gloaminʼ« singen und hatten einen wirklich starken Akzent.
Wie war es für Sie als Kind in diesem Haus?
Wir hatten Essen, es war sehr eng, nachts schrien Babys, sie mussten gewickelt werden. Jede Familie hatte jeweils ein Zimmer, es gab eine Küche und ein Badezimmer, und ich fand das fantastisch. Ich habe einfach alle in unserem Haus geliebt. Aber ich konnte spüren, dass die Luft voller Angst und Trauer war. Und doch versuchten sie so sehr, alles hinter sich zu lassen. Ich ging mit ihnen einkaufen, weil ich als Erste Englisch gelernt hatte. Schon als kleines Kind wusste ich, dass das wichtig war. Meine Eltern lernten die Sprache bis ins hohe Alter. Mein Vater wurde fast 102 Jahre alt, und das, was ihn am meisten beeindruckte, war mein Englisch. Sie sagten immer zueinander: »Hört doch, wie gut sie Englisch spricht.« Das brachte mich zum Lachen, weil es ihnen egal war, was ich sonst noch erreicht hatte … (lacht)
Hauptsache, das Englisch war gut.
Ich habe gelernt, wie wichtig Sprache ist und wie wichtig Worte sind. Und so bin ich auch zu meinen armen Kindern, wenn sie in einem Satz einen Grammatikfehler machen. Ich hatte wirklich Glück. Meine Kinder sind sehr sprachgewandt. Ich glaube, das mussten sie bei mir auch sein. Ich habe ihnen das so bewusst gemacht. Eine Sache muss ich erzählen. Wissen Sie: Ich war so stolz auf meine Tochter, als sie als Kind einmal mit einem Zettel der Bibliothekarin nach Hause kam, auf dem stand, dass sie kein neues Buch ausleihen könne, wenn sie das aktuelle nicht vorher zurückbringe. Meine Tochter hatte auf die Rückseite ein sehr korrektes »Well, fuck you!« geschrieben. Mit dem Komma an der richtigen Stelle. Ich war unheimlich stolz auf sie.
Sie haben sicherlich eine Menge solcher Anekdoten, oder?
Neulich bei einer Lesung habe ich dem Publikum erzählt, dass meine engste Freundin in New York Chirurgin ist. Sie hat sich auf Patienten mit Krebs spezialisiert. Sie ist wirklich sehr klug! Als wir gemeinsam essen waren, sagte sie: »Diese Shrimps sind sehr gut.« Aber ich musste ihr sagen: »Das sind keine Shrimps. Das sind Shrimp.« Sie sah mich an – wir kennen uns wirklich schon seit Jahren – und sagte nur: »Oh.« David war auch dabei; er schüttelte den Kopf.
Korrigieren Sie David auch, wenn er etwas Falsches sagt?
Ich kann nicht anders, er ist so eloquent und intelligent, und ich sage Dinge wie: »Nein, die falsche Formulierung.« Eine meiner Enkelinnen spricht absolut makellos. Als sie noch kleiner war und ihr Vater einmal in einem strengeren Ton etwas zu ihr sagte, erwiderte sie: »Papa, das war sehr unfair und völlig unverhältnismäßig zu dem, was ich getan habe.« Ich sah sie an und sagte: »Oh, das war ein sehr gut formulierter Satz.« Auch da war ich sehr stolz.
Sie haben in einem Interview einmal gesagt, dass sie zwei Analytiker haben, die auf unterschiedlichen Kontinenten leben. Wie kam es dazu?
Ich wusste früher nicht, dass ich einen Analytiker konsultiere. Ich ging zum Freund eines Freundes, der Lehrer an der medizinischen Fakultät der Universität war, und sagte: »Das ist mein Problem: Ich möchte abnehmen. Können Sie mir einen Arzt empfehlen?« Er sah mich an, ich sprach noch etwa 20 Minuten mit ihm, dann sagte er: »Ich weiß genau, wen Sie brauchen.« Meine Mutter war sehr auf mein Gewicht fixiert, und so ging ich hin. Ich war zuvor schon bei drei Hypnotiseuren gewesen, die mir sagten, ich sei nicht hypnotisierbar. Dabei versuchte ich es doch. Wirklich.
Woran lag es?
Ich fragte sie: »Warum können dann alle anderen hypnotisiert werden? Sagen Sie mir einfach, was ich tun soll.« Es half also nichts, Hypnose kam nicht infrage. Also fragte ich diesen Professor, und er gab mir die Telefonnummer. Ich vereinbarte einen Termin, und dieser Arzt sagte: »Legen Sie sich auf die Couch.« Ich dachte, er wird mich vermessen, und dann begann er, mir Fragen zu stellen. Und ich dachte nur: »Das ist eine sehr interessante Methode, um Gewicht zu verlieren.« Nach ein paar Monaten wurde mir klar, dass ich nicht abnehmen werde. Es war ein anderes Programm. Ich fand es tatsächlich äußerst hilfreich, aber sehr schmerzhaft.
Wie lange blieben Sie bei ihm?
Etwa drei oder vier Jahre, dann ging er ins Ausland. Mir ging es viel besser. Ich wusste ja nicht, dass etwas mit mir nicht stimmte. Ich wusste, dass man mich nicht hypnotisieren konnte, aber ich wusste nicht, dass ich andere Probleme hatte. Ich war noch sehr jung und hatte meinen Job als Journalistin bekommen. Das ist auch so eine Geschichte. Ich werde wohl nie dahinterkommen, wie ich den Job bekommen habe. Die beiden Redakteure haben mir zwei Fragen gestellt, die jeder Trottel hätte beantworten können. Dann gingen sie weg, berieten sich, kamen zurück und sagten: »Können Sie morgen anfangen?« Und ich sagte: »Oh, okay.« Ich wusste nicht einmal, dass ich schreiben konnte. Ich meine, ich war in Melbourne auf einer Schule für begabte Kinder, aber …
Wie waren Sie denn als Schülerin?
Auf der Schule gab es so viele kluge Kinder – gerade in den Naturwissenschaften. Aber am Ende haben sie mich rausgeworfen.
Warum denn das?
Ich mochte es dort nicht. Es ist noch heute eine sehr renommierte Schule. Ich würde zu viele Fragen stellen, hieß es immer. Ich erinnere mich, dass es einmal pro Woche Religionsunterricht gab. Ein Priester kam, und die ganze Schule musste am Religionsunterricht teilnehmen. Die Juden wurden in einen großen Saal gebracht. Ich sagte einmal zu einem, dass er doch einfach einen Rabbiner hätte mitbringen können, wir hätten alle darüber reden können, was wir so gemacht haben. In der Schule haben wir nie etwas über den Zweiten Weltkrieg gelernt, wir haben viel über jedes Land in Asien erfahren, aber niemand erwähnte, dass drei Viertel der jüdischen Kinder Nummern tätowiert bekommen hatten. Es war so ein Chaos. Ich fing an, über den Zaun zu klettern und die Schule zu schwänzen. Ich fälschte für meine Mitschüler Entschuldigungen ihrer Mütter, damit sie früher aus der Schule kommen konnten. Zwei Jahre lang habe ich das gemacht. Einer meiner Freunde fragte mich später: »Hast du Geld dafür verlangt?«
Haben Sie?
Vielleicht hätte ich das tun sollen. Ich habe allen geholfen, die schwänzen wollten. Ich habe verschiedene Handschriften benutzt. Die Kinder waren alle so dankbar, dass sie nicht zum Sport mussten. Ich hatte viele Notizbücher mit verschiedenen Arten von Papier. Die Leute kamen einfach und sagten: »Ich will donnerstags nicht zur Schule gehen.« Okay, also mit meiner Hilfe gingen sie nicht. Dann habe ich eines Tages einen schrecklichen Fehler gemacht. Ich weiß nicht, wie mir das passieren konnte, denn normalerweise war ich sehr vorsichtig.
Was war denn der schreckliche Fehler?
Ich habe zwei Briefe auf dasselbe Blatt Papier geschrieben, einen oben und einen unten. So wurde ich erwischt. Sie sagten zu mir, sie müssen meine Eltern anrufen. Das sei eine Straftat. Ich sagte: »Das ist in Ordnung. Sie haben die Telefonnummer. Sie wissen doch, dass beide in Auschwitz waren? Außerdem sprechen sie nicht sehr gut Englisch. Sie werden sehr nervös, wenn sie mit Autoritäten sprechen. Sie könnten leicht einen Herzinfarkt bekommen, wenn Sie sie anrufen. Aber machen Sie ruhig. Nur zu.« Ich glaube, die Schulleiterin hätte mich gedanklich gern gewürgt.
Wie hätten Ihre Eltern reagiert?
Ich glaube, mein Vater hätte mich auch erwürgt. Ich war schließlich auf dieser renommierten Schule und hatte alle Möglichkeiten. Und dann ruft die Schulleitung an.
Ihre Mutter sprach akzentfrei Deutsch, und Sie konnten es früher auch recht gut. Haben Sie ein Lieblingswort?
Ich mag Deutsch. Ich höre es gern. Früher habe ich es sehr gut gesprochen, heute ist es erbärmlich, aber ich kann die Durchsagen in der Bahn verstehen. Mein armer Mann kennt fünf Wörter, die vollkommen irrelevant sind. »Strumpfhosen« zum Beispiel. Er sagt es gern. Er mag außerdem diese Suppe mit einem sehr langen Namen, aber ich habe ihn vergessen. Ich frage ihn nachher beim Abendessen. Mein Übersetzer und ich arbeiten seit 30 Jahren zusammen. Ich schaue mir einige der Sätze an und denke: So etwas ist in keiner anderen Sprache möglich. Man wartet eine halbe Stunde, um das Verb am Ende zu finden – das macht mich fertig.
Sie mögen die Sprache, auch das Land?
Ich mag Deutschland wirklich gern. Kürzlich war ich mit einer sehr guten Freundin, sie ist ursprünglich aus München, unterwegs und sie sagte: »Ich hoffe du kannst über die Vergangenheit hinwegsehen.« Ich antwortete ihr, dass ich Gebäude nicht mit ihrer Geschichte sehe. Es gibt heute niemanden in diesem Gebäude, der aktiv etwas mit der Ermordung von Juden zu tun hatte. Vielleicht gibt es heute Menschen, die das so sehen, aber Deutschland ist heute kein Land deren Bürger uns gefoltert und ermordet haben. Also sagte ich zu meiner Freundin, dass ich diese Gebäude einfach als Gebäude betrachte und die Menschen anders sehe. Sie ist eine sehr, sehr kluge Frau. Ich kann das nicht oft genug betonen: Man kann diesem heutigen Land und den Menschen, die damals noch nicht geboren oder noch Kinder waren, nicht die Schuld geben. Das wäre nicht richtig. Denn dann trägt man denselben Hass in sich, den die Täter der Nazizeit hatten. Eines haben mir meine Eltern beigebracht: Man darf niemanden hassen. Und das hat mich mein ganzes Leben lang begleitet.
Ist das einfach oder schwer? Man sagt ja durchaus schon einmal »Ich hasse das oder den...«
Als Trump das erste Mal gewählt wurde, war mein Vater 95 oder 96 Jahre alt. Ich sagte damals »Ich hasse ihn.« Und mein Vater sagte: »Nein, das tust du nicht. Du hasst das, was er tut. Denk daran, wenn du einen Menschen hassen kannst, kannst du eine Million Menschen hassen.« Und das hat mir ein schlechtes Gewissen gemacht, weil er Recht hatte. Man kann nicht einfach Menschen hassen, und genau das ist das Problem mit der Welt. Wirklich! Ich meine, wir sind nur ein winziger Prozentsatz der Weltbevölkerung. Und sie hassen uns. Übrigens: Stephen Fry hat mir ein Buch empfohlen. Es heißt Genius and Anxiety und wurde vom britischen Schriftsteller Norman Lebrecht geschrieben. Es ist sehr interessant, weil er beschreibt, was Juden in den 100 Jahren vor 1942 erreicht haben. Und wenn man sich ansieht, was sie erreicht haben, dann ist das wirklich außergewöhnlich. Als Stephen mir sagte, ich solle dieses Buch lesen, sagte ich ihm, ich wüßte alles über Angst – Mit Genialität kenne ich mich nicht so gut aus. Aber er legte es mir trotzdem ans Herz. Es ist ein sehr interessantes Buch. Ich habe so viel über das Judentum und die jüdische Geschichte gelesen – vor allem über die Zeit der Nazis. Ich habe Jahre damit verbracht, diese Informationen wieder aus meinem Kopf zu bekommen, und ich habe mir geschworen, nie wieder ein Buch darüber zu kaufen.
Und dann kam diese Empfehlung.
Ja, wissen Sie ich habe Regale voller Bücher zum gleichen Thema. Und die stehen alle in meinem Schlafzimmer. Ich schlafe mit ihnen in einem Raum. Es gefällt mir, also, es gefällt mir. Ich fühle mich gut; die Bücher sind nicht allein. Ich weiß, dass sie da sind, und das gibt mir ein sehr gutes Gefühl, weil ... wissen Sie, zu meinem großen, großen Glück hatte ich eine Stimme. Ich konnte ganz unmittelbar helfen – schon als junger Mensch. All diese wunderbaren Menschen, die alles verloren hatten, was ein Mensch verlieren kann, konnten wegen der fehlenden Sprache nicht allein einkaufen gehen. Sie konnten nichts tun. Sie konnten nicht sprechen. Man arbeitete in einer Fabrik und hatte griechische Kollegen. Man arbeitete mit Italienern. In dieser Fabrik gab es keinen einzigen Menschen, der Englisch sprach. Meine Eltern arbeiteten in verschiedenen Fabriken. Und wie sollten sie da Englisch lernen?
Sie haben beim Übersetzen geholfen?
Ich habe gelernt, Briefe über Strom zu lesen. Ich wusste nicht einmal, was Strom ist, aber man musste dafür bezahlen. Ich habe gesehen, wie wichtig es für alle zu Hause war, dass ich Englisch sprechen konnte. Und als ich dann älter war, mit 19, schrieb ich riesige Artikel, arbeitete bei einer Fernsehsendung, bei der ich aber vor Langeweile fast gestorben wäre.
Warum denn?
Es war einfach ausgesprochen langweilig. Ich habe Freunde angerufen und sie gefragt, ob sie kommen wollten, um mich abzulenken. Ich musste um vier Uhr morgens aufstehen, dann ins Make-up, aber ich verdiente so viel Geld wie ein wirklich schlechter Anwalt auf dem Land. Für einen jungen Menschen allerdings, ging es mir wirklich gut – und ich habe den Leuten immer gesagt, ich sei Jüdin. Mein Vater hat mich hingegen nicht in die Synagoge gehen lassen.
Ist er denn gegangen?
Sie sind ja lustig. An Jom Kippur ging mein Vater los und kaufte sich ein Schinken-Sandwich. Er liebte amerikanische Autos. Er hatte einen riesigen gebrauchten Schlitten. Wir wohnten in der Straße, in der auch die Synagoge war. Er hätte also auch bequem einfach daran vorbeilaufen können. Aber nein, was tat mein Vater? Er fuhr extra langsam an der Synagoge vorbei.
Warum das denn?
Das fragte ich ihn. »Dad, warum machst du das? Hör auf damit.«. Er antwortete: »Weil ich diesen Idioten zeigen will, dass es keinen Gott gibt. Und der Schinken hing aus seinem Sandwich. Und wenn er sehr orthodoxe Juden mit ihren schwarzen Hüten sah, trat er auf das Pedal und tat so, als würde er die Geschwindigkeit erhöhen wollen.
Jetzt ist mir klar, woher Sie die rebellische Seite in der Schule haben.
Absolut von meinem Vater. Wann immer ich mit meinem Vater im Auto mitfuhr, war es mein Job, nach Polizeiautos Ausschau zu halten. Wenn ich eins übersah, hielten sie ihn zuweilen schon einmal an. Er sehr nett zu den Polizisten. »Oh, Sir, es tut mir wahnsinnig leid, bla, bla, bla.« Und sobald sie weg waren, raunzte er mich an »Was ist nur los mir dir. Hast du den nicht gesehen?« Er hat mir auch das Autofahren beigebracht.
Mögen Sie es?
Oh, ich habe es geliebt! In Australien kann man allerdings erst mit 18 den Führerschein machen. Ich aber hatte den rosa Pontiac meines Vaters, der halb so lang war wie das Zimmer hier. Mein Vater parkte ihn immer in der Stadt in der Nähe der Fabrik, in der er arbeitete. Manchmal legte die Schlüssel unter die Fußmatte, damit ich das Auto nehmen konnte, wenn ich von der Schule nach Hause kam. Jemand sagte ihm mal, dass er mich mit seinem Pontiac gesehen hatte und mein Vater antwortete ihm »Sie ist auch schwer zu übersehen in diesem Auto. Es nimmt die halbe Straße ein.« Und als der Mann fragte: »Warum lässt du sie fahren?«, reagierte mein Vater sehr feinfühlig und sagte »Weil sie besser fährt als du.« Also fuhr ich weiter lustig in meiner Schuluniform dieses rosa Auto.
Wurden Sie nie erwischt?
Doch, aber wenn mein Vater neben mir saß, und uns die Polizei anhielt, instruierte er mich: »Sag nichts!«. Er lehnte sich aus dem Auto und sagte: »Und wieder sagte mein Vater nur: »Oh ja.« Und er sagte zu mir: »Sag nichts.« Und er sagte: »Hallo, Herr Wachtmeister, wie geht es Ihnen?« Der Polizist fragte wie alt ich sei. Und mein Vater sagte: »Sie ist älter, als sie aussieht. Außerdem ist sie nur zwei Minuten mit dem Auto gefahren.« Der Beamte sagte: »Ich bin Ihnen seit zwölf Minuten gefolgt.«, woraufhin mein Vater sagte: »Na sehen sie? So eine tolle Fahrerin ist sie.« Ab diesem Moment war der Polizist in meinen Vater verliebt.
Vermissen Sie Australien eigentlich?
Nicht so sehr das Land, aber ich vermisse die Menschen, meine engste Freundin. Ich vermisse meine Eltern, denn es gab so viele tolle Geschichten mit ihnen.
Mit der in New York lebenden Schriftstellerin sprach Katrin Richter.