Jubiläum

Masal tow, Mick Jagger!

Mick Jagger live Foto: picture alliance / Photoshot

Michael Philip Jagger, genannt Mick, wird heute 80. Und noch immer pflegt der »Leiter der bestverdienenden Band der Geschichte«, wie ihn sein Biograf Philip Norman nennt, das Image des ewig jungen und verführerischen Rockstars.

Der britische Sänger und Komponist, der am 26. Juli 1943 in Dartford in der Grafschaft Kent geboren wurde, ist eine lebende Legende. 1962 gründete er in London gemeinsam mit Kumpels die Band, deren erfolgreiche Mission es war, den Blues nach England zu bringen. Über mehr als ein halbes Jahrhundert lang formte der ehemalige Wirtschaftsstudent die Rolling Stones zu einem millionenschweren Rock-Unternehmen.

»Ich wäre lieber tot, als dass ich mit 45 noch ›Satisfaction‹ singe«, lautet ein berühmtes Zitat, das Jagger etwas unbedacht als 32-Jähriger von sich gab. Denn die Sucht nach Rampenlicht und Erfolg, dem Leben des Jetset und nach medialer Aufmerksamkeit treiben Jagger offenbar bis heute an.

Lebensgefühl Der erfolgreichste Titel des Songschreiber-Duos Jagger/Richards, »(I Can’t Get No) Satisfaction« (1965) reflektiert das Lebensgefühl des Sängers mit der englisch näselnden Stimme. Nie kommt er zur Ruhe, hüpft und tanzt – spindeldürr und sportlich wie eh und je – über die Bühnen dieser Welt.

Mick Jagger gilt als schwieriger Charakter: Weggefährten und Biografen beschreiben ihn als selbstverliebten und leichtlebigen Egomanen im Fitnesswahn, der geschäftstüchtig, berechnend und auch kaltschnäuzig gegenüber Frauen ist.

Rastlos werkelt der Musiker, der zweimal verheiratet war und mehrere Kinder, Enkel und Urenkel hat, an seinem persönlichen Erfolg. Und dieser ist trotz einiger beachtlicher Versuche als Solokünstler von dem Gesamtkunstwerk Rolling Stones nicht zu trennen. Jagger kann für sich beanspruchen, das einst verpönte Genre der Rockmusik im Laufe der Jahrzehnte gesellschaftsfähig gemacht zu haben. 2003 erhielt »Sir Mick« von Prinz Charles dafür gar den Ritterschlag.

Gegen die Widerstände seines Co-Komponisten und Freundes Keith Richards schliff er den rauen, im Blues wurzelnden Sound der Band. Er würzte scharfe Gitarren-Licks selbst mit Discorhythmen, wie bei dem Song »Miss You« (1978). Er ist verantwortlich für den kommerziellen Stadionrock für die breite Masse, der die Stones in den 70er-Jahren zur Supergruppe machte. Jagger und seine energiegeladene Bühnenpräsenz wurden zum Vorbild ungezählter Rocksänger.

Solo In den 80er-Jahren drohte die Band mit dem markanten Zungenlogo auch wegen Jaggers Soloausflügen auseinanderzubrechen. Vier Alben veröffentlichte er unter eigenem Namen mit gefälligem, modern-tanzbarem Rock.

1989 rauften sich Mick Jagger, die Gitarristen Keith Richards und Ron Wood, Schlagzeuger Charlie Watts und Bassist Bill Wyman wieder zusammen. Seither sind die gefühlt dienstältesten Rockmusiker – außer Wyman, der 1995 ausstieg und Watts, der 2021 an Krebs starb – mit ihrem großen Rock’n’Roll-Zirkus weltweit unterwegs.

2017 überraschte Jagger übrigens mit zwei neuen, politisch gefärbten Solosongs, in denen er die Themen Brexit, Flüchtlingskrise, Terror und politische Korruption vorsichtig anreißt. »Ich denke, die Botschaft ist, dass du trotz all der Dinge, die gerade geschehen, dein Leben weiterleben und du selbst sein musst«, äußerte er sich dazu schwammig. Biegsam wie Gummi und problemscheu sei der Ober-»Stone« stets gewesen, erinnert sich ein Schulfreund.

Israel Immerhin: Von den üblichen Anti-Israel-Boykottaufrufen will Mick Jagger sich nicht beeindrucken lassen. Allen unvermeidlichen Aktionen der antisemitischen BDS-Bewegung zum Trotz trat Jagger mit seinen Stones 2014 in Tel Aviv auf. Auch ein veritabler Shitstorm im Internet ließ Jagger kalt.

Das ausverkaufte Konzert im Hayarkon-Park war »das Event des Jahres«, wie die die israelische Presse schon Monate vorab schrieb. Und auch finanziell lohnte sich der Auftritt für die Rock-Band: Sie soll 6,7 Millionen Dollar für ihren Auftritt erhalten haben, der rund 70.000 Menschen in den Hayarkon-Park lockte. Über Politik fiel während des Konzertes kein Wort.

Kontrovers wurde es nur in Anschluss an das Konzert: Bar Refaeli und Mick Jagger? Nicht wirklich! Oder doch? Jedenfalls für den Geschmack von Adi Ezra, den Mann des israelischen Supermodels, waren sich die beiden bei der After-Show-Party in Tel Aviv viel zu nahe gekommen. Ausgelassen soll das Top-Modell mit dem Frontmann getanzt haben, was für Ezra offenbar zu viel des Guten war.

Augenzeugen berichteten damals, dass der Geschäftsmann seine Liebste daraufhin von der Tanzfläche zog, die das allerdings gar nicht lustig fand. Nach einem lautstarken Streit vor 150 Gästen – inklusive Jagger – verließen die beiden die Party getrennt und sollen seitdem nicht mehr miteinander gesprochen haben. Weder Refaeli noch Ezra äußerten sich zu der misslungenen Partynacht.

Wenn Jagger nicht feiert, aufnimmt oder textet, dann gibt er in Zusammenarbeit mit einem Mundharmonika-Hersteller eine Mick-Jagger-Mundharmoniker heraus. Ob darauf dann auch bei den Fans die Lieder wie bei den Stones klingen? Das bleibt ein Geheimnis. Wie auch immer: Masal Tow, Mick Jagger. (mit ja)

Film

Shira Haas ist Teil der Netflix-Serie »The Boys from Brazil«

Die israelische Schauspielerin ist aus »Shtisel« und »Unorthodox« bekannt

 26.11.2025

Kulturkolumne

Was bleibt von uns?

Lernen von John Oglander

von Sophie Albers Ben Chamo  25.11.2025

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  25.11.2025

Jüdische Kulturtage

Musikfestival folgt Spuren jüdischen Lebens

Nach dem Festival-Eröffnungskonzert »Stimmen aus Theresienstadt« am 14. Dezember im Seebad Heringsdorf folgen weitere Konzerte in Berlin, Essen und Chemnitz

 25.11.2025

Hollywood

Scarlett Johansson macht bei »Exorzist«-Verfilmung mit

Sie mimte die Marvel-Heldin »Black Widow« und nahm es in »Jurassic World: Die Wiedergeburt« mit Dinos auf. Nun lässt sich Scarlett Johansson auf den vielleicht düstersten Filmstoff ihrer Laufbahn ein

 25.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  24.11.2025

Nachruf

Das unvergessliche Gesicht des Udo Kier

Er ritt im Weltall auf einem T-Rex, spielte für Warhol Dracula und prägte mit einem einzigen Blick ganze Filme. Udo Kier, Meister der Nebenrolle und Arthouse-Legende, ist tot. In seinem letzten Film, dem Thriller »The Secret Agent«, verkörpert er einen deutschen Juden

von Christina Tscharnke, Lisa Forster  24.11.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  24.11.2025