Goethe-Universität Frankfurt

Martin-Buber-Professur feiert 30 Jahre

Christian Wiese, Lehrstuhlinhaber der Martin-Buber-Professur Foto: Gregor Zielke

Die Goethe-Universität Frankfurt am Main feiert am Donnerstag die Errichtung der Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie vor 30 Jahren. Die Professur sei eine der wenigen in Europa, die sich schwerpunktmäßig mit jüdischer Geschichte, Geistesgeschichte und Religionsphilosophie befasse, sagte der Inhaber, der evangelische Theologe und Judaist Christian Wiese, am Mittwoch dieser Zeitung.

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) stiftete die Professur am 19. Juli 1989 mit dem Anliegen, das Erbe des bedeutenden Philosophen, Bibelübersetzers und Frankfurter Religionswissenschaftlers Martin Buber (1878-1965) Studierenden bekanntzumachen.

Mit Lehrstuhlinhaber Christian Wiese begann im Jahr 2010 die kontinuierliche Forschung und Lehre.

Ursprünglich habe die EKHN die Professur im Kontext des christlich-jüdischen Dialogs gestiftet, erläuterte Wiese. Ausgestattet mit einem Jahresetat von 80.000 Mark wurden renommierte jüdische Wissenschaftler aus Israel und anderen Ländern zu Gastaufenthalten eingeladen. Nachdem das Land Hessen im Jahr 2005 die dauerhafte Finanzierung übernahm, war die Berufung eines ständigen Lehrstuhlinhabers möglich geworden, die 2010 mit Wiese erfolgte. Damit begann eine kontinuierliche Forschung und Lehre.

MODERNE Sie bezieht sich nach den Worten von Wiese auf die Entwicklung des Judentums in Europa und Amerika seit dem 18. Jahrhundert sowie auf die jüdische Philosophie der Moderne und ihre Bedeutung für die Gegenwart. Studierende der Religionswissenschaften, Theologien, Politik, Geschichte, Pädagogik und Philosophie besuchten die Veranstaltungen des Lehrstuhls, der zum Fachbereich Evangelische Theologie gehört, gleichzeitig aber an die Judaistik assoziiert ist. Seminare werden laut Wiese von 25 bis 40 Studierenden besucht, Vorlesungen hätten 50 bis 150 Zuhörer.

»Martin Buber ist ein wunderbarer Gesprächspartner für Themen heute«, sagte Wiese. So mache es Bubers dialogisches Prinzip möglich, religiöse Vielfalt und den eigenen religiösen Standpunkt zugleich zu bejahen. Alle Menschen stünden laut Buber vor dem »Geheimnis Gottes«, so dass jede religiöse Wahrheit unter einem Vorbehalt stehe, erklärte Wiese. Das Forschungsprojekt »Religiöse Positionierung« wolle davon ausgehend erarbeiten, wie Religionen pluralismusfähiger werden und zur Lösung von Konflikten beitragen könnten.

Auch für die Bearbeitung politischer Konflikte gebe Buber Anregungen. Er habe versucht, einen jüdischen Nationalismus im Gegensatz zum europäischen Chauvinismus der 1930er Jahre zu gründen. Seine Vorstellung von Israel sei die eines gemeinsamen jüdisch-arabischen Gemeinwesens gewesen, in dem Gleichberechtigung und gegenseitige Teilhabe an der Kultur der anderen herrsche. Die Friedensbewegung in Israel mit Vertretern wie David Grossman und Amos Oz knüpfe an Bubers Philosophie an.

1938 flüchtete Martin Buber aus Deutschland und wurde Professor in Jerusalem.

ISRAEL Martin Buber lebte von 1916 bis 1938 im südhessischen Heppenheim. 1924 wurde er als erster Lehrbeauftragter für jüdische Religionslehre und Ethik an die Universität Frankfurt berufen, 1930 zum Honorarprofessor für Religionswissenschaften ernannt. 1933 wurde Buber wie alle jüdischen Dozenten von den Nationalsozialisten entlassen.

1938 flüchtete er nach Palästina und wurde Professor in Jerusalem. Buber lehrte außerdem ab 1919 am Freien Jüdischen Lehrhaus in Frankfurt und begann dort gemeinsam mit Franz Rosenzweig, die hebräische Bibel neu ins Deutsche zu übersetzen. Unter seinen Werken wurden vor allem bekannt »Die Erzählungen der Chassidim« und das philosophische Werk »Ich und du«.

Christian Wiese wird an diesem Donnerstag um 18.15 Uhr im Casino-Festsaal auf dem Campus Westend eine Jubiläumsvorlesung halten über das Thema »Biblischer Humanismus in dunkler Zeit: Martin Bubers Wirksamkeit in Frankfurt in der Weimarer Republik und in der Nazi-Zeit«. Vertreter der Universität, der EKHN und des Zentralrats der Juden sprechen Grußworte.

Kunst

Illustrationen und Israel-Hass

Wie sich Rama Duwaji, die zukünftige »First Lady von New York«, auf Social Media positioniert

von Jana Talke  13.11.2025

Kino

Zwischen »Oceans Eleven« und Houdini-Inszenierung

»Die Unfassbaren 3« von Ruben Fleischer ist eine rasante wie präzise choreografierte filmische Zaubershow

von Chris Schinke  13.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 13.11.2025

Film

Dekadenz, Krieg und Wahnsinn

»Yes« von Nadav Lapid ist provokativ und einseitig, enthält aber auch eine tiefere Wahrheit über Israel nach dem 7. Oktober

von Sascha Westphal  13.11.2025

Kolumne

Hineni!

Unsere Autorin trennt sich von alten Dingen und bereitet sich auf den Winter vor

von Laura Cazés  13.11.2025

Zahl der Woche

-430,5 Meter

Fun Facts und Wissenswertes

 12.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 13. November bis zum 20. November

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Interview

»Erinnern, ohne zu relativieren«

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer über das neue Gedenkstättenkonzept der Bundesregierung, Kritik an seiner Vorgängerin Claudia Roth und die Zeit des Kolonialismus in der deutschen Erinnerungskultur

von Ayala Goldmann  12.11.2025