Kino-Tipp

Liebe auf den zweiten Blick

Aaron Altaras (r.) und Louis Klamroth bei der Deutschlandpremiere von »Mario« auf dem Filmfest Hamburg Foto: dpa

Mario kickt in der U-21 eines kleinen Schweizer Vereins. Der talentierte Stürmer ist ein sogenannter Perspektivspieler. Nach Ablauf eines Jahres winkt ihm ein Profivertrag für die erste Mannschaft. Das wäre ein Sprungbrett, um in die Bundesliga zu gelangen: ein Traum. Als Konkurrent auf dem steinigen Weg nach oben erweist sich jedoch sein neuer Sturmpartner Leon, der aus Hannover in die Schweiz wechselte.

Um sich aneinander zu gewöhnen, beziehen beide auf Anordnung des Trainers eine gemeinsame Wohnung. Bald schon harmonieren sie prächtig miteinander. Als sich herausstellt, dass sie nicht nur »das Traumpaar auf dem Platz« sind, geraten Mario und Leon mächtig unter Druck, mit dem sie unterschiedlich umgehen.

homophob Das Thema Homosexualität im Profifußball ist brisant. In Deutschland hat sich noch kein Profi während seiner aktiven Laufbahn geoutet. Warum das so ist, schildert Marcel Gisler (Electroboy) unaufgeregt und differenziert. Sein Film arbeitet heraus, dass Homosexualität im Fußball definitiv nicht in Erscheinung treten darf.

Zwar ist kaum jemand offen homophob, es gibt keine Bösewichte, denn niemand will einen Shitstorm. Der Film zeigt jedoch, und zwar mit selten gesehener Klarheit, wie jeder die Schuld auf andere schiebt: Fans, Sponsoren und Geldgeber dulden keine Homosexualität. Dabei wird aber niemand konkret genannt.

Leon (Aaron Altaras) kann mit dieser Lüge nicht leben und schmeißt die Profikarriere hin. Und wie der junge Berliner Schauspieler den Fußballspieler darstellt, zwischen dem Rausch der ersten Liebe und der tiefen Verunsicherung seiner bisher ungeahnten Gefühle hin und her schwankend, ist einmal mehr beeindruckend.

Schon in dem Holocaust-Drama Die Unsichtbaren – Wir wollen leben hatte Altaras im vergangenen Jahr überzeugt, als er den Sohn eines christlichen Vaters und einer jüdischen Mutter spielte, der von den Nazis verfolgt. In Mario bestätigt er einmal mehr, das mit ihm auch künftig zu rechnen ist.

Hetero Mario, sensibel gespielt vom Hauptmann-Darsteller Max Hubacher, fügt sich und kickt schon bald für den St. Pauli in der zweiten Liga. Der sportliche Erfolg hat seinen Preis. Wenn die Fotografin ihn für die Vereinszeitung ablichtet, muss Marios Schulfreundin Jenny (Jessy Moravec) die Geliebte mimen und ein bis in die kleinste Geste ausgearbeitetes Hetero-Theater aufführen. Schlafstörungen und Tablettensucht sind die Folgen dieses Doppellebens.

Trotz zwei Stunden Spielzeit ist Mario keine Minute zu lang. Ein stiller aber wuchtiger Film mit überzeugenden Fußballszenen. Der Blick auf den nächsten Bundesliga-Spieltag verändert sich.

Ab 18. Oktober im Kino.

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  17.11.2025

TV-Tipp

»Unser jüdischer James Bond«

Die Arte-Doku »Der Jahrhundert-Spion« erzählt die schillernde Lebensgeschichte des Ex-CIA-Agenten Peter Sichel, der seinerzeit den Ausbruch des Kalten Kriegs beschleunigte

von Manfred Riepe  17.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  17.11.2025

Miss-Universe-Show

Miss Israel erhält Todesdrohungen nach angeblichem Seitenblick

Auch prominente Israelis sind immer öfter mit Judenhass konfrontiert. Diesmal trifft es Melanie Shiraz in Thailand

 17.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  17.11.2025

Jubiläum

Weltliteratur aus dem Exil: Vor 125 Jahren wurde Anna Seghers geboren

Ihre Romane über den Nationalsozialismus machten Anna Seghers weltberühmt. In ihrer westdeutschen Heimat galt die Schriftstellerin aus Mainz jedoch lange Zeit fast als Unperson, denn nach 1945 hatte sie sich bewusst für den Osten entschieden

von Karsten Packeiser  17.11.2025

Aufgegabelt

Noahs Eintopf

Rezepte und Leckeres

 16.11.2025

Kunst

Illustrationen und Israel-Hass

Wie sich Rama Duwaji, die zukünftige »First Lady von New York«, auf Social Media positioniert

von Jana Talke  13.11.2025

Kino

Zwischen »Oceans Eleven« und Houdini-Inszenierung

»Die Unfassbaren 3« von Ruben Fleischer ist eine rasante wie präzise choreografierte filmische Zaubershow

von Chris Schinke  13.11.2025