Buchmesse

Lesen in Leipzig

Vom 23. März an ist Leipzig wieder vier Tage lang Treffpunkt für Autoren, Verlage und Literaturfreunde. Foto: dpa

Lesungen, Diskussionen und jede Menge Neuerscheinungen aus der jüdischen Welt: Die Literaturreihe »Jüdische Lebenswelten« im Ariowitsch-Haus der Jüdischen Gemeinde gehört inzwischen zum festen Bestandteil der Buchmessentradition in Leipzig.

Doch so umfangreich wie in diesem Jahr war die vom Medienunternehmen Bertelsmann in Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde Leipzig organisierte Veranstaltungsreihe noch nie: Unter dem Motto »Tacheles« finden die »Jüdischen Lebenswelten« erstmals an drei Tagen statt.

auftakt Den Auftakt macht am heutigen Donnerstag ab 18 Uhr Sportkommentator Marcel Reif. In seinem Buch Nachspielzeit. Ein Leben mit dem Fußball blickt Reif zurück und nach vorne, erzählt kleine und große Geschichten vor und hinter den Kulissen des Fußballs mitsamt seinen vielen Stars.

Zu Beginn des Buches aber steht die Ehrung einer anderen Persönlichkeit: Berthold Beitz, der Krupp-Manager und Olympiafunktionär, der Reifs Vater während der Schoa aus dem Zug, der ihn ins Vernichtungslager bringen sollte, gerettet hat. O-Ton Reif: »In Relation zu denen dann auch noch auf dem Fußballplatz Helden finden zu sollen, das ist ein bisschen viel verlangt.«

Direkt im Anschluss stellt die Autorin Andrea von Treuenfeld ihr neues Buch Erben des Holocaust. Leben zwischen Schweigen und Erinnerung vor. Darin berichten prominente Söhne und Töchter von Schoa-Überlebenden, wie es ihnen gelingt, mit dem Ungeheuerlichen zu leben. Obwohl sie den Holocaust selbst nicht erlebt haben, bleibt die Verfolgung ihrer Eltern bis heute ein wesentliches Element in ihrer Biografie.

dan diner Ab 21 Uhr liest der Historiker Dan Diner aus seinem neuen Buch Aufklärungen, in dem er die weltweiten Krisen, Risiken und Katastrophen beschreibt, die fundamentale Verunsicherungen hervorgerufen haben. Die einst triumphale Moderne wird immer öfter als Verfehlung charakterisiert, konstatiert Diner. Fortschritt, Säkularisierung, Technisierung seien in Verruf geraten.

Dagegen wendet sich der Historiker und plädiert dafür, Aufklärung und Modernisierung als vielfältiges Phänomen zu begreifen. Nur so könnten wir Aufschluss über die Verschiedenheiten der gegenwärtigen Kulturen im Westen wie außerhalb gewinnen – und damit vielleicht das rettende Bewusstsein für eine einzig mögliche »menschheitliche Kultur«.

alfred grosser Den Abschluss der heutigen Lesungen bildet die Buchvorstellung Le Mensch. Die Ethik der Identitäten von Alfred Grosser. Facettenreich und mit vielen persönlichen Rückblicken schreibt der deutsch-französische Publizist Grosser über die Entstehung und Moral sozialer Identität. Dabei wehrt er sich gegen ein altes Grundübel, das aktueller ist denn je – den Finger, der auf andere zeigt, das »schlimme DIE: DIE Juden, DIE Muslime, DIE Frauen, DIE Deutschen, DIE Flüchtlinge«.

Ein Highlight an den zwei folgenden Veranstaltungstagen ist unter anderem die Lesung von Adriana Altaras aus ihrem neuen Buch Das Meer und ich waren im besten Alter, die Lesung von Christian Brückner (Robert de Niros deutsche Synchronstimme), jüdische Literatur aus Litauen sowie die Buchvorstellung Lemberg. Die vergessene Mitte Europas des Journalisten Lutz Kleveman.

Der Eintritt zu allen Lesungen ist frei.
Zum Programm der »Jüdischen Lebenswelten« im Leipziger Ariowitsch-Haus:
http://ariowitschhaus.de/event/leipzig-liest-2017-juedische-lebenswelten-tacheles

Forum

Leserbriefe

Kommentare und Meinungen zu aktuellen Themen der Jüdischen Allgemeinen

 17.08.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  17.08.2025

Fernsehen

»Die Fabelmans«: Steven Spielbergs Familiengeschichte als TV-Premiere

In »Die Fabelmans« erzählt der jüdische Star, wie er vom Film-begeisterten Sammy zu einem jungen Regisseur heranwuchs

von Rüdiger Suchsland  15.08.2025

Kino

»The Life of Chuck«: Das Universum zwischen unseren Ohren

Die Geschichte dieser tragisch-herzlichen jüdische Familie, diese grandiose Idee, das Leben von Chuck genau so zu erzählen, ist ein Geschenk!

von Sophie Albers Ben Chamo  15.08.2025

Bonn

»Monk in Pieces«: Filmdoku über eine Meisterin der Klangsprache

Babysprache und Tierlaute: In den Werken der Musikerin Meredith Monk spielt Gesang, jedoch nicht der Text eine Rolle. Ein neuer Dokumentarfilm nähert sich der einzigartigen Künstlerin

von Michael Kienzl  14.08.2025

Aufgegabelt

Kalte Wassermelonen-Lollis

Rezepte und Leckeres

 14.08.2025

Kulturkolumne

Sehnsucht nach Youkali

Über einen Sommerabend mit Kurt Weill

von Sophie Albers Ben Chamo  14.08.2025

Kanada

Toronto Film Fest will Doku zum 7. Oktober nun doch zeigen

Das Festival hatte urheberrechtliche Bedenken, weil in »The Road Between Us: The Ultimate Rescue« Videoaufnahmen von Hamas-Terroristen gezeigt werden

 14.08.2025

Interview

»Mein Mann wacht lächelnd auf«

Lily Brett ist eine der renommiertesten Autorinnen der modernen Literatur. Ein Gespräch über nicht funktionierende Hypnose, gefälschte Entschuldigungszettel und die richtige Kommasetzung

von Katrin Richter  14.08.2025